diebörsenblogger-Kolumne

Das Sommermärchen ist vorbei – auch an der Börse?

09.07.10 15:18 Uhr

Das Sommermärchen ist vorbei – auch an der Börse? | finanzen.net

Die Märkte sind manchmal erschreckend berechenbar.

Keimte nach den Kursgewinnen Mitte Juni die Hoffnung auf neue Jahreshochs auf, wurden diese Wünsche ebenso schnell begraben, wie sie aufgekommen waren. Da die bisherigen Jahreshochs aus dem ersten Quartal nicht mal ansatzweise getestet wurden, war der jüngste Absturz fast schon lehrbuchmäßig. Die nun darauf gefolgten Anstiege der Indizes sagen einem, dass an den Börsen so keiner recht wissen mag, wohin letztlich die Reise wirklich geht. Ein Sommermärchen ist somit an den Börsen nicht zu erwarten.

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Das Problem mit den Banken

Die Bankenkrise geht mittlerweile schon bald in das dritte Jahr. Erfreulicherweise blieben die Probleme dabei im Gegensatz zu den USA oder Großbritannien deutlich überschaubarer - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Mit der Hypo Real Estate musste nur eine große Bank öffentlichkeitswirksam verstaatlicht werden. In den USA dagegen ist die Zahl der quasi zahlungsunfähigen und unter staatlicher Aufsicht stehenden Banken dreistellig. In Großbritannien ist der Staat an fast allen großen Banken beteiligt.

Die Probleme kamen dabei u.a. durch einen sogenannten Stresstest heraus. In den USA kam man bereits zum Höhepunkt der Krise nach dem Lehman-Zusammenbruch auf die Idee. Die Ergebnisse wurden zwar mehr oder minder optimistisch geschönt, aber sie wurden auch veröffentlicht. In der Folge beruhigt sich die Lage am Bankensektor erheblich. Ganz anders in Deutschland. Noch immer wird über den Stresstest an sich debattiert. Vor allem aber über die Veröffentlichung der Ergebnisse. Zuviel Transparenz will man eben unter den deutschen Kreditinstituten nicht. Doch wovor hat man Angst? Sind die Probleme vielleicht doch etwas ernster, als allgemein gedacht?

Die EZB schöpft „Krisen-Geld“ ab

Anfang Juli war es soweit: Die Banken mussten einen 442 Mrd. Euro schweren „Krisen“-Kredittender an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. Im Vorfeld war die Verunsicherung groß, denn niemand wusste so recht, wie viel Geld anschließend benötigt wird. Es waren am Ende rund 200 Mrd. Euro weniger. Ein gutes Zeichen, denn die Banken haben offensichtlich deutlich weniger Geld benötigt, als zuvor befürchtet worden war. Die rund 200 Mrd. Euro waren in der Zwischenzeit offensichtlich für Arbitrage-Geschäfte gut angelegt.

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Trotz dieser guten Nachrichten sollte man den Interbankenmarkt nicht als gesund bewerten. Denn der dreimonatige Euribor, der Referenzzinssatz für den Interbankenhandel, steigt seit fast einem Monat kontinuierlich an. Hauptgrund für das zurückgehende Vertrauen ist nicht nur der bereits erwähnte Stresstest, sondern auch das Engagements vieler Beteiligter in den kriselnden PIGS-Staaten. Derzeit herrscht erstaunlich viel Ruhe in diesem Bereich, dennoch kann man sicher sein, dass dieses Thema bald wieder aufs Tablett kommen wird.

Man darf gespannt sein, wie es in den kommenden Tagen an den Märkten weitergeht. Aktuell scheint einmal wieder die Sonne. Interessant wird daher sein, wie das nächste (Hitze-)Gewitter auf den Parketts vertragen wird. Zur Erinnerung: In der nächsten Woche wird mit dem Alu-Konzern Alcoa und dessen Quartalszahlen die nächste Berichtssaison eingeleitet. (Negative) Überraschungen bleiben da nicht aus.

Christoph Scherbaum schreibt für dieboersenblogger.de, das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehnterlanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer und natürlich als Börsenfans. In ihrem Blog vertreten sie eine ganz simple Philosophie: Sie schreiben unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus, was sie zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken.