Nachwachsende Rohstoffe

Natürlich gut: Hier sind Sie nicht auf dem Holzweg

08.04.15 15:00 Uhr

Natürlich gut: Hier sind Sie nicht auf dem Holzweg | finanzen.net

Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen und darauf basierenden Technologien etabliert sich zunehmend in einer Vielzahl von Branchen. Auch für Anleger ist der Trend attraktiv.

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von Julia Gross, €uro am Sonntag

Samen von Lupinen erfahren im vorpommerschen Grimmen eine Hightech-Behandlung. Die Hülsenfrüchte aus den Pflanzen mit den üppigen weißen oder lilafarbenen Blüten werden mit überkritischem Kohlen­dioxid entölt, in stählernen 2000- Liter-Bottichen gekocht und schließlich mit Säure behandelt. Das dadurch abgetrennte Lupineneiweiß trocknet im Spezialofen zu feinkörnigem Pulver. Fertig ist der Grundstoff für vegane Joghurts, Puddings und eine bereits im Supermarkt erhältliche Eiscreme.

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Für das Verfahren erhielten die Entwickler Ende 2014 den mit 250 000 Euro dotierten Deutschen Zukunftspreis. Das Lupineneis ist eines von vielen Vorzeigeprojekten der Bundesregierung, wenn es darum geht, Produkte und Prozesse auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen zu entwickeln. In Zeiten von Klimawandel und hoher Abhängigkeit von Erdöl verweist Bundesforschungsministerin Johanna Wanka gern auf Autoreifen aus Löwenzahn aus dem Hause Continental, Fischer-Biodübel mit hohen Anteilen von ­Rizinusöl oder Puma-Sneaker aus Recyclingleder.

Spannende, zukunftsträchtige Entwicklungen. Ihre Stärken spielen solche sogenannten biobasierten Herstellungsverfahren jedoch längst weniger spektakulär, dafür aber höchst effektiv in einer Vielzahl von Branchen aus. Vom Automobilsektor bis zur Textilindustrie: Überall gibt es Anstrengungen, auf Erdöl basierende Chemikalien durch solche aus nachwachsenden Rohstoffen zu ersetzen. Durch den Einsatz von Enzymen und Mikroorganismen ver­suchen Ingenieure außerdem, den Energie- oder Wasserverbrauch von Herstellungsprozessen zu senken.

Effizienter, billiger, nachhaltiger
Nicht alle diese Versuche sind wirtschaftlich erfolgreich. Doch inzwischen gibt es immer mehr Beispiele dafür, dass biobasierte Verfahren der herkömmlichen Produktion überlegen sein können. Beispielsweise, indem sie Werkstoffe mit neuen Eigenschaften erzeugen. Meistens jedoch sind sie schlichtweg effizienter - und nachhaltiger sowieso.

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Holger Zinke, Chef der nicht börsennotierten Biotechfirma Brain, sieht in der Entwicklung Parallelen zum Wandel in der Pharmaindus­trie. Dort wird heute rund ein Drittel aller neuen Medikamente biotechnologisch, also in lebenden Zellen, hergestellt: "Biologisches Wissen und Moleküle wie Antikörper haben chemisch synthetisierte Wirkstoffe als Innovationskern und Wachstums­treiber abgelöst und die Industrie transformiert." Eine ähnliche Ver­änderung könnte demnach in den kommenden Jahrzehnten auch die Chemieindustrie umkrempeln.

Das bietet enorme Wachstumschancen für innovationsstarke Unternehmen. Zudem erhält der Sektor reichlich Rückenwind aus der Politik. So fördert Deutschland beispielsweise mit 2,4 Milliarden Euro die Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie. Die EU setzt bis 2020 mit 3,7 Milliarden Euro auf Public-Private-Partnerships im Bereich biobasierte Industrie, und auch die meisten anderen Industrieländer investieren kräftig in dem Bereich.

Was der Einsatz biobasierter Technologien konkret bewirken kann, müssten eigentlich viele Verbraucher aus eigener Erfahrung wissen: Noch in den 70er-Jahren war fast jede zweite Wäsche im Haushalt eine Kochwäsche. Die Maschinen schluckten über 200 Gramm Waschpulver pro Waschgang. Heute heizen wir das Waschwasser bei weniger als einem Zehntel aller Waschgänge auf 90 Grad. Die Pulvermenge beträgt im Durchschnitt 75 Gramm.

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Dass die Wäsche - obwohl die aktuellen Maschinen auch deutlich weniger Wasser verbrauchen - trotzdem in der Regel sauber wird, ist Enzymen zu verdanken. Diese Eiweißmoleküle ermöglichen chemische Reaktionen, wie zum Beispiel den Abbau von Speiseflecken, bei niedrigen Temperaturen. Rund 80 Prozent aller Waschmittel enthalten heutzutage solche Moleküle.

Längst bewähren sich Enzyme auch im industriellen Einsatz. So entfernen sie in einem kurzen Spül-schritt mit warmem Wasser Wasserstoffperoxid, das beim Bleichen von Textilien zum Einsatz kommt. Das konventionelle Verfahren bedarf mindestens zweier Spülgänge mit 80 bis 90 Grad heißem Wasser über zwei Stunden hinweg. Danach muss oft noch mit anderen Chemikalien nachbehandelt werden, um das aggressive Wasserstoffperoxid ganz loszuwerden. Die Innovation spart also Wasser, Energie und aufwendige Abwasseraufbereitung.

Ähnliche natürliche "Helfer" finden heute in zahlreichen Branchen Verwendung. Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass bei der Nahrungsmittelproduktion weniger krebserregendes Acrylamid entsteht. Sie stecken in Reinigungsmitteln und verringern den Einsatz von Chemikalien beim Gerben von Leder. Aus der Produktion von Biokraftstoffen, insbesonders von solchen aus Holz oder Stroh, sind sie gar nicht wegzudenken.

Unbekannter Marktführer
Mit 48 Prozent Marktanteil ist der dänische Konzern Novozymes der wichtigste Hersteller von Enzymen weltweit. Das Unternehmen wurde vor 15 Jahren vom Pharmaunternehmen Novo Nordisk abgespalten und gehört mehrheitlich einer Stiftung. Die relativ unbekannte Fir­ma Novozymes gilt als echte Perle. Das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" kürte Novozymes beispielsweise zu einem von 100 Unternehmen, die es auch in 100 Jahren noch geben werde - aufgrund ihrer großen Innovationskraft, die immer wieder ganze Produktionsbereiche transformiert. "Wir schätzen beispielsweise, dass in den kommenden Jahren 25 Prozent aller bei Haushaltsreinigern eingesetzten Tenside durch Enzyme von Novo­zymes ersetzt werden", sagt Jeffrey Zekauskas, Analyst bei der Investmentbank J P Morgan.

Um Ersatz geht es auch bei der zweiten großen Domäne der biobasierten Produktion. Aus verschiedenen nachwachsenden Rohstoffen lassen sich nämlich exakt die gleichen Basischemikalien herstellen, die sonst konventionell auf Grundlage von Erdöl synthetisiert werden. Der Vorteil solcher Verbindungen mit "grüner" Herkunft: Sie lassen sich ohne Weiteres in bestehende Herstellungsprozesse von Kunststoffen, Beschichtungen, Farben oder Fasern integrieren. "Drop-in"-Lösung nennen das die Experten.

So gibt es heute verschiedene Verfahren, die aus pflanzlichen oder tierischen Rohstoffen die Ausgangssubstanzen für die Produktion verschiedener Kunststoffsorten produzieren: etwa Polyamide, die häufig als Konstruktionswerkstoffe in der Automobilindustrie verwendet werden, oder Polyesterharze, die zu Gerätegehäusen und Isolationsmaterial weiterverarbeitet werden können.

Dabei hat die Industrie aus den Erfahrungen mit Biokraftstoffen der ersten Generation, die zum Beispiel aus Mais hergestellt werden, gelernt: Die Firmen konzentrieren sich hauptsächlich auf Rohstoffe, die als Nahrungsmittel nicht infrage kommen. Für die Produktion von Bioplastik werden derzeit weniger als 0,02 Prozent der weltweiten Landwirtschaftsflächen genutzt. Im Fokus der Hersteller stehen vor allem Pflanzen- und Holzabfälle, vereinzelt kommen auch Bestandteile von nicht verkehrsfähiger Milch oder Speiseölabfälle aus der Gastronomie zum Einsatz.

Hoch diversifiziert
So stellt die norwegische Firma Borregaard aus Zellstoff, der bei der Holzverarbeitung anfällt, eine ex­trem vielseitige Produktpalette her. Die Bandbreite reicht von Kunststoffen über Nahrungsmittelzusätze bis hin zu Textilfasern. Bei der Extraktion der Zel­lulose fällt außerdem Lignin an, das Borregaard zu Binde- und Dispersionsmitteln verarbeitet. Diese breite Diversifizierung sorgt für Stabilität im Unternehmen, das Geschäft ist weniger konjunkturabhängig als bei klassischen Chemiekonzernen.

Für Spezialisten wie Borregaard und Novozymes sind biobasierte Produkte und Technologien bereits ein glänzendes Geschäft. Doch selbst bei BASF, dem größten Chemiekonzern der Welt, machen nachwachsende Rohstoffe mittlerweile 4,5 Prozent des weltweiten Rohstoffeinkaufs aus. Lupineneis mag sich vielleicht nicht durchsetzen - der Trend an sich aber ist nicht mehr aufzuhalten.

Investor-Info

Novozymes
Unbekannter Branchenprimus
Seit der Abspaltung von Novo Nordisk 2000 hat sich der Aktienkurs der Dänen mehr als verachtfacht. Novozymes ist unangefochtener Marktführer und wächst seit Jahren kontinuierlich. Die Aktie ist teuer, aber ein lohnendes Langfristinvestment.

Borregaard
Verdienen auf dem Holzweg Die südlich von Oslo ansässige Firma ist im vergangenen Jahr als "smartester Industriebetrieb Norwegens" ausgezeichnet worden. Borregaard produziert Spezialchemikalien für verschiedene Branchen auf der Basis von Holz. Spannendes, zukunftsträchtiges Investment, gut als Beimischung geeignet.

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Bildquellen: Africa Studio / Shutterstock.com, Alex011973 / Shutterstock.com

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