MARKT-AUSBLICK/Schlagzeilenrisiko "Trump/China" steigt
DOW JONES--Auf eine weitere unruhige Börsenwoche sollten sich Anleger zum Start in den Juni einstellen. Denn während immer wieder die Aussicht auf kleine Zuckerchen besteht, wie eine eventuelle Zinssenkung durch die EZB, hängt das größte Risiko mit Trumps erratischer Zollpolitik ungelöst über den Märkten.
Zuletzt hat die Unsicherheit eher noch zugenommen. Erst machte ein US-Urteil des Internationalen Handelsgerichts gegen Zölle noch Hoffnung auf eine Rückkehr der Vernunft in das US-Politik-System, dann wurde sie direkt wieder zerschlagen von einem Berufungsgericht. "Die Halbwertszeit der Rahmenbedingungen für Exporteure sinkt in den Stundenbereich, das Schlagzeilenrisiko ist unkalkulierbar", sagte ein Stratege. Gerade ein exportempfindlicher Index wie der DAX sei bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von fast 19 nicht mehr billig genug, um Enttäuschungen auffangen zu können.
Derweil läuft die Zeit für eine Einigung im Zollstreit ab: Anfang Juli endet laut der Trump'schen Planung der 90-tägige Aufschub für Verhandlungen und weder aus der EU noch aus China ist von großen Fortschritten zu hören. Dazu passend sprach US-Finanzminister Bessent zuletzt von "stagnierenden" Gesprächen mit China.
Schaden ist so oder so angerichtet. Denn Trump entzieht mit seiner erratischen Politik jeglichen Planungen der Unternehmen die nötigen verlässlichen Grundlagen und bringt stattdessen Volatilität in das System. Als Folge schieben Firmen Entscheidungen zu Investitionen und damit auch Personaleinstellungen auf, wie Chef-Volkswirt Paul Donovan von der UBS anmerkt.
Mit dem Urteil des Berufungsgerichts sei die Unsicherheit nochmals gestiegen. Zunächst als nichtig erklärt, bleiben die Zölle zunächst bestehen und werden bis zu einer endgültigen richterlichen Entscheidung weiter geprüft. "Damit gibt es jetzt sogar drei Schichten von Unsicherheit", betont Donovan. Unklar sei, ob und wie die Zölle eingetrieben werden, ob es später Rückzahlungen geben werde und wie das Ganze in die Preisgestaltung von US-Firmen einfließe.
Unter dem Strich ist Commerzbank-Stratege Christoph Rieger vor dem Zoll-Hintergrund eher skeptisch für die Börsen: "Wir glauben, dass Risikoanlagen die Chancen für eine rasche Einigung zwischen USA und EU überbewerten und die wirtschaftlichen Schäden unter selbst 'moderaten' Zölle zunehmend unterschätzen". Er rät daher, die Erholung in zyklischen Titeln in den kommenden Wochen zum Ausstieg zu nutzen.
Indikatoren mit "Trump-Blessuren" und "China" im Fokus
Kommende Woche dürften vor allem Wirtschaftsindikatoren mit Spuren der Trump-Politik im Marktfokus stehen. Allerdings ist es für viele immer noch zu früh, Blessuren für die US-Wirtschaft zu zeigen. Dazu dürften der US-Arbeitsmarktbericht für Mai am Freitag oder der Konjunkturbericht "Beige Book" der US-Notenbank aus den Regionen am Mittwoch gehören.
Spuren der Trump-Handelspolitik dürften aber am Montag die Revisionen der Einkaufsmanagerindizes rund um den Globus zeigen. Ebenso im Wochenverlauf die Komponenten für neue Aufträge innerhalb der wichtigen ISM-Indizes für Industrie und den Service-Bereich. Auch aus China kommen wichtige Daten: Der Caixin-Einkaufsmanagerindex für die dortige Privatwirtschaft. Das chinesische BIP für das erste Quartal dürfte dagegen noch zu träge für neue Informationen sein.
China dürfte dessen ungeachtet das Schlagwort schlechthin bleiben. Denn sollte die Börsen irgendwann die Nachricht von einer Zoll-Einigung zwischen den USA und China erreichen, wäre auch eine 1000-Punkte-Rally im DAX und/oder Dow-Jones-Index nicht unwahrscheinlich.
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May 30, 2025 06:20 ET (10:20 GMT)