Keine Hausse ohne Skepsis

Na also, es geht doch. Kaum liegt der schwächste August ...
... seit zehn Jahren hinter uns, besinnen sich die Bullen und vertreiben die miese Stimmungsmache der Massenmedien, über die ich hier in der vergangenen Woche geschrieben habe. Ausgelöst wurde der Umschwung durch den besser als erwarteten Index der US-Einkaufsmanager. Dieser deutet an, dass die US-Konjunktur weiterhin wächst und die ängstliche „Double Dip“- Diskussion auf tönernen Füßen steht. Diese Verbesserung alleine ist sicherlich nicht der Grund für das Kursfeuerwerk. Vielmehr ist die Erholung der vergangenen beiden Tage in Verbindung mit den vorhergehenden Kursverlusten zu sehen, die in den führenden Märkten bis zu sieben Prozent betrugen. Für diese gab es keine gravierenden Nachrichten oder Gründe, wofür auch das traditionell dünne Volumen der Sommermonate spricht. Alleine die Angst der Anleger und deren Unsicherheit über die konjunkturelle Zukunft, die lange Zeit bewusst geschürt wurde, jagte die Investoren aus dem Aktienmarkt. Der Kurssprung entstand, weil viele negative Spekulationen in den Kursen eingearbeitet sind, die wir nun vielleicht obsolet sind. Aus psychologischer Sicht sind die Märkte dadurch in einer für die Bullen guten Ausgangslage, denn die zittrigen Investoren haben ihre Bestände ausreichend reduziert und die gesunkenen Kurse locken wieder neue Käufer an.
Die Hausse verstärkt sich mit Skepsis
Bekanntlich wird eine Hausse in der dunkelsten Nacht und zum Zeitpunkt des größten Pessimismus geboren – wie im März 2009 erlebt. Weniger bekannt ist aber vielen Anlegern, dass eine Hausse in Abhängigkeit ihrer Intensität lange Konsolidierungsphasen benötigt, in denen Übertreibungen korrigiert werden. Die Kurse atmen aus und wieder ein. Zittrige stoßen ihre Papiere ab und auf gesunkenem Niveau werden neue Käufer angelockt. Daher wächst und verstärkt sich eine gesunde Hausse mit großer Skepsis und die Kurse kriechen an der berühmten Mauer der Angst empor. In genau dieser Phase befinden wir uns nun. Dies erkennen Sie aktuell an der Kreation von „todsicheren“ Crashsignalen wie dem vieldiskutierten „Hindenburg-Omen“, die bald wieder in der Mottenkiste der Geschichte verschwinden werden. Aber auch an der ungewöhnlich geringen Zahl von optimistischen Börsenbriefen, die in den USA von der renommierten Firma Investors Intelligence erhoben werden. Demnach ist die Zahl der Optimisten auf dem tiefsten Stand seit März 2009, also dem Beginn der Hausse. Auch dies ist natürlich ein gutes Anzeichen und deutet darauf, dass die Bullen einen weiteren Vorstoß in Richtung der bisherigen Hochs unternehmen werden.
Strömt jetzt das Kapital aus Renten in Aktien?
Die Blasenbildung der Rentenmärkte zeigt sich in deren Charts, z.B. im Euro Bund Future, und kann eigentlich nur als Fahnenstange bezeichnet werden. Oder als unterirdische Übertreibungsphase, wenn man sich einen Zinschart wie den der Umlaufrendite ansieht. Seit Jahren sinken die Anleiherenditen immer schneller in den Keller, was nur mit der Unsicherheit der Anleger und der berüchtigten Flucht in Qualität erklärt werden kann. Fünfjährige Bundesanleihen notieren bei etwa zwei Prozent und es ist für mich nur eine Frage der Zeit, wann smarte Investoren dort Gelder abziehen und wieder verstärkt in Dividendentitel investieren. Da die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen von langfristigen Investoren mit Adleraugen beobachtet werden und internationale Kapitalströme beeinflussen, zeige ich hier deren Chart. Der besseren Skalierbarkeit wegen wird der jeweilige Zinssatz mit dem Faktor zehn multipliziert. Die aktuelle lange 0-Spalte bei 25 deutet also auf ein Zinsniveau von 2,5 Prozent. Der deutliche Duck auf die Zinsen im Juli und August (Ziffern 7 und 8), vor allem nach der Ankündigung der FED von weiterhin „ungewöhnlichen Maßnahmen“, ist an der o-Spalte ganz rechts gut zu erkennen.

Bitte beachten Sie, dass vor wenigen Wochen im April (Ziffer 4) dieses Jahres die zehnjährigen noch bei 4,0 Prozent notierten. Vor Ausbruch der Finanzkrise musste die Staatskasse ihre Gläubiger noch mit 5,5 % entlohnen, Anfang der Woche allerdings nur noch mit 2,5 %. Damit wurde annähernd das Niveau vom Höhepunkt der Finanzkrise erreicht. Das nenne ich eine Blase! Die Verwalter großer Vermögen suchen also nach wie vor in angeblich sicheren US-Staatspapieren Schutz und missachten deren Risiken. Die Frage der Aktionäre lautet also, wann beginnen die Manager Gelder aus Zins- in Dividendentitel umzuleiten. Meiner Meinung nach haben wir uns diesem Zeitpunkt sehr stark angenähert. Grundsätzlich entspricht der Preis für langfristige Staatsanleihen dem BIP-Wachstum plus der Inflationsrate. Beim aktuellen Wachstum von 1,5 % und einer Inflation von einem % passt die Rechnung ganz gut. Erhöht sich aber nur eine der beiden Variablen etwas, gehen die Anleihekurse in den freien Fall über.
Wenn sich jetzt die konjunkturellen Nachrichten nur leicht verbessen, und sich die Inflationserwartung nur ein klein wenig erhöht, dann will ich nicht in Bonds investiert sein. Ein Umschichten von Kapital aus Renten in günstige Aktien ist meiner Meinung nach nur eine Frage des „wann“ und nicht des „ob“. Ein kleiner Anstieg der konjunkturellen Zuversicht könnte der Auslöser sein.
Warum steigen aber bereits die Goldaktien?
Trotz des oben beschriebenen anhaltenden Vertrauensverlustes haben Goldaktien ihre Konsolidierung längst beendet und sind seit mehreren Wochen bereits wieder gefragt. Dafür habe ich nur eine Erklärung und auch diese hängt mit dem mangelnden Vertrauen zusammen. Investoren suchen Sicherheit und wollen ihre Investmentquote bei den Renten verringern. Dafür sollen Positionen in Rohstoffen und Edelmetallen aufgebaut werden. Vor zyklischen Aktienrisiken scheuen sich die Anleger aber offenbar noch und suchen ihr Heil zunächst in Minenwerten, übersehen aber, dass diese in erster Linie Aktien mit allen bekannten Kursrisiken sind und eben kein physisches Gold.

Gut erkennen Sie im P & F Chart, dass sich die ungehedgten Minenwerte des HUI-Gold Bugs Index in diesem Jahr weiter nach oben schraubten, und dabei sicherlich auch von der Eurokrise ordentlich unterstützt wurden. Erst im Mai begannen die Goldaktien zu konsolidieren. Der jüngste Aufwärtsimpuls, zu erkennen an der rechten langen X-Säule die für den Nachfrageüberschuss steht, könnte nun aber die Fortsetzung des Aufwärtstrends einläuten. Ein Doppeltop wurde überwunden und die Preisprojektion deutet auf ein Kursziel von etwa 530 Punkten, was einem Kurspotential von etwa 10 Prozent entspricht. Befeuert wird die Hausse der Goldtitel angeblich auch von Überlegungen, Leerverkäufe von Aktien in Europa zu verbieten. Investoren könnten dann alternativ versuchen, ihre Risiken im Goldsektor abzusichern. Ich finde den Gedanken etwas abstrus, aber in den vergangenen Tagen wurde er unter Händlern stark diskutiert. Egal aus welchen Gründen, die Edelmetalle zählen für mich zu den interessantesten Sektoren. Dies belegt auch der „innere Markt“, dessen Bullish Percent Index auf einem sehr attraktiven Niveau bereits wieder in einer X-Spalte notiert und die ansteigenden Kapitalzuflüsse in den Sektor verdeutlicht.
Gold trotz fehlender Inflation attraktiv
Gold ist wegen seines inneren Wertes und des beschränkten Vorkommens im Gegensatz zum „Fiat-Geld“ der Notenbanken der beliebteste Schutz gegen Inflation. Geld kann virtuell produziert werden, Gold aber eben nicht. Trotzdem steigt Gold, obwohl aktuell keine Inflation zu erkennen ist und die industriellen Kapazitäten längst nicht ausgelastet sind. Warum steigt Gold trotzdem? Obwohl es unlogisch klingt steigt Gold aktuell wegen der Angst vor Deflation und nicht wegen des Inflationspotentials. Immerhin hat FED-Chef Bernanke erst kürzlich erklärt, dass er die „ungewöhnlichen“ Maßnahmen verstärken wird, also weiterhin Anleihen aufkauft bzw. Staatsschulden zu Geld umwandelt. Die Geldmenge wird also weiterhin stark ansteigen und der US-Dollar fast zwangsläufig an Vertrauen und Außenwert verlieren. Ein potentiell weiter schwacher Dollar wird wiederum Kapital in Gold- und Edelmetalle leiten. Je stärker der Dollar an Vertrauen verliert, desto beliebter wird Gold als Anlagealternative und vor allem als Werterhaltungsmittel. Außerdem ist es bestimmt kein Zufall, dass die historischen Goldhaussen sich in Zeiten ereigneten, in denen die amerikanischen Staatsschulden explodierten. Obwohl ich kein Verschwörungsfanatiker bin, denke ich, dass Gold noch eine Weile eine sehr interessante Anlageklasse bleiben wird.
DAX charttechnisch stark verbessert
Zum Abschluss noch rasch ein Blick auf den DAX, für den sich viele Leser interessieren. Interessanterweise steht der deutsche Index weder exakt am Startpunkt der vergangenen starken Erholungsbewegungen in diesem Jahr. Nämlich an der rückeroberten wichtigen 200-Tage-Linie, an der sich viele Investoren verabschiedeten oder sogar Aktien leer verkauften. Die daraus resultierenden Verluste bereiten nun Schmerzen und werden eingedeckt. Dies ein war ein wichtiges Argument, welches den DAX sehr schnell von unten bis an die ebenfalls wichtige 50-Tage-Linie bei etwa 6.090 Punkten getrieben hat, an der er nun klebt.

Gut zu erkennen ist im rechten Bereich des Charts der starke Angebotsüberhang im August (Ziffer 8). Im mittlerweilen altbekannten Unterstützungsbereich bei 5.850 zeigten die Bullen, wie vergangene Woche von mir hier vermutet, deutliche Gegenwehr. Obwohl der Angriff der Bullen noch im vollen Gang ist, sollte beachtet werden, dass das formale Verkaufssignal der P & F Technik noch gültig ist. Die 0-Spalte des August unterschritt mehrere vorhergehende 0-Spalten und die aktuelle X-Spalte hat noch einen weiten Weg bis zum zentralen Widerstand bei 6.350 Punkten zurückzulegen. Immerhin entwickelt sich eine Korrektur des Angebotsüberschusses, aus der natürlich auch neue Hochs resultieren können. Aber man sollte trotzdem auf der Hut bleiben. Vor allem jetzt, da der DAX von unten an der wichtigen bullischen Unterstützungsgeraden anklopft, die traditionell einen starken Widerstand darstellt. Konservativen Anlegern rate ich sogar, Engagements niemals unterhalb dieser Geraden einzugehen. Wegen der vielen Verbesserungen in Teilbereichen bleibe ich aber bei meinem optimistischen Grundton und sehe die langfristige und übergeordnete Aufwärtsbewegung der Aktien noch nicht an ihrem Endpunkt angekommen. Nun aber wünsche ich Ihnen viel Erfolg mit Ihren Engagements und ein hoffentlich sonniges Wochenende.
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