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Dr. Spendigs Nachhaltigkeitssprechstunde – Do no significant harm: Welcome to the Jungle

06.05.25 09:00 Uhr

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Dr. Spendigs Nachhaltigkeitssprechstunde – Do no significant harm: Welcome to the Jungle | finanzen.net

Servus und moin, moin allerseits aus München.

Nachhaltigkeitsexperten lieben Abkürzungen mit drei Buchstaben. ESG und SDG sind beste Beispiele hierfür. Heute widmen wir uns allerdings einem Prinzip, das in der europäischen Nachhaltigkeitsbranche nicht nur wegen der Verwendung von vier statt drei Buchstaben für ordentlich Gesprächsstoff sorgt: dem „Do No Significant Harm“-Prinzip, oder kurz DNSH. Dies ist nicht nur ein sperriger Begriff, sondern hinzukommt, dass es je nach Regulierung unterschiedliche DNSH-Prinzipien gibt.

Versuchen wir Licht in den Regulierungsdschungel zu bringen und beginnen wir mit der Offenlegungsverordnung, der SFDR. In dieser Nachhaltigkeitsregulierung wird DNSH als Voraussetzung für Finanzprodukte definiert, die unter Artikel 9 („dunkelgrüne“ Produkte) oder teilweise unter Artikel 8 fallen („hellgrüne“ Produkte). Diese Produkte dürfen keines der ökologischen oder sozialen Ziele erheblich beeinträchtigen, die sie zu fördern beanspruchen.

Der DNSH-Ansatz der Offenlegungsverordnung SFDR basiert auf einer Selbsteinschätzung der Finanzmarktteilnehmer, der die Principal Adverse Impact Indicators (PAI) als Orientierungshilfe verwendet. Die Einhaltung des DNSH-Prinzips wird durch die Berücksichtigung negativer Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren sichergestellt. Allerdings wird den Finanzmarktteilnehmern selbst überlassen, wie sie „significant harm“ konkret auslegen. Ist das nicht herrlich vage? Aus Sicht eines Doktors formuliert: Die SFDR überlässt den Finanzakteuren die Selbstdiagnose!

In der EU-Taxonomie ist das DNSH-Prinzip deutlich strenger und detaillierter definiert. Es dient als einer der drei Kernbestandteile, damit eine wirtschaftliche Aktivität als „taxonomiekonform“ klassifiziert werden kann. Die anderen beiden Kriterien sind der „wesentliche Beitrag“ zu mindestens einem der sechs Umweltziele und die Einhaltung sozialer Mindeststandards.

Der Taxonomie-DNSH-Ansatz:

  • ist auf technischer Ebene sehr spezifisch für jede wirtschaftliche Aktivität definiert
  • enthält verbindliche Schwellenwerte und Kriterien
  • fordert eine umfassende Prüfung für alle sechs Umweltziele, nicht nur für das Ziel, zu dem beigetragen wird

Wenn ich beim ersten Punkt „sehr spezifisch“ schreibe, dann meine ich das auch so. Die Kriterien für das DNSH-Prinzip sind sehr detailliert in einem Dokument geregelt, das hunderte von Seiten umfasst. Ein Beispiel gefällig? Die Aktivität „Renovierung bestehender Gebäude“ führt u.a. folgendes DNSH-Kriterium auf: „Urinale verwenden höchstens 2 Liter/Becken/Stunde. Das volle Spülvolumen von Spülurinalen beträgt höchstens 1 Liter“. Jetzt wissen Sie, warum die ersten Universitäten überlegen, DNSH als eigenständigen Studiengang anzubieten.

Die EU-Benchmarkregulierung – oder präziser, die Verordnung (EU) 2019/2089 zur Änderung der Benchmark-Verordnung – hat das DNSH-Prinzip wiederum auf ganz eigene Weise interpretiert.

Bei den EU Climate Transition Benchmarks (CTB) und den EU Paris-Aligned Benchmarks (PAB) taucht das DNSH-Prinzip in einer bemerkenswert pragmatischen Form auf. Was macht die Benchmark-Variante so besonders?

  1. Ausschlussbasierter Ansatz: Statt komplizierter Bewertungskriterien setzt die Benchmarkregulierung auf klare Ausschlüsse. Keine Unternehmen, die in kontroversen Waffen tätig sind! Keine Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen! Keine Unternehmen aus bestimmten fossilen Brennstoffsektoren!
  2. Methodische Einfachheit: Während die Taxonomie Sie durch einen regulatorischen Dschungel schickt, sagt die Benchmarkregulierung: „Hier ist die Machete, hier sind die Ausschlusskriterien – los geht’s!“
  3. Fokus auf Klimaziele: Während die anderen Regelwerke alle Nachhaltigkeitsziele im Blick haben, konzentriert sich die Benchmarkregulierung hauptsächlich auf die Klimaziele.

Was unterscheidet nun die Benchmarkregulierung von unseren bisherigen „Patienten?“

  1. Einfachheit vs. Komplexität: Die Benchmarkregulierung bietet einen vergleichsweisen unkomplizierten, binären Ansatz – drin oder draußen! Die Taxonomie hingegen verlangt detaillierte technische Analysen für jede Aktivität.
  2. Anwendungsbereich: Die Benchmarkregulierung gilt nur für spezifische Klimabenchmarks, während die anderen Regelwerke breitere Anwendungsbereiche haben.
  3. Interpretationsspielraum: Bei der Benchmarkregulierung haben Sie weniger Spielraum in der Interpretation – die Ausschlusskriterien sind recht eindeutig definiert.

Stellen Sie sich das so vor:

Die SFDR fragt: „Tun Sie keinen Schaden?“ und akzeptiert Ihre Selbsteinschätzung. Die Taxonomie fordert: „Beweisen Sie anhand dieser 200 Kriterien, dass Sie keinen Schaden anrichten!“ Und die Benchmarkregulierung sagt pragmatisch: „Hier ist eine Liste von Dingen, die definitiv schädlich sind – diese bitte komplett meiden!“

Welche Spielart Sie besser finden, sei Ihnen überlassen. Aber im Kern geht es um etwas sehr Vernünftiges: Wir sollen vorausschauend handeln und die großen Zusammenhänge im Blick behalten.

In diesem Sinne: Bleiben Sie nachhaltig gesund!

Ihr Dr. Bernd Spendig

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