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20.05.25 12:01 Uhr

APA ots news: OeNB-Blog: Mehr Frauen im Aufsichtsrat - mehr Erfolg für Unternehmen

Frauen im Aufsichtsrat haben signifikant positive Auswirkungen

Wer­bung

auf Profitabilität, Marktentwicklung, Risikoprofil und

Wachstumsraten von Unternehmen

Wien (APA-ots) - Im Rahmen der heutigen Abendveranstaltung " Ein.Blick

Wissenschaft:

Mehr Frauen => Mehr Erfolg für Unternehmen" wird in der

Oesterreichischen Nationalbank die Studie " Breaking the Glass

Ceiling: Do Female Directors Boost Firm Performance?" der Autoren

Mario Hübler und Michael Sigmund (OeNB) vorgestellt. Im Anschluss

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wird eine hochrangige Podiumsdiskussion mit Eva-Maria Holzleitner (

Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung), Edeltraud

Stiftinger (Vize-Gouverneurin, OeNB), Peter Bosek (CEO, Erste Group),

Georg Kapsch (CEO, Kapsch) sowie Anna Pölzl (CEO, Co-Founder,

Campfire Solutions) zu diesem Thema veranstaltet.

OeNB-Blog:

In der Studie " Breaking the Glass Ceiling: Do Female Directors

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Boost Firm Performance?" untersuchen wir, ob und inwiefern Frauen im

Aufsichtsrat großer Unternehmen die Profitabilität, die

Marktentwicklung, das Risiko und das nachhaltige Unternehmenswachstum

beeinflussen. Die Studie basiert auf einem umfangreichen Datensatz

der größten börsengelisteten US-Unternehmen ("S&P 500-Unternehmen")

über einen Zeitraum von 20 Jahren. [1]

Unsere Studie zeigt signifikant positive Effekte des

Frauenanteils im Aufsichtsrat (FBR-Effekte) auf die Profitabilität

der Unternehmen. Zehn Prozentpunkte mehr Frauen im Aufsichtsrat

bedeuten rund 1 Prozentpunkt mehr Eigenkapitalrentabilität (Return on

Equity). Ebenso zeigen sich für die Gesamtkapitalrentabilität (Return

on Assets) statistisch signifikante und positive Effekte. Wir zeigen

außerdem, dass ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten

signifikant positive Auswirkungen auf die Marktentwicklung der S&P

500-Unternehmen hat.

Eine weitere zentrale Erkenntnis unserer Studie ist, dass ein

höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten einen positiven Effekt auf

das Risikoprofil der Unternehmen hat. Frauen im Aufsichtsrat haben

damit nicht nur einen positiven Effekt auf die Profitabilität,

sondern auch auf die Stabilität der Unternehmen. Ein höherer

Frauenanteil im Aufsichtsrat erhöht darüber hinaus die nachhaltige

Wachstumsrate (Sustainable Growth Rate - SGR) der Unternehmen. Dieses

Ergebnis ist besonders relevant, da bislang wenig empirische Evidenz

zum Zusammenhang der Female Board Ratio (FBR) und dem nachhaltigen

Wachstum von Unternehmen existiert.

Wir zeigen außerdem, dass die positiven Effekte eines höheren

Frauenanteils in den Aufsichtsräten erhebliche makroökonomische

Auswirkungen haben, insbesondere auf BIP-Wachstum, Arbeitslosenquote

und Bruttoinvestitionen.

Wissenschaftliche Methodik

Die wissenschaftliche Literatur, die sich mit den Auswirkungen

eines höheren Frauenteils in den Aufsichtsräten auf die

Unternehmensleitung beschäftigt hat, ist zwar umfangreich, aber

widersprüchlich. Diese inkonsistenten Ergebnisse ergeben sich häufig

aus dem Fehlen struktureller Modelle zur Identifikation.

Beispielsweise zeigen Adams und Ferreira (2009) in einer einzigen

Tabelle sowohl positive als auch negative, teils stark negative

Zusammenhänge zwischen dem Frauenanteil im Aufsichtsrat und der

Profitabilität. [2] Wir lösen diesen Widerspruch mit

wissenschaftlichen Methoden: Mit Hilfe des kausalen Inferenz-

Frameworks von Judea Pearl (Pearl, 2009, 2016) schätzen wir den

kausalen Effekt des Anteils von Frauen im Aufsichtsrat (FBR-Effekt)

auf den Erfolg der Unternehmen. Grafik 1 zeigt, wie wir den kausalen

FBR-Effekt identifizieren und für welche Störfaktoren wir

kontrollieren müssen.

Nachdem wir mit Hilfe des Graphen (DAG) potenzielle Störfaktoren

als Kontrollvariablen identifiziert haben, verwenden wir zwei

ökonometrische Modelle zur Schätzung der FBR-Effekte.

- TWFE-Modell (Two-Way Fixed Effects): Dieses Modell ermöglicht die

Kontrolle für unbeobachtete zeitinvariante Heterogenität auf

Unternehmensebene. Das wäre z.B. ein besonders gutes Management.

- FEIS-Modell (Fixed Effects with Individual Slopes): Darüber hinaus

ermöglicht dieses Modell die Berücksichtigung

unternehmensspezifischer Trends im Zeitverlauf. Das wäre z.B. ein

unbeobachtetes unternehmensinternes Frauenförderungsprogramm, das die

Frauenquote in Managementpositionen über die Zeit erhöhen möchte.

Detailergebnisse der Studie

Als nächstes wollten wir herausfinden, warum Frauen im

Aufsichtsrat einen positiven Einfluss auf die Unternehmensentwicklung

haben. Dazu haben wir verschiedene in der Literatur beschriebene

Mediatoren getestet, die zu positiven Auswirkungen der von uns

untersuchten Kennzahlen der Unternehmensleistung führen, unter

anderem die Teilnahmequoten an Aufsichtsratssitzungen, die Qualität

des ESG-Reportings, die Mitarbeiter:innenfluktuation sowie die

Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Keiner dieser Faktoren ist

für die positiven Effekte von Frauen im Aufsichtsrat auf die

Unternehmensentwicklung verantwortlich. Unsere Ergebnisse bestätigen

damit die wissenschaftliche Literatur, die zeigt, dass Frauen in

Aufsichtsräten durch ihre direkten qualitativen Beiträge - z. B.

vielfältigere Perspektiven, neue Impulse bei Strategie- oder

Risikofragen oder bessere Teamdynamik - zum Unternehmenserfolg

beitragen, die sich nicht in einfachen quantitativen Messgrößen

erfassen lassen.

Der Vorteil eines strukturellen Modells ist die Möglichkeit,

kontrafaktische Szenario berechnen zu können. In unserem

kontrafaktischen Szenario setzen wir den FBR für alle Beobachtungen,

bei denen der tatsächliche FBR unter 50 % liegt, auf 50 %, während

wir für Beobachtungen über diesem Schwellenwert den tatsächlichen FBR

unverändert lassen. Wir nehmen damit eine Quote von mindestens 50 %

Frauen in den Aufsichtsräten sämtlicher untersuchter Unternehmen an.

Die Implikation dieses Szenarios sind für ROE, ROA, SGR und die

Verschuldungsquote in Grafik 3 dargestellt. Eine FBR von mindestens

50 % hätte den Unternehmenserfolg in nahezu allen Kategorien

signifikant positiv beeinflusst., wie Grafik 3 veranschaulicht.

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen fassen wir in Grafik 4

zusammen. Eine höhere FBR erhöht das reale BIP pro Kopf, das

nominelle BIP-Wachstum, die Bruttoinvestitionen und reduziert die

Arbeitslosequote.

Fazit und Implikationen

Unsere Studie belegt auf empirischer und kausaler Grundlage, dass

ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten großer Unternehmen

nicht nur ethisch oder sozial, sondern vor allem ökonomisch sinnvoll

ist. Ein höherer Frauenanteil im Aufsichtsrat steigert die

Profitabilität, verbessert das Risikoprofil, erhöht die

Marktbewertung und fördert nachhaltiges Wachstum von Unternehmen -

daraus ergeben sich auch gesamtwirtschaftlich wichtige Implikationen.

Durch den Einsatz des Kausalitätskonzepts nach Judea Pearl wird

erstmals in dieser Tiefe kausal gezeigt, dass Frauen im Aufsichtsrat

einen direkten Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben. Diversität

in den Aufsichtsräten der Unternehmen ist nicht nur ethisch

begründbar, sondern es gibt auch einen klaren ökonomischen Business

Case. Unternehmen und Volkswirtschaften sollten daher aktiv auf eine

stärkere Einbindung von Frauen im Top-Management hinarbeiten - nicht

nur aus ethischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen.

Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit

den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.

Sämtliche Grafiken finden sich auf der OeNB-Website.

Details zur Veranstaltung finden sich bei den Terminen auf der

OeNB Website.

Literatur:

Adams, Renée B., and Daniel Ferreira. "Women in the boardroom and

their impact on governance and performance." Journal of Financial

Economics 94(2) 2009: 291-309.

Pearl, J. (2009). Causality: models, reasoning, and inference.

Cambridge University Press.

Pearl, J., Glymour, M., and Jewell, N. P. (2016). Causal

inference in statistics: A primer. John Wiley & Sons.

[1] Das Board of Directors (kurz Board ) US-amerikanischer

Unternehmen entspricht am ehesten dem Aufsichtsrat in Österreich,

jedoch gibt es wichtige Unterschiede: Das Board hat sowohl

kontrollierende als auch strategische Aufgaben und ist meist

einstufig organisiert, d. h. das Board überwacht und führt, wobei die

operative Führung (CEO etc.) oft auch Mitglied im Board ist. Der

Aufsichtsrat in Österreich kontrolliert den Vorstand, ist aber nicht

operativ tätig (Trennung von Kontrolle und Geschäftsführung). Das

Board in den USA vereint also Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat.

In diesem Blog verwenden wir das Wort Aufsichtsrat, wenn wir uns auf

das Board der Unternehmen beziehen.

[2] In Tabelle 10 berichten Adams and Ferreira (2009) über einen

FRB-Koeffizienten von 6 bei Berücksichtigung von Fixed Effects auf

Branchenebene, einen Koeffizienten von -6 bei firmenspezifischen

Fixed Effects sowie einen Wert von -239 bei einer

Instrumentvariablenschätzung, in der FRB durch das Verhältnis von

männlichen Aufsichtsratsmitgliedern mit "Connections" zu weiblichen

Aufsichtsratsmitgliedern instrumentiert wird. Es ist offensichtlich,

dass dieses Instrument aufgrund seiner Konstruktion, die für eine

gültige IV-Schätzung notwendige Exklusionsrestriktion verletzt,

selbst wenn man diese "Connections" korrekt messen könnte.

Rückfragehinweis:

Oesterreichische Nationalbank

Mag. Marlies Schroeder, MiM

Telefon: +43-1-404 20-6900

E-Mail: marlies.schroeder@oenb.at

Website: https://www.oenb.at

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom

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