Die Bahn ist nicht börsentauglich

Zehntausende aufgebrachte Bürger zogen am Freitag durch Stuttgarts Innenstadt, ...
... um gegen den umstrittenen Neubau des Hauptbahnhofs zu protestieren. Bahn-Chef Rüdiger Grube zeigte sich von der Heftigkeit des Widerstands überrascht und bot erstmals Gespräche am runden Tisch an.
Wäre die Deutsche Bahn ein börsennotiertes Unternehmen, wäre der Kurs in den vergangenen Jahren vermutlich Achterbahn gefahren. Denn zuletzt lieferte Deutschlands letzter großer Staatskonzern selten positive News. Stattdessen kam er in die Schlagzeilen, weil er Teenager ohne Fahrkarte bei eisigen Temperaturen aus den Zügen werfen ließ, Fahrgäste wegen defekter Klimaanlagen zusammenbrachen oder ICEs reihenweise wegen defekter Achsen ausfielen.
Uns überrascht daher nicht, dass Lokführer Grube die Deutsche Bahn nicht für börsentauglich hält. Zumindest für sein Unternehmen kam die Finanzkrise zur rechten Zeit: Der für Herbst 2008 geplante Börsengang wurde abgeblasen, seitdem steht das Projekt IPO auf dem Abstellgleis.
Für Anleger ist das wohl besser so. Der Aktienkurs hätte unter den zahlreichen Pannen und dem wenig überzeugenden Krisenmanagement gelitten. Die Wirkung, die umgekehrt von einer Börsennotierung auf das Handeln der Verantwortlichen ausgeht, sollten Sie allerdings nicht unterschätzen. Einem börsennotierten Unternehmen wird genau auf die Finger geschaut. Sein Vorstand wird (z. B. auf Hauptversammlungen) mit kritischen Fragen bombardiert und muss Analysten, Investoren und Finanzexperten Rede und Antwort stehen.
Investoren hätte ein Börsengang der Deutschen Bahn also wohl nichts gebracht. Weil aber deren Aktivitäten insgesamt von mehr Augen kritischer beobachtet worden wären, hätten möglicherweise die Fahrgäste profitiert – und Milliarden verschlingende Großprojekte wie „Stuttgart 21“ wären frühzeitig hinterfragt worden.
Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.