Berenberg Bank-Kolumne: Goldaktien haben noch Nachholpotenzial

Im März 2008 hatte Gold zum ersten Mal die Marke von 1.000 USD pro Feinunze überschritten. Nach einem Zwischentief im Oktober, mit Kursen unter 700 USD, kam es zu einer deutlichen Erholung. In Euro gerechnet, wurde inzwischen ein historischer Höchstkurs erreicht. Grund für den Anstieg des Goldpreises war neben der erhöhten Verunsicherung an den Finanzmärkten die Erwartung, dass sich die Geldmenge durch die weltweiten Konjunktur-programme im Zuge der Finanzkrise deutlich ausweiten sollte. Da Gold als Inflationsschutz gilt, korreliert der Goldpreis mit der Geldmenge. Die Milliardenbeträge, die die amerikanische Notenbank in die Kapitalmärkte fließen lies, könnten langfristig die Inflation anheizen. Die mittlerweile negativen US-Realzinsen senken zudem die Opportunitätskosten für Goldinvestments. Und die USA stehen mit ihrer exzessiven Geldpolitik nicht allein da. Anleger investieren daher verstärkt in Gold, um sich gegen eine Entwertung des Geldes abzusichern.
Während der Goldpreis an den Rohstoffmärkten neue Rekorde erreicht hat, sind die Goldminenindizes noch weit davon entfernt. So konnte der Amex Gold Bugs Index mit dem stark steigenden Goldpreis der letzten Monate kaum mithalten. Der Amex Gold Bugs ist ein repräsentativer Goldminenindex, der 15 der weltweit größten Minenunternehmen, wie z.B. Barrick Gold, Newmont Mining, Gold Fields, Goldcorp oder AngloGold, enthält. Das Besondere daran ist, dass die Unternehmen ihre Goldvorräte für maximal 18 Monate im Voraus verkaufen (hedgen). Eigentlich sollten Goldminen überproportional von den Steigerungen des Goldpreises profitieren. Ursächlich für die Underperformance könnte neben der generellen Aversion gegen Aktien auch der Verkaufsdruck durch Fondsrückgaben und Hedgefonds sein, denn die Produktionskosten sind aufgrund der stark gefallenen Energiepreise eher zurückgegangen. Zudem verringert sich bei vielen Minen seit langem die Goldproduktion. Es wurde versäumt, in neue Minenprojekte zu investieren. Es dauert mehr als fünf Jahre, bis eine neue Mine produziert. Der Output der südafrikanischen Minen sinkt seit 2002 kontinuierlich.
Dies alles spricht für weiter steigende Goldpreise. Viele große Minenkonzerne haben 2008 auch ihre Vorverkaufspraxis geändert. Sie hatten ihre Goldvorräte zu einem viel tieferen Preis für Jahre im Voraus verkauft. Inzwischen kaufen sie eigene Bestände zurück, um noch von einem weiter steigenden Goldpreis zu profitieren. Die große Nachfrage kann von dem vorhandenen Angebot kaum mehr gedeckt werden. Sollte für die vielen aufgelegten ETFs (Exchange Traded Funds) oder Goldfutures an der amerikanischen Comex (weltgrößte Terminbörse für Edel- und Buntmetalle) die physische Lieferung von Gold verlangt werden (die bis jetzt fast nie gefordert wurde), könnte es zu einem sprunghaften Anstieg des Goldpreises kommen. Es bestehen massive Short-Positionen, die eingedeckt werden müssten.
Da der aktuelle Preisanstieg vor allem auf die Nachfrage von Finanzinvestoren zurückzuführen ist, sind kurzfristig Kurskorrekturen möglich. Mittelfristig sprechen jedoch das begrenzte Angebot und die zunehmende Nachfrage für einen weiteren Preisanstieg bei Gold. Goldminenaktien sollten im Zuge dessen über deutliches Nachholpotenzial verfügen.
Michael Otto ist Direktor der Berenberg Bank. Weitere Informationen finden Sie unter www.berenberg.de
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