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"40 Wochen im Jahr unterwegs." - Tennisspielerin Andrea Petkovic im Interview

29.06.18 08:11 Uhr

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"40 Wochen im Jahr unterwegs." - Tennisspielerin Andrea Petkovic im Interview | finanzen.net

Im Interview erzählt "Petko" über ihre Zeit als Profispielerin, gibt einen ehrlichen Einblick in das Nomadenleben eines Tennisprofis und erklärt, warum sie sich für die BaSpo engagiert.

Die Karriere von Andrea Petkovic neigt sich ihrem Ende entgegen. In diesen Tagen will die 30-Jährige im Tennis-Mekka Wimbledon noch einmal angreifen. Aus diesem Grund kann sie auch nicht auf der BaSpo sein, Deutschlands erster Ballsportmesse. Vom 29. Juni bis 1. Juli steht in Dortmund die größte Sportmultifunktionshalle der Welt und wartet auf Sportbegeisterte aus ganz Deutschland. Petkovic ist eine von vielen namenhaften Botschaftern.


BaSpo: Seit Deinem sechsten Lebensjahr spielt der Tennissport eine große Rolle in Deinem Leben. Wie würdest Du einem Nicht-Tennisspieler das Besondere an Deiner Sportart erklären?

Andrea Petkovic: Abgesehen davon, dass ich einfach den Wettkampf liebe und das eins gegen eins, Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, die Form ist, die mich am meisten herausfordert, mag ich tatsächlich am liebsten die Philosophie am Tennissport. Tennis läuft manchmal wie das Leben: Du hast eigentlich alles in der eigenen Hand, aber dann kommt auch noch Glück, Pech, äußere Umstände und ein Gegner hinzu. Da lernt man echt jeden Tag was Neues.

BaSpo: Seit über 11 Jahren bist Du nun auf der Profi-Tour dabei und gehörst mit über 30 Jahren schon zu den älteren Spielerinnen. Was hat Dich in all den Jahren immer motiviert weiterzumachen?

Andrea Petkovic: Ich hatte viele Verletzungen und oft hat mich das Comeback motiviert, mir nicht die Kontrolle von einer Verletzung entreißen zu lassen. Seit ich 30 bin, ist alles etwas anders. Ich bin deutlich entspannter. Ich bin mir bewusst, dass ich jetzt bereits eine großartige Karriere hinter mir habe und wer weiß, was noch alles auf mich wartet. Aber seit geraumer Zeit spiel ich Tennis, weil es mit dasjenige ist im Leben, was mir am meisten Freude bereitet.

BaSpo: Du bist die meiste Zeit des Jahres irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs. Was hat Dir an diesem Nomadenleben immer besonders gut gefallen?

Andrea Petkovic: Ich liebe das Reisen. Da bin ich echt in den Glückstopf gefallen, denn wenn du Reisen als Tennisspieler nicht ausstehen kannst, dann wird es schwierig. Ich mag es einfach jeden Tag etwas Neues zu erleben, Abenteuer, unerwartete Momente und Begegnungen. Ich liebe es mich mit Menschen zu unterhalten, die aus anderen Kulturen stammen und von denen ich stets einen neuen Blickwinkel aufs Leben mitbekomme.

BaSpo: Und was wirst Du nach Deinem Karriereende auf keinen Fall vermissen?

Andrea Petkovic: Hm, schwierig zu sagen. Vielleicht die Einsamkeit. Ich bin 40 Wochen im Jahr unterwegs und sehe meine Freunde und Familie nur sehr selten. Am Anfang war es besonders schwer, aber inzwischen habe ich viele neue Freunde in anderen Ländern und Städten gefunden, was das Ganze etwas einfacher gestaltet.

BaSpo: Wenn Du zurückblickst, welcher sportliche Höhepunkt wird Dir am meisten in Erinnerung bleiben?

Andrea Petkovic: Puh, da gibt es so viele. Der erste Turniertitel, das erreichte Finale mit den Fed Cup Mädels, ein Halbfinale bei den French Open, ich könnte die Liste so weiter fortsetzen. Oft sind emotionale Höhepunkte dabei gewesen, die in der Allgemeinheit vielleicht gar nicht als so ein Erfolg gewertet werden, aber die mich einfach glücklich gemacht haben wie zum Beispiel als wir vor drei deutschen Zuschauern in Australien das Fed Cup Finale erreichten.

BaSpo: Gibt es ein Spiel, das Du gerne noch einmal spielen würdest. Und warum?

Andrea Petkovic: Definitiv das Halbfinale gegen Simona Halep bei den French Open 2014. Wir hatten die ganzen zwei Wochen über immer gleichzeitig gespielt und ich konnte mir keines ihrer Matches angucken, aber sie gewann alle spielend leicht und gab kaum mehr als 2, 3 Spiele pro Satz ab. Ich hatte mich mit zahlreichen Dreisatzsiegen irgendwie durchgeschludert. Als wir dann gegeneinander spielten, hatte ich im ersten Satz viel zu viel die Erwartungshaltung, dass Simona ja unglaublich spielen musste. Sie spielte gut, aber ich war genauso gut- hab ich dann aber erst im zweiten Satz begriffen, das war es dann schon zu spät. Den verlor ich knapp mit 6:7.

BaSpo: Wie hat sich das Spiel an sich verändert, wenn Du Dich mal an Deine Anfänge zurückerinnerst?

Andrea Petkovic: Die Qualität der Breite hat sich wahnsinnig entwickelt. Alle reisen mit Trainer und Physiotherapeuten, sind fit und spielen gutes Tennis. Früher konntest du die ersten zwei, drei Runden auch mit nicht so tollem Spiel gewinnen, heutzutage musst du von Anfang voll da sein, wenn du eine Chance haben willst.

BaSpo: Was würdest Du mit Deinem Wissen von heute anders machen, wenn Du noch einmal eine Tenniskarriere starten könntest?

Andrea Petkovic: Einerseits würde ich sicherlich gerne einige Sachen anders machen, vielleicht hätte ich dann mehr Siege, mehr Geld und bessere Rankingplätze auf dem Konto. Andererseits hätte ich sicher nicht so viel fürs Leben mitgenommen, wie ich es so getan habe. Ich habe mich unheimlich gut kennengelernt und kenne nun meine Stärken und meine Abgründe.

BaSpo: Hast du einen Tipp für junge Talente, die von einer Tenniskarriere träumen?

Andrea Petkovic: Das wichtigste ist sich immer die Freude am Sport zu behalten. Das wird oft in der Jagd nach Punkten und Prestige vergessen und hinterher steht man da, freut sich über seine Erfolge aber merkt, dass man sie hätte viel mehr genießen müssen als sie tatsächlich passiert sind.

BaSpo: Du musstest in deiner Karriere einige Verletzungen wegstecken. Unter anderem einen Kreuzbandriss. Wie bist du mit diesen Phasen umgegangen?

Andrea Petkovic: Ich habe einfach weiter gemacht. Viele Sportler sagen ja während Verletzungen, ich habe nie aufgehört an mich zu glauben. Das kann ich nicht unterschreiben, ich hatte oft meine Zweifel, ob ich es nochmal zurückschaffe. Aber ich habe niemals aufgehört zu wollen und solange das Feuer noch brennt, muss man einfach weitermachen.

BaSpo: Warum engagierst Du dich als Botschafter auf der BaSpo?

Andrea Petkovic: Ich glaube an Sport als etwas, dass Kindern und Jugendlichen wichtige Dinge fürs Leben mitgibt. Sei es Verantwortung zu übernehmen aus dem Tennissport, zusammenzuarbeiten aus Teamsportarten oder ganz simpel Durchhaltevermögen, Disziplin und Willensstärke aus eigentlich allen Sportarten. Deswegen stehe ich immer voll und ganz hinter Menschen und Institutionen, die Sport genauso sehr lieben wie ich und die alles in ihren Möglichkeiten tun, um das auch anderen Menschen so zu vermitteln.

BaSpo: Auf der BaSpo kann man jede Menge an dere Sportarten ausprobieren. Was würde dich reizen, außer Tennis natürlich?

Andrea Petkovic: Basketball und Volleyball. Da bin ich ganz Ballsportler- wir brauchen einfach etwas, dem wir hinterher laufen/springen/hechten können ;)

BaSpo: Du bist nicht nur in Deutschland sehr beliebt und bekannt. Empfindest Du das als Privileg oder nervt es einfach nur, weil man ständig angesprochen wird?

Andrea Petkovic: Überhaupt nicht, die meisten Menschen, die mich ansprechen, sind supernett und respektvoll. Ich nehme mir da sehr gerne Zeit und außerdem schwätze ich für mein Leben gerne, deswegen bin ich dafür auch immer zu haben. Ich finde es nur schwierig, wenn Gerüchte und Lügen bzw. Halbwahrheiten über einen verbreitet werden. Dann hab ich immer das Gefühl mich für etwas rechtfertigen zu müssen, dass so gar nicht stattgefunden hat. Das kann nerven, aber daran haben sicher nicht die Fans Schuld ;)

BaSpo: Ein Blick in die Zukunft. Deine Tenniskariere neigt sich dem Ende entgegen. Gibt es schon Pläne für die Zeit danach?

Andrea Petkovic: Ich habe ja bereits einige Mal fürs Fernsehen als Tennisexpertin gearbeitet und ich schreibe nebenher für einige Magazine unter anderem das SZ Magazin und Racquet Magazine, ein richtig cooles Magazin aus New York. Ich würde gerne einmal aus dem Sport raus - wenn auch nur für eine Weile, dazu liebe ich ihn zu sehr - aber manchmal muss man aus seinen Komfortzonen rausgehen, um neue Sachen über sich und das Leben zu lernen.

BaSpo: Gibt es irgendwas, was Du aus Deiner Tennislaufbahn mitnimmst, das dich für das Leben geprägt hat?

Andrea Petkovic: Ich glaube es ist schwierig, eine spezielle Sache herauszunehmen. Meine gesamte Persönlichkeit ist geprägt von Erfolgen und Niederlagen. Wie ein ganz normales anderes Leben auch. Bei mir kommt vielleicht hinzu, dass ich vieles davon in der Öffentlichkeit ausleben musste. Und eine Sache kann man glaube ich jedem Sportler zurechnen. Wir lernen sehr früh, dass man seine Ziele erreichen kann, aber nur wenn man etwas dafür tut und dementsprechend fällt es uns vielleicht einfacher Disziplin walten zu lassen. Denn im Sport lernt man: Nicht immer alles führt direkt zum Erfolg in der nächsten Woche, aber der Erfolg kommt irgendwann und man muss Muße und Geduld aufbringen trotzdem weiterzumachen.

Bildquellen: Shutterstock / icedmocha