Starke Verzögerungen

Research-Monitor: Patientenrekrutierung in der Krise eingebrochen

31.05.20 08:00 Uhr

Research-Monitor: Patientenrekrutierung in der Krise eingebrochen | finanzen.net

Pharma- und Biotechunternehmen gelten in der aktuellen Krise als Gewinner. Das liegt an zweierlei Gründen. Aber ganz ungeschoren kommen auch sie nicht davon.

von Julia Groß, €uro am Sonntag

Einerseits, weil Pharma- und Biotechunternehmen mit der Entwicklung von Medikamenten gegen ­Covid-19 im Rampenlicht stehen, andererseits, weil ihr Geschäft unbeeinflusst von Konjunktureinbrüchen weiterläuft. Die Sorge, es könne zu Lieferengpässen bei Arzneimitteln kommen, weil deren Vorprodukte fast ausschließlich in China hergestellt werden, hat sich als weitgehend unbegründet herausgestellt. Patienten können auch in einer Pandemie nicht auf Medikamente gegen Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs verzichten.

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Ganz ungeschoren kommen jedoch auch die Herstellerfirmen nicht davon. Wenn Pharmaunternehmen neue Medikamentenkandidaten testen, bedeutet das im Normalfall, dass Patienten zu regelmäßigen Untersuchungen in den Studienzen­tren erscheinen müssen. Aufgrund der ­Risiken für die Freiwilligen und das Personal führten viele Firmen nur die notwendigsten Besuche fort. Die Aufnahme von neuen Teilnehmern, die zum Start oft ­besonders ausführlich durchgecheckt werden und langwierige Aufklärungsgespräche führen müssen, ist deutlich zurück­gegangen.

Daten der Marktforschungsfirma Medidata zufolge sank die Patientenrekrutierung im März global um durchschnittlich 65 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, in Ländern wie Groß­britannien oder Indien sogar um über 80 Prozent. Am stärksten betroffen waren Studien mit Wirkstoffen zum Hormon-, Herz-Kreislauf- und Nervensystem. Bei Krebserkrankungen ging die Zahl der Neurekrutierungen "nur" um etwa die Hälfte zurück.

Das wird zu Verzögerungen bei der Zulassung neuer Medikamente führen. Die Firmen spielen das Ausmaß bislang in ihren Quartalsmitteilungen herunter. Tatsächlich fallen Verschiebungen für große Konzerne nicht so sehr ins Gewicht. Für Start-ups, die auf Daten angewiesen sind, um neues Geld am Kapitalmarkt einzuwerben, können sie existenzbedrohend sein.

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Bildquellen: Istockphoto, 123RF