Börse Frankfurt-News: Marktstimmung: "Die neue Sorglosigkeit"

25.06.25 16:01 Uhr

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FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Etliche Bären nehmen Gewinne mit und wechseln direkt auf die Long-Seite. Ob das schon als Kontraindikation funktioniert, weiß Joachim Goldberg.

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25. Juni 2025. Viele Finanzmarktteilnehmer dürften sich angesichts des jüngsten Waffenstillstands zwischen Israel und dem Iran gefragt haben, wie lange der wohl halten würde. Natürlich war die Reaktion der Börsen dies- und jenseits des Atlantiks unter anderem auch Ausdruck der Hoffnung, die von US-Präsident Donald Trump gewählte Bezeichnung als Zwölf-Tage-Krieg würde sich als zutreffend erweisen. Der DAX erholte sich ebenfalls eindrucksvoll von seinem Tiefstand seit der vergangenen Stimmungserhebung und konnte im Wochenvergleich sogar ein kleines Plus von 0,6 Prozent verbuchen.

Allerdings dürfte angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen und der zeitweisen Gefahr einer dramatischen Eskalation ein anderer Krieg in den Hintergrund getreten sein. Die Rede ist vom Handelskrieg, den Donald Trump Anfang April am sogenannten Liberation Day begonnen hatte und dessen kurz darauf verhängte Pause nun am 8. Juli zu Ende gehen soll. Vorläufig zumindest. Für die bei der Umfrage der Bank of America interviewten internationalen Fondsmanager stellte dieser Handelskrieg in der vergangenen Woche immer noch das größte Ereignisrisiko dar, verbunden mit der Angst, dass damit eine weltweite Rezession ausgelöst werden könnte. Aber man gewinnt als Beobachter durchaus den Eindruck, dass sich viele Akteure innerlich schon an die drohenden Zölle gewöhnt haben oder gar mit einer erneuten Verlängerung der "Zollpause" rechnen. Aber auch die Deadline für die sogenannte "One Big beautiful Bill" naht. So soll das unter diesem Namen firmierende neue US-Haushaltsgesetz bereits am 4. Juli verabschiedet werden.

Starker Stimmungsumschwung

Unterdessen haben die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont einen dramatisch anmutenden Stimmungswechsel vollzogen. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index steigt um fast sagenhafte 45 Punkte auf einen neuen Stand von +20 Punkte. Mittlerweile haben viele Pessimisten, die in der Vorwoche trotz teils deutlicher Gewinne zögerlich verharrten, diese nun doch mitgenommen. Aber nicht nur das: Fast alle ehemaligen Bären haben sich per Saldo direkt zu den Bullen aufgemacht, also ihre Positionen um 180 Punkte gedreht. Dieser Stimmungswechsel betrifft 22 Prozent aller Befragten. Gleichzeitig befindet sich der Sentiment-Index auf dem zweithöchsten Stand in diesem Jahr.

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Eine ganz ähnliche Entwicklung hat es bei den Privatanlegern gegeben. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist von 0 auf +20 gestiegen. Hier war der Stimmungsumschwung nicht ganz so groß, aber unter dem Strich sind 10 Prozent der Befragten direkt vom Bären- in das Bullenlager gewechselt, haben also mit Gewinnen im Rücken neue Engagements begründet. Dieses Mal finden wir diese Entwicklung gleichermaßen sowohl bei den Anlegenden, die wir über Social Media befragt haben, als auch bei den übrigen Panelteilnehmern vor. Der Abstand zwischen diesen beiden Untergruppen hat sich somit kaum verändert.

Gut gebettet auf Gewinnpolstern

Laut der heutigen Befragung besteht zwischen den Privatanlegern und den Institutionellen keine Stimmungskluft. Allerdings finden wir bei Letzteren einen größeren Anteil neutral gestimmter Investoren vor.

Darüber hinaus lässt sich dreierlei festhalten. Zum einen dürfte es vielen Investoren angesichts der häufig vorzufindenden Gewinnpolster leicht gefallen sein, auf die Bullenseite zu wechseln. Zum anderen ist der fast schon euphorisch anmutende Stimmungswechsel durchaus bemerkenswert, wobei der neue Optimismus allerdings noch nicht gefährlich ausgeprägt ist - davon sind wir weit entfernt. Allerdings dürften Gewinnmitnahmen - vermutlich erstmals deutlicher im Bereich zwischen 24.050/24.100 Punkten - weitere DAX-Anstiege zumindest zeitweise behindern. Zum dritten lässt sich feststellen, dass ein Großteil des Aufwärtsimpulses hausgemacht, also wahrscheinlich nicht unter größerer Beteiligung internationaler Kapitalströme zustande gekommen ist.

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Auch wenn die Positionierungen nicht extrem bullish sind, scheinen viele Investoren auch durch das vorgenannte Gewinnpolster etwas sorglos geworden zu sein. Zumindest sind die Absicherungen nach unten angesichts der vorgenannten Ereignisrisiken wahrscheinlich zu gering.

von Joachim Goldberg

25. Juni 2025, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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