Protonet

Von der Rekordfinanzierung in die Pleite: Wie ein Startup trotz guter Idee scheiterte

22.02.17 16:55 Uhr

Von der Rekordfinanzierung in die Pleite: Wie ein Startup trotz guter Idee scheiterte | finanzen.net

Für viele galt Protonet als Star der Startup-Szene. Doch jetzt hat das Hamburger Hardware-Unternehmen seinen Glanz verloren und musste Insolvenz anmelden.

Im Mai 2014 sorgte ein kleines Startup für Aufsehen. Zwei junge Hamburger hatten eine Server-Box zur Datenspeicherung entwickelt und suchten dafür Investoren. Hierfür wandten sie sich aber nicht an Banken, sondern konnten Crowdinvestoren von ihrer Geschäftsidee überzeugen. Innerhalb von gerade mal sechs Tagen konnte Protonet über eine Schwarmfinanzierung im Internet mehr als drei Millionen Euro von 1.800 Kleininvestoren einsammeln und hat damit zugleich einen neuen Weltrekord aufgestellt.

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Doch nun folgt die Ernüchterung: Im Februar 2017 sind weitere Finanzierungsverhandlungen mit Geldgebern endgültig geplatzt. "Weil die Betriebs GmbH bereits seit Anfang 2016 nicht erfolgreich wirtschaftet, ist es uns ab sofort leider nicht mehr möglich, unseren Betrieb weiter zu tragen", heißt es deshalb in einer Mitteilung, in der die Investoren über die Insolvenz informiert werden.

Für Nutzer von Protonet-Servern hat dies zunächst kaum Auswirkungen, schließlich benötigen die Server keine Verbindung zum Hersteller, sondern funktionieren autark. Jedoch müssen sich die Kunden darauf gefasst machen, dass der DNS-Dienst des Unternehmens womöglich bald eingestellt wird. Zudem steht noch nicht fest, ob auch die Softwareentwicklung eingestellt wird. In diesem Fall würden künftig keine Updates bereitgestellt, falls Sicherheitslücken auftreten sollten.

Wie Protonet-Geschäftsführer Ali Jelveh gegenüber "t3n" erklärte, ist es denkbar, dass sich ein Käufer für die Protonet-Software finde und diese fortführe. Ferner weise die US-Mutter Protonet Inc. weniger Altlasten als die deutsche GmbH aus.

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Erfolg wollte sich nicht einstellen

Vor dem Hintergrund des NSA-Abhörskandals rund um die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden schien Protonet an einem vielversprechenden Produkt zu arbeiten: Eine Serverbox mittels derer Daten anstatt in der Cloud sicher zu Hause oder in der Firma gespeichert werden können. Angesichts der globale Überwachung durch die Geheimdienste schien Protonet mit Hard- und Software "made in Germany" eine sichere Alternative zur Verschlüsselung, Übertragung und Speicherung von Daten anzubieten.

Doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt. Fachleute halten die orangefarbene Box für nicht ganz so sicher wie behauptet und Kunden beklagen Mängel bei der Benutzerfreundlichkeit. Das Produkt scheint noch nicht reif für den Massenmarkt zu sein, das spiegelt sich auch in den enttäuschenden Absatzzahlen wieder. Der erhoffte Geldsegen blieb folglich aus.

Deutlicher Wertverlust

Nachdem schwarze Zahlen ausblieben, konnte Protonet Anfang 2016 auf den ersten Blick einen Erfolg vermelden: Das legendäre US-Gründerzentrum Y Combinator stieg bei Protonet ein. Doch bei genauerem Hinsehen wurden die Crowdinvestoren stutzig. Denn der Investor aus dem Silicon Valley zahlte für eine Beteiligung von sieben Prozent gerade mal 120.000 Dollar oder umgerechnet gut 100.000 Euro. Das entspricht einem angenommenen Firmenwert von rund 1,7 Millionen Dollar. Viele der Crowd-Geldgeber sahen sich daraufhin hintergangen, schließlich war das Unternehmen im Jahr 2014 noch mit 11,9 Millionen Euro bewertet worden.

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Weil Y Combinator aus rechtlichen Gründen verlangte, dass eine neue US-Gesellschaft nach amerikanischem Recht gegründet wird, wurde der komplette Geschäftsbetrieb, also Produkte, Maschinen und Kunden, in eine neue US-Muttergesellschaft, die Protonet Inc., verlagert. Von der ursprünglichen Protonet GmbH, in die die Crowdinvestoren 2014 noch drei Millionen Euro investiert hatten, blieb nur noch eine leere Hülle. Üblich ist bei einem solchen Exit-Ereignis, dass die Crowdinvestoren ihr investiertes Geld zurückerhalten und dabei noch einen Gewinn einstreichen. Doch das Geld, um die deutschen Investoren auszuzahlen, war nicht da.

Ideale verraten

Aber nicht nur finanziell sahen sich die Investoren getäuscht. Vielen Unterstützern war auch das Gefühl von Datensicherheit wichtig. Für die Privatinvestoren hat Protonet deshalb mit der Überführung ihres Geschäfts in die USA seine eigenen Ideale verraten.

Redaktion finanzen.net

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