Erbrecht

Unsicherheiten beim Erbe: Diese Irrtümer kosten Vermögen

12.05.25 11:22 Uhr

Vorsicht beim Erbe: Warum kleine Fehler große Verluste bedeuten können! | finanzen.net

Das Erbrecht ist komplex und es kursieren viele Missverständnisse, die unvorhergesehene Konsequenzen und Erbstreitigkeiten nach sich ziehen können.

Ehepartner

Viele Ehepaare gehen fälschlicherweise davon aus, dass der überlebende Partner im Todesfall automatisch das gesamte Vermögen erbt - auch ohne Festlegung im Testament. Das Erbrecht des Ehepartners wird jedoch in § 1931 BGB gesetzlich geregelt. Demnach erhält der hinterbliebene Partner nur dann die gesamte Erbschaft, wenn "weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden" sind. Existieren Verwandte erster Ordnung, also Kinder oder Enkel, erhält der Partner lediglich ein Viertel des Erbes. Bei Verwandten zweiter Ordnung (z. B. Eltern oder Geschwister) erhält der Ehepartner die Hälfte des Erbes. Mit mehr als der Hälfte kann der überlebende Partner rechnen, wenn lediglich Verwandte dritter Ordnung existieren, also Großeltern, Tanten, Onkels oder Cousins beziehungsweise Cousinen. Über diese Regelungen hinaus gelten Besonderheiten bei einer Zugewinngemeinschaft oder bei Gütertrennung.

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Kinder

Auch bei der Enterbung der Kinder herrschen einige Irrtümer. So ist es nicht ohne weiteres möglich, die eigenen (nicht-)ehelichen Kinder vom Erbe auszuschließen - selbst dann nicht, wenn kaum oder gar kein Kontakt besteht. Den Kindern steht ein Pflichtteil von 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils zu, der nur unter sehr strengen Voraussetzungen versagt werden kann. Diese Regelungen werden im Paragrafen 2333 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beschrieben und umfassen beispielsweise Folgendes: "Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet […]".

Ebenfalls wird häufig angenommen, dass ohne ein Testament automatisch nur die Kinder erben. Dies ist jedoch falsch, denn bei der Erbschaft werden nicht nur die direkten Nachkommen berücksichtigt. Neben den Kindern können auch andere Verwandte, wie Eltern oder Geschwister des Verstorbenen, erbberechtigt sein. Ein Testament sollte also aufgesetzt werden, um unerwartete Überraschungen zu vermeiden.

Testament

Weitere Irrtümer finden sich hinsichtlich des Testaments: Es wird oftmals davon ausgegangen, dass ein handschriftliches Testament genügt. Dies ist grundsätzlich korrekt, dennoch unterliegt ein eigenhändig geschriebenes Testament gesetzlichen Regelungen (§ 2247 BGB), um die Gültigkeit zu sichern. Unter anderem muss das Testament beinhalten, "zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Orte [der Erblasser das Testament] niedergeschrieben hat".

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Darüber hinaus müssen im Testament klare Formulierungen gewählt werden, da sonst Interpretationsspielräume respektive Streitigkeiten entstehen können. Verdeutlicht wird dies anhand eines Beispiels der Rechtsanwältin Anna Orlowa, welches sie in einem Beitrag auf anwalt.de beschreibt: Ein Vater aus Köln möchte sein Haus an seine Kinder vererben. Im Testament erklärt er, sich eine "gerechte" Aufteilung zu wünschen. Doch der Begriff "gerecht" ist juristisch nicht definiert, in der Folge habe ein 3 Jahre andauernder Gerichtsstreit das Erbe geregelt.

Bei der Erstellung eines eigenen Testaments sollte zudem darauf geachtet werden, dass digitale Fassungen nicht rechtsgültig sind. In Paragraf 2247 BGB ist nämlich auch von einer "eigenhändig geschriebene[n] und unterschriebene[n] Erklärung" die Rede. Andernfalls sind nur notarielle Testamente gültig.

Schenkungen

Vorsicht sollte man auch bei Schenkungen walten lassen, die oft zu Lebzeiten genutzt werden, um das Erbe zu verwalten und Erbschaftssteuern zu umgehen. So beschreibt das BGB im Paragrafen 2325, dass Schenkungen den Pflichtteil erhöhen können, sofern sie in den letzten zehn Jahren erfolgt sind.

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Um Missverständnisse oder Streitigkeiten zu umgehen, sollte bei der Nachlassverwaltung stets ein Experte zurate gezogen werden.

J. Vogel / Redaktion finanzen.net

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