Montenegro: Wette auf EU-Beitritt

Auch, wenn derzeit alle Augen auf die Ukraine und die geopolitischen Folgen gerichtet sind, so darf nicht vergessen werden:
Die EU bleibt mit oder ohne die Ukraine in ihrem grundsätzlichen Erweiterungsprozess. Dabei liegt der aktuelle Fokus vor allem auf Südosteuropa, also dem Balkan.
Derzeit hat die EU offiziell fünf Beitrittskandidaten. Diese sind Island, die Türkei, Mazedonien, Montenegro und Serbien. Island hat Anfang des Jahres erklärt, den Beitrittsantrag zurückziehen zu wollen, die Probleme mit der Türkei (immerhin seit 1999 offizieller Beitrittskandidat) dürften allseits bekannt sein. Verhandlungen mit Mazedonien sind noch nicht aufgenommen worden und die mit Serbien sind erst im Januar dieses Jahres gestartet.
Bleibt allein Montenegro als ernst zu nehmender Beitrittskandidat innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens. Wobei man auch hier noch ganz am Anfang steht. Zwar wurden alle 33 Verhandlungskapitel schon gescreent. Das Screening ist beim Ablaufplan für die Beitrittsverhandlungen der erste Schritt und die Bestandsaufnahme der jeweils geltenden rechtlichen Situation, ehe die einzelnen Verhandlungen aufgenommen werden. Von diesen 33 Kapiteln sind aber erst 2 abgeschlossen worden und 5 befinden sich derzeit im Verhandlungsstatus.
Makroökonomisch ordnet sich Montenegro im Mittelfeld der Balkan-Ökonomien ein. Das Wirtschaftswachstum ist nicht herausragend, aber solide. Problematisch ist einerseits die im europäischen Maßstab hohe Arbeitslosigkeit, auch wenn diese bessere Zahlen liefert als die direkten Nachbarn. Anderseits hat Montenegro das höchste Leistungsbilanzdefizit der Länder Osteuropas. Das führt als eine Folge zu einer höheren Verschuldung. Diese erreichte im letzten Jahr knapp 49 Prozent des BIP.
Montenegro selbst bietet eine Besonderheit. Denn obwohl das Land nicht Mitglied der Euro-Zone ist, ist die europäische Gemeinschaftswährung schon seit 2000 gesetzliches Zahlungsmittel im Land. Was auf längere Sicht dem Land durchaus Vorteile hinsichtlich einer späteren Euro-Mitgliedschaft bringen könnte, da man die Chancen und Risiken schon seit vielen Jahren handhaben muss.
Meine Erwartung: Mit dem Fortschritt bei den Beitrittsverhandlungen sollten sich auch die Renditen in Montenegro dem Euro-Durchschnitt anpassen. Diesbezüglich ist zwar schon einiges passiert. Doch sehe ich hier grundsätzlich noch Ausbaumöglichkeiten. Welche dies konkret sind, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des alpha anleihen & zinsen.
Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.
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