Vermögensverwalter-Kolumne

Manch eine Weisheit ist ein sicheres Rezept für Misserfolg!

11.06.25 11:57 Uhr

Manch eine Weisheit ist ein sicheres Rezept für Misserfolg! | finanzen.net

Jedes Jahr kommt im April erneut die Frage von Anlegern: Soll ich nicht lieber verkaufen? Unsere Antwort auf die allseits bekannte (Schein-)Weisheit: Sell in May and go away! lautet grundsätzlich: Nein!

In den letzten knapp 98 Jahren hat der S&P 500 in 440 von insgesamt 1.169 Monaten eine nichtpositive Performance erzielt. In 62 Prozent aller Monate war damit die Rendite also positiv. Der Mai zählt dabei weder zu den besonders starken Monaten wie zum Beispiel Dezember, Juli und Juni noch zu den schwächsten, denn davor stehen noch September und Februar. Auch der Mai ist in 61 Prozent der letzten 98 Jahre positiv verlaufen, was dem Niveau der anderen Monate entspricht. Wenn ein schlechter Mai statistisch nicht belegbar ist, stellt sich die Frage, warum hält sich die Börsenweisheit so hartnäckig?

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Erneut werfen wir einen Blick auf die Statistik und teilen die Haltedauer in die Abschnitte Anfang Mai bis Ende August und Anfang September bis Ende April. "Sell in May and go away…" geht ja weiter und empfiehlt, "…but remember to come back in September". Aber auch hier finden sich keine historischen Belege für eine wertbringende Sommer-Auszeit. In der Tat ist die Phase von Mai bis August mit durchschnittlich plus 4,1 Prozent historisch etwas schwächer als die Phase von September bis April mit plus 7,2 Prozent. Aber beide Phasen sind lukrativ. Die Regel ergibt keinen Sinn, weil das Durchhalten zu einem signifikant besseren Ergebnis führt. Auch sei erwähnt, dass zwischenzeitliche Verkäufe Transaktionskosten und Steuern auslösen können, was das Anlagekapital früher als nötig schmälert. Hier gilt eher eine andere Weisheit: Investiert bleiben, denn hin und her macht Taschen leer!

Dennoch ist die immer wiederkehrende Sorge von Anlegern, dass ein schlimmer Monat bevorstehen könnte, interessant. Schnell mal verkaufen und wieder billiger einsteigen, auch das hören wir oft. Schauen wir erneut auf die Statistik des S&P 500. Von den zehn schlimmsten Monaten der letzten 98 Jahre waren acht vor 1950. Das Ausmaß dieser Monatsverluste lag in der Spitze bei minus 30 Prozent in 1931, dagegen in der Finanzkrise 2008 bei (nur) minus 17 Prozent. In Anbetracht der Tatsache, dass der S&P historisch in 73 Prozent der Jahre ein positives Jahresergebnisse abgeliefert hat, gibt es statisch betrachtet eher wenig Grund zur Sorge. Verluste von mehr als fünf Prozent in einem Monat kamen immerhin in zehn Prozent der Monate vor - ein durchaus übliches Risiko im Aktienmarkt. Wer solchen kurzfristigen Rückschlägen nicht standhalten kann, für den gilt: If you can’t take the heat, don’t go in the kitchen!

Es gab allerdings in der Vergangenheit Aktienkrisen, in denen der S&P 500 mehre Jahre lang negative Jahresergebnisse abgeliefert hat. Die Weltwirtschaftskrise 1929, die Ölkrise 1972 oder die Dotcom-Krise 2000. Das Weltgeschehen liefert immer neue Ereignisse, welche eine mögliche anhaltende Aktienkrise befürchten lassen. Pandemien, Kriege, Versorgungsängste und politische Tumulte sind nur ein paar Beispiele dafür. Diese Art der Ereignisse gibt es nahezu jedes Jahr. Aber gerade die Unternehmenswelt verfügt über die Fähigkeit, sich anpassen zu können, wenn nicht sogar daraus zu lernen und die Situationen schließlich zu ihrem Vorteil zu nutzen. Aktien haben sich nach Krisen oft binnen weniger Jahre vollständig erholt.

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Angst, Gier, Aktionismus und manche Börsenweisheiten sind keine guten Ratgeber. Eine dagegen hat sich langfristig bewährt: Buy and Hold.

von Riklef von Schüssler, Vorstandsvorsitzender der Allington Investors AG in Bad Homburg.

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