ROUNDUP 4: Kontrollen an der Grenze zu Polen jetzt auf beiden Seiten

07.07.25 10:17 Uhr

(neu: mehr Details und Hintergrund)

WARSCHAU/SCHWEDT (dpa-AFX) - Mit großem Personalaufwand hat Polens Grenzschutz mit den angekündigten Kontrollen an der Grenze zu Deutschland begonnen. Seit Mitternacht werden Reisende an 52 Grenzübergängen überprüft, wie das Innenministerium auf X mitteilte. Die meisten von ihnen reagieren gelassen. Doch einige Pendler und Einkäufer zweifeln an der Sinnhaftigkeit der Maßnahme.

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An einer Kontrollstelle in Krajnik Dolny stoppen am Morgen von der Militärpolizei unterstützte Beamte mit Polizei-Westen die aus Richtung der brandenburgischen Stadt Schwedt kommenden Autofahrer - etwa Deutsche, die noch vor Beginn ihres Arbeitstages günstig in Polen tanken wollen. Lastwagen werden nicht kontrolliert.

Die polnischen Uniformierten winken Fahrzeuge mit polnischen Kennzeichen, die von Frankfurt/Oder nach Slubice unterwegs sind, an der Grenze meist durch. Autos mit deutschen Kennzeichen werden kurz angehalten. Konsequent kontrolliert werden hier die Fußgänger. Auch Fahrradfahrer müssen an der Kontrollstelle ihre Papiere vorzeigen.

Direkt daneben hängt ein Banner mit dem Slogan "No! Immigration". Es stammt von der rechtsradikalen "Bewegung zur Verteidigung der Grenzen", die zu eigenmächtigen Grenzpatrouillen aufruft. Auf der Gegenfahrbahn, Richtung Deutschland, wo viele Pendler unterwegs sind und die Bundespolizei stichprobenartig kontrolliert, ist derweil deutlich mehr Verkehr.

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Polens Innenminister: Kontrollen gegen Schleuser

"Die Kontrollen richten sich gegen diejenigen, die an der illegalen Schleusung von Migranten über die Grenze beteiligt sind. Normale Reisende haben nichts zu befürchten", sagte Polens Innenminister Tomasz Siemoniak laut einem Post seiner Behörde. Die Grenzer haben besonders Minibusse, Autos mit vielen Insassen und Fahrzeuge mit getönten Scheiben im Auge.

1.800 Männer und Frauen im Einsatz

An den Kontrollen an beiden Landesgrenzen sind am ersten Tag laut Innenministerium rund 800 Grenzschützer, 300 Polizisten, 200 Militärpolizisten sowie 500 Angehörige der freiwilligen Heimatschutzverbände beteiligt. Männer und Frauen in Flecktarn mit gelben Westen stoppen die Reisenden.

Die Kontrollen sollen zunächst bis zum 5. August andauern. Wer die Grenze überqueren will, muss einen Personalausweis oder einen Reisepass dabeihaben.

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Auch an 13 Grenzübergängen zu Litauen wird kontrolliert. Dort nahmen die polnischen Grenzer in den frühen Morgenstunden einen estnischen Staatsbürger fest. Er hatte den Angaben zufolge in seinem Auto vier Menschen im Wagen, die irregulär ins Land einreisen wollten.

Die Mitte-Links-Regierung in Warschau hat die Kontrollen als Reaktion auf deutsche Grenzkontrollen angeordnet. Deutschland kontrolliert bereits seit Oktober 2023 stichprobenhaft an der Grenze zu Polen, um irreguläre Migration zu stoppen.

Angebot von Dobrindt

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte kurz nach dem Antritt der neuen Bundesregierung im Mai intensivere Grenzkontrollen verfügt. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Die Zurückweisungen aus Deutschland sind in Polen ein Reizthema - auch weil rechte Aktivisten das Gerücht verbreitet haben, deutsche Beamte transportierten Asylbewerber, die sich vorher nicht in Polen aufgehalten haben, ins Nachbarland.

Dobrindt hat seinem polnischen Amtskollegen nach eigenen Worten gemeinsame Kontrollen auf der deutschen Seite der gemeinsamen Grenze angeboten. Bisher wurde dieses Angebot allerdings nicht angenommen.

Vertreter deutscher Wirtschaftsverbände im grenznahen Raum hatten vor Beginn auf negative Folgen der Grenzkontrollen für den Waren- und Pendlerverkehr hingewiesen.

"Die Einführung der polnischen Grenzkontrollen sind Folge des nationalen Alleingangs an allen deutschen Grenzen", schrieb die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, auf X. Leidtragende dieser verfehlten Politik seien die Menschen in der Grenzregion.

Nicht alle Pendler und Einkäufer sind überzeugt

Andreas Ewald aus Berlin, der in Osinow Dolny auf dem "Polenmarkt Hohenwutzen" einkauft, sagt, er beschäftige in seiner Glas- und Gebäudereinigungsfirma keine Mitarbeiter aus Polen mehr. Denn für die sei die Anreise wegen der Kontrollen der Bundespolizei so aufwendig, dass sich das nicht mehr lohne. Dass diese Kontrollen irreguläre Migration eindämmen können, glaubt er nicht. Er sagt: "Die Banden, die dahinterstecken, die finden andere Wege."

Oliver aus Eberswalde ist einmal die Woche für die Arbeit in Schwedt und fährt dann zum Tanken nach Polen. Über die Kontrollen sagt er: "Die stören mich eigentlich weniger, ist ja ganz gut für die Sicherheit, dass weniger geschmuggelt wird." Schwierig sei nur, wenn die Grenzer kein Deutsch sprächen und man nicht wisse, was genau sie wollten. Aber solange nur die Papiere kontrolliert würden und nicht der Kofferraum, sei das schon in Ordnung, sagt der junge Mann./dhe/DP/jha