ROUNDUP/IAB-Studie: Tarifflucht der Betriebe setzt sich fort
NÜRNBERG (dpa-AFX) - Die Bindung an Tarife verliert in den Unternehmen in Deutschland immer mehr an Bedeutung. Nur noch weniger als die Hälfte aller Beschäftigten arbeiten in Betrieben, die entweder einem Branchen- oder einem Haustarifvertrag des jeweiligen Unternehmens unterliegen, ermittelte das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in seinem Betriebspanel.
41 Prozent aller Beschäftigten sind demnach in Unternehmen tätig, die einem Branchentarifvertrag angehören. Das sind 26 Prozentpunkte weniger als 1996. Für acht Prozent der Beschäftigten gelten Haustarifverträge. In Ostdeutschland ist die Tarifbindung weit weniger verbreitet als im Westen.
Vor allem Privatwirtschaft
"Die sinkende Tarifbindung ist weitestgehend auf den Rückgang der Branchentarifbindung in der Privatwirtschaft zurückzuführen, denn im öffentlichen Sektor blieb diese weitgehend stabil", sagte IAB-Forscherin Susanne Kohaut.
Fast die Hälfte aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft (48 Prozent) arbeiteten in Betrieben, die weder tarifgebunden sind, noch über einen gesetzlich verankerten Betriebsrat verfügten. "Betriebe mit Betriebsrat weisen im Durchschnitt eine höhere Produktivität auf, haben weniger Personalfluktuation und bieten höhere Löhne sowie mehr Arbeitszeitflexibilität", betonte IAB-Forscher Christian Hohendanner. Für das IAB-Betriebspanel werden jährlich rund 15.500 Betriebe befragt.
Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) wies daraufhin, dass neben den tarifgebundenen Unternehmen weitere 25 Prozent der Beschäftigten bei Unternehmen tätig seien, die ihre Bedingungen etwa hinsichtlich Arbeitszeit und Bezahlung an die Flächentarife anlehnten..
"Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir zum Erhalt der Attraktivität einfachere und flexiblere Tarifverträge brauchen. Im Tarifbereich ist es notwendig und überfällig, mit Öffnungsklauseln und dauerhaften variablen Elementen den Flächentarifvertrag für Firmen mit differenzierten Belangen attraktiver zu machen", sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt./dm/DP/he