Christoph Mares: Lieber Hotelier als Diplomat
Der Vater leitete die Hamburger Staatsoper, die Mutter tanzte Ballett.Christoph Mares wollte Hotelier werden. Heute ist er Europa-Chef der Mandarin Oriental Hotel Group.
von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Herr Mares, die Mandarin-Oriental-Gruppe ist in Deutschland bislang nur in München mit einem Haus vertreten. Welche Pläne haben Sie?
Christoph Mares: Die Pläne für Deutschland sind sehr konkret, wir werden innerhalb von zwölf Monaten zu einer Entscheidung kommen. Als Möglichkeiten kommen das Rhein-Main-Gebiet, Nordrhein-Westfalen und Berlin infrage. Die Hauptstadt ist zwar grundsätzlich Favorit, aber im Luxusbereich eben schon sehr stark überbaut.
Was schwebt Ihnen vor?
Unsere Neueröffnungen müssen etwas völlig Neues darstellen, vom Design her etwas bringen, was man noch nie gesehen hat, eine Vision, eine Interpretation, wie beim gerade eröffneten Haus in Paris. Deshalb möchten wir kein bestehendes Hotel übernehmen, sondern lieber ein neues nach unseren Vorstellungen gestalten, mit 120 bis 140 Zimmern, und am liebsten in einem Altbau.
Was setzen Sie voraus?
Um unsere Vorstellungen von Luxus zu erfüllen, brauchen wir pro Zimmer mindestens zwei Mitarbeiter. Das erfordert in Deutschland einen Minimumzimmerpreis von 350 bis 400 Euro, bei einer durchschnittlichen Belegung von mindestens 60 Prozent. In unserem kleinen Münchner Hotel mit nur 73 Zimmern und hohem Suitenanteil kommen wir da sehr gut hin, mit einer durchschnittlichen Auslastung von um die 80 Prozent. In Berlin, Frankfurt oder Hamburg wird das schon schwierig.
Welche Bandbreite gibt es bei den Zimmerpreisen?
Hängt stark vom Standort ab. In Prag liegen wir zwischen 280 und 350 Euro, in Paris zwischen 850 und 1.100 Euro. Die Suiten kosten dort zwischen 1.850 und 20.000 Euro, ebenso in London.
Spüren Sie die Eurokrise?
In der Region Europa/Naher Osten hatten wir in den ersten acht Monaten des Jahres einen Umsatzanstieg von 25 Prozent gegenüber 2010 und steuerten auf eines der besten Jahre zu. Jetzt muss man das letzte Quartal abwarten. Wir rechnen mit einer Verlangsamung des Geschäfts.
Erreichen Sie Ihre Jahresziele?
Nach einem 2010er-Jahresumsatz in der Mandarin-Oriental-Gruppe von 1,1 Milliarden Dollar und einem Nettogewinn von 167 Millionen Dollar liegen wir für 2011 gut im Trend und werden unsere Ziele erreichen.
Woher kommt die Dynamik im europäischen Geschäft?
In unseren bislang sechs europäischen Hotels macht sich sehr stark eine geografische Verschiebung bemerkbar. War in den vergangenen Jahren das US-Geschäft dominant, kommt jetzt das Wachstum vor allem aus China, dem Nahen Osten und aus Südamerika. Das stellt neue Anforderungen in den Bereichen Speisen, Getränke, Service und hinsichtlich der Sprachkenntnisse unserer Mitarbeiter.
Können Sie konkreter werden?
Früher dominierte der Geschäftsreisende, der allein unterwegs war. Heute ist einer der Trends, dass Familien zusammen reisen, dementsprechend müssen die Zimmer anders konfiguriert werden. Gesündere und leichtere Ernährung ist ohnehin eine globale Erscheinung.
Was müssen Sie beim Essen berücksichtigen?
Ein gutes Beispiel ist unser neues Pariser Hotel mit seinem Chefkoch, dem Zwei-Sterne-Koch Thierry Marx, der zusammen mit der Harvard University die Auswirkung der Ernährung auf den Körper studiert hat und die Erkenntnisse in seine Menüs einbaut – also vorwiegende Verwendung von Eiweiß, etwa in weißem Fleisch und Fisch, Soßen, die statt mit tierischen Fetten mit ungesättigten Fetten wie Olivenöl gebunden werden, generell wenig Salz, regionale und saisonale Gemüse sowie wenig kurzkettige Kohlehydrate. Wir überlegen ferner, wie wir die Gerichte am elegantesten mit einer Kalorienauszeichnung versehen.
Ist das denn ein Problem?
Na ja, es sollte schon eine gewisse Eleganz haben. Denn wir sind eine Luxushotelkette und wollen nicht Diätkost wie in einem Kurhotel offerieren. Die Interpretation und Umsetzung einer gesunden Ernährung muss bei uns subtiler und innovativer einfließen.
Wie sehen Ihre Expansionspläne
in Europa aus?
Wir haben in der Region Europa, Naher Osten und Afrika derzeit sechs operative Häuser, und zehn sind in der Pipeline, sodass wir bis 2014/2015 rund 16 operative Häuser in der Region betreiben werden, bei insgesamt rund 42 weltweit.
Planen Sie Übernahmen?
Wir ziehen organisches Wachstum vor. Bei potenziellen Übernahmen in Europa oder Amerika wäre am ehesten eine kleine Hotelgruppe sinnvoll.
Über welche Mittel verfügen Sie?
Wir haben Barreserven von einer halben Milliarde Dollar und weitere Kreditlinien. Wenn das nicht reicht, unterstützt uns unser Haupteigner.
Ihr Vater hat die Hamburger Staatsoper geleitet, Ihre Mutter war dort jahrelang als Balletttänzerin engagiert. Wie kamen Sie aus diesem musischen Umfeld zur Hotellerie?
Die musikalische Ausrichtung in unserer Familie war schon sehr ausgeprägt. Mit meinen Eltern bin ich sehr früh zu den Salzburger Festspielen gefahren oder nach New York an die Met. „Zauberflöte“, „Ring“, „Meistersinger“ – zugegeben, das war im Alter von fünf, sechs Jahren nicht immer ein Vergnügen. Heute mag ich das natürlich. Und ich glaube, dass dieses elterliche Umfeld noch heute Einfluss hat auf meine Kreativität.
Wann wussten Sie, dass Sie Hotelmanager werden wollten?
Im Alter von 17 Jahren – ich begann eine Ausbildung zum Restaurantfachmann – führte ich Gespräche mit Fritz Bielefeld, dem damaligen General Manager von Interconti, und Gerd Prantner, dem damaligen General Manager des Vier Jahreszeiten. Sie zeigten mir die Möglichkeiten der Hotellerie auf, wie man eine Karriere aufbaut, welche praktischen Fähigkeiten man erlernen und welche Sprachen man sprechen sollte. Davon war ich tief beeindruckt. Als Alternativen hatte ich den diplomatischen Dienst und Medizin. Nach den Gesprächen war mir klar, dass es die Hotellerie wird.
zur Person:
Christoph Mares
Mandarin Oriental
Der gebürtige Hamburger ist seit 2009 Europa-Chef der Mandarin Oriental Hotel Group, einer südostasiatischen Hotelkette, die luxuriöse Häuser der Fünf-Sterne-Kategorie betreibt. Mit 17 begann er eine Ausbildung als Restaurantfachmann. Es folgten zwölf Jahre Auslandserfahrung in Paris, Genf, New York, Chicago, Bali, Dubai und London. Zwischen 2000 und 2008 leitete Mares als Generaldirektor die Mandarin Oriental Hotels in London, Paris und München.