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APA ots news: OeNB-Blog: Mehr Frauen im Aufsichtsrat - mehr Erfolg für Unternehmen
Frauen im Aufsichtsrat haben signifikant positive Auswirkungen
auf Profitabilität, Marktentwicklung, Risikoprofil und
Wachstumsraten von Unternehmen
Wien (APA-ots) - Im Rahmen der heutigen Abendveranstaltung " Ein.Blick
Wissenschaft:
Mehr Frauen => Mehr Erfolg für Unternehmen" wird in der
Oesterreichischen Nationalbank die Studie " Breaking the Glass
Ceiling: Do Female Directors Boost Firm Performance?" der Autoren
Mario Hübler und Michael Sigmund (OeNB) vorgestellt. Im Anschluss
wird eine hochrangige Podiumsdiskussion mit Eva-Maria Holzleitner (
Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung), Edeltraud
Stiftinger (Vize-Gouverneurin, OeNB), Peter Bosek (CEO, Erste Group),
Georg Kapsch (CEO, Kapsch) sowie Anna Pölzl (CEO, Co-Founder,
Campfire Solutions) zu diesem Thema veranstaltet.
OeNB-Blog:
In der Studie " Breaking the Glass Ceiling: Do Female Directors
Boost Firm Performance?" untersuchen wir, ob und inwiefern Frauen im
Aufsichtsrat großer Unternehmen die Profitabilität, die
Marktentwicklung, das Risiko und das nachhaltige Unternehmenswachstum
beeinflussen. Die Studie basiert auf einem umfangreichen Datensatz
der größten börsengelisteten US-Unternehmen ("S&P 500-Unternehmen")
über einen Zeitraum von 20 Jahren. [1]
Unsere Studie zeigt signifikant positive Effekte des
Frauenanteils im Aufsichtsrat (FBR-Effekte) auf die Profitabilität
der Unternehmen. Zehn Prozentpunkte mehr Frauen im Aufsichtsrat
bedeuten rund 1 Prozentpunkt mehr Eigenkapitalrentabilität (Return on
Equity). Ebenso zeigen sich für die Gesamtkapitalrentabilität (Return
on Assets) statistisch signifikante und positive Effekte. Wir zeigen
außerdem, dass ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten
signifikant positive Auswirkungen auf die Marktentwicklung der S&P
500-Unternehmen hat.
Eine weitere zentrale Erkenntnis unserer Studie ist, dass ein
höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten einen positiven Effekt auf
das Risikoprofil der Unternehmen hat. Frauen im Aufsichtsrat haben
damit nicht nur einen positiven Effekt auf die Profitabilität,
sondern auch auf die Stabilität der Unternehmen. Ein höherer
Frauenanteil im Aufsichtsrat erhöht darüber hinaus die nachhaltige
Wachstumsrate (Sustainable Growth Rate - SGR) der Unternehmen. Dieses
Ergebnis ist besonders relevant, da bislang wenig empirische Evidenz
zum Zusammenhang der Female Board Ratio (FBR) und dem nachhaltigen
Wachstum von Unternehmen existiert.
Wir zeigen außerdem, dass die positiven Effekte eines höheren
Frauenanteils in den Aufsichtsräten erhebliche makroökonomische
Auswirkungen haben, insbesondere auf BIP-Wachstum, Arbeitslosenquote
und Bruttoinvestitionen.
Wissenschaftliche Methodik
Die wissenschaftliche Literatur, die sich mit den Auswirkungen
eines höheren Frauenteils in den Aufsichtsräten auf die
Unternehmensleitung beschäftigt hat, ist zwar umfangreich, aber
widersprüchlich. Diese inkonsistenten Ergebnisse ergeben sich häufig
aus dem Fehlen struktureller Modelle zur Identifikation.
Beispielsweise zeigen Adams und Ferreira (2009) in einer einzigen
Tabelle sowohl positive als auch negative, teils stark negative
Zusammenhänge zwischen dem Frauenanteil im Aufsichtsrat und der
Profitabilität. [2] Wir lösen diesen Widerspruch mit
wissenschaftlichen Methoden: Mit Hilfe des kausalen Inferenz-
Frameworks von Judea Pearl (Pearl, 2009, 2016) schätzen wir den
kausalen Effekt des Anteils von Frauen im Aufsichtsrat (FBR-Effekt)
auf den Erfolg der Unternehmen. Grafik 1 zeigt, wie wir den kausalen
FBR-Effekt identifizieren und für welche Störfaktoren wir
kontrollieren müssen.
Nachdem wir mit Hilfe des Graphen (DAG) potenzielle Störfaktoren
als Kontrollvariablen identifiziert haben, verwenden wir zwei
ökonometrische Modelle zur Schätzung der FBR-Effekte.
- TWFE-Modell (Two-Way Fixed Effects): Dieses Modell ermöglicht die
Kontrolle für unbeobachtete zeitinvariante Heterogenität auf
Unternehmensebene. Das wäre z.B. ein besonders gutes Management.
- FEIS-Modell (Fixed Effects with Individual Slopes): Darüber hinaus
ermöglicht dieses Modell die Berücksichtigung
unternehmensspezifischer Trends im Zeitverlauf. Das wäre z.B. ein
unbeobachtetes unternehmensinternes Frauenförderungsprogramm, das die
Frauenquote in Managementpositionen über die Zeit erhöhen möchte.
Detailergebnisse der Studie
Als nächstes wollten wir herausfinden, warum Frauen im
Aufsichtsrat einen positiven Einfluss auf die Unternehmensentwicklung
haben. Dazu haben wir verschiedene in der Literatur beschriebene
Mediatoren getestet, die zu positiven Auswirkungen der von uns
untersuchten Kennzahlen der Unternehmensleistung führen, unter
anderem die Teilnahmequoten an Aufsichtsratssitzungen, die Qualität
des ESG-Reportings, die Mitarbeiter:innenfluktuation sowie die
Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Keiner dieser Faktoren ist
für die positiven Effekte von Frauen im Aufsichtsrat auf die
Unternehmensentwicklung verantwortlich. Unsere Ergebnisse bestätigen
damit die wissenschaftliche Literatur, die zeigt, dass Frauen in
Aufsichtsräten durch ihre direkten qualitativen Beiträge - z. B.
vielfältigere Perspektiven, neue Impulse bei Strategie- oder
Risikofragen oder bessere Teamdynamik - zum Unternehmenserfolg
beitragen, die sich nicht in einfachen quantitativen Messgrößen
erfassen lassen.
Der Vorteil eines strukturellen Modells ist die Möglichkeit,
kontrafaktische Szenario berechnen zu können. In unserem
kontrafaktischen Szenario setzen wir den FBR für alle Beobachtungen,
bei denen der tatsächliche FBR unter 50 % liegt, auf 50 %, während
wir für Beobachtungen über diesem Schwellenwert den tatsächlichen FBR
unverändert lassen. Wir nehmen damit eine Quote von mindestens 50 %
Frauen in den Aufsichtsräten sämtlicher untersuchter Unternehmen an.
Die Implikation dieses Szenarios sind für ROE, ROA, SGR und die
Verschuldungsquote in Grafik 3 dargestellt. Eine FBR von mindestens
50 % hätte den Unternehmenserfolg in nahezu allen Kategorien
signifikant positiv beeinflusst., wie Grafik 3 veranschaulicht.
Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen fassen wir in Grafik 4
zusammen. Eine höhere FBR erhöht das reale BIP pro Kopf, das
nominelle BIP-Wachstum, die Bruttoinvestitionen und reduziert die
Arbeitslosequote.
Fazit und Implikationen
Unsere Studie belegt auf empirischer und kausaler Grundlage, dass
ein höherer Frauenanteil in den Aufsichtsräten großer Unternehmen
nicht nur ethisch oder sozial, sondern vor allem ökonomisch sinnvoll
ist. Ein höherer Frauenanteil im Aufsichtsrat steigert die
Profitabilität, verbessert das Risikoprofil, erhöht die
Marktbewertung und fördert nachhaltiges Wachstum von Unternehmen -
daraus ergeben sich auch gesamtwirtschaftlich wichtige Implikationen.
Durch den Einsatz des Kausalitätskonzepts nach Judea Pearl wird
erstmals in dieser Tiefe kausal gezeigt, dass Frauen im Aufsichtsrat
einen direkten Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben. Diversität
in den Aufsichtsräten der Unternehmen ist nicht nur ethisch
begründbar, sondern es gibt auch einen klaren ökonomischen Business
Case. Unternehmen und Volkswirtschaften sollten daher aktiv auf eine
stärkere Einbindung von Frauen im Top-Management hinarbeiten - nicht
nur aus ethischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen.
Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit
den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.
Sämtliche Grafiken finden sich auf der OeNB-Website.
Details zur Veranstaltung finden sich bei den Terminen auf der
OeNB Website.
Literatur:
Adams, Renée B., and Daniel Ferreira. "Women in the boardroom and
their impact on governance and performance." Journal of Financial
Economics 94(2) 2009: 291-309.
Pearl, J. (2009). Causality: models, reasoning, and inference.
Cambridge University Press.
Pearl, J., Glymour, M., and Jewell, N. P. (2016). Causal
inference in statistics: A primer. John Wiley & Sons.
[1] Das Board of Directors (kurz Board ) US-amerikanischer
Unternehmen entspricht am ehesten dem Aufsichtsrat in Österreich,
jedoch gibt es wichtige Unterschiede: Das Board hat sowohl
kontrollierende als auch strategische Aufgaben und ist meist
einstufig organisiert, d. h. das Board überwacht und führt, wobei die
operative Führung (CEO etc.) oft auch Mitglied im Board ist. Der
Aufsichtsrat in Österreich kontrolliert den Vorstand, ist aber nicht
operativ tätig (Trennung von Kontrolle und Geschäftsführung). Das
Board in den USA vereint also Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat.
In diesem Blog verwenden wir das Wort Aufsichtsrat, wenn wir uns auf
das Board der Unternehmen beziehen.
[2] In Tabelle 10 berichten Adams and Ferreira (2009) über einen
FRB-Koeffizienten von 6 bei Berücksichtigung von Fixed Effects auf
Branchenebene, einen Koeffizienten von -6 bei firmenspezifischen
Fixed Effects sowie einen Wert von -239 bei einer
Instrumentvariablenschätzung, in der FRB durch das Verhältnis von
männlichen Aufsichtsratsmitgliedern mit "Connections" zu weiblichen
Aufsichtsratsmitgliedern instrumentiert wird. Es ist offensichtlich,
dass dieses Instrument aufgrund seiner Konstruktion, die für eine
gültige IV-Schätzung notwendige Exklusionsrestriktion verletzt,
selbst wenn man diese "Connections" korrekt messen könnte.
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Mag. Marlies Schroeder, MiM
Telefon: +43-1-404 20-6900
E-Mail: marlies.schroeder@oenb.at
Website: https://www.oenb.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom
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