Quo Vadis? Trump spielt mit dem Feuer

Das Trump’sche Zoll-Chaos lässt mich unwillkürlich an eine Szene aus dem Filmepos Quo Vadis von 1951 denken, in dem Sir Peter Ustinov den wahnsinnigen Kaiser Nero verkörpert: Während Rom brennt, blickt Nero fasziniert auf das Flammenmeer - singend, als wäre er bloß Zuschauer. Die Verantwortung für das Chaos schiebt er anderen in die Schuhe.
Zugegeben: Die Welt steht heute nicht buchstäblich in Flammen. Doch die Handels- und Zollpolitik des US-Präsidenten wirkt wie ein riskantes Spiel mit dem Feuer. Was da noch folgt, ist ungewiss. Genau diese Unsicherheit spüren wir an den Finanzmärkten: Die Volatilität hat spürbar zugenommen.
Wer mit der erneuten Wahl Trumps eine Fortsetzung der US-Rallye auch 2025 erwartet hatte, wurde auf dem falschen Fuß erwischt. Die Euphorie um amerikanische Technologiewerte scheint vorerst vorbei. Politische Entscheidungen, die sogar eine Rezession oder Stagflation billigend in Kauf nehmen, haben die Rahmenbedingungen in den USA massiv verschlechtert.
Der US-Leitindex S&P 500 und der Nasdaq verzeichnen bereits seit Jahresbeginn deutliche Verluste. Mit der Ankündigung neuer Zölle der USA gegen den Rest der Welt hat sich dieser Trend verschärft. Auch Europa und China spüren die Auswirkungen, doch innerhalb der einzelnen Sektoren gibt es enorme Spreizungen zwischen Siegern und Verlierern dieser Politik. Während einige Unternehmen verlieren, ergeben sich für andere interessante Chancen, die auch Anleger nutzen sollten.
Tech-Werte: Vorteil für China
Den makroökonomischen Gegenwind spüren vor allem die hoch bewerteten Wachstumswerte in den USA. US-Technologiekonzerne wie zum Beispiel Apple sind doppelt vom Handelskonflikt betroffen: Durch die Produktion in China und den Absatzmarkt dort.
Derweil befinden sich chinesische Technologiewerte dank staatlicher Rückendeckung im Aufholmodus. Sollten die angekündigten Zölle so in Kraft treten, könnten Chinas IT-Schwergewichte weiter profitieren, da sie den Großteil ihrer Umsätze im Inland erzielen. Dies trifft ebenso auf chinesische Mobilitätsaktien, Autobauer und Lieferanten von KI-Komponenten zu.
Portfolios brauchen jetzt aktives Management
Mit Blick auf die deutsche Wirtschaft geraten neben den bekannten Sorgenkindern aus der Automobil- und Chemiebranche nun Textil- bzw. Sportartikelhersteller in den Fokus. Da sie vielfach in Asien fertigen, fallen die kumulierten Zölle doppelt so hoch aus und werden am Ende das Ergebnis und die Margen drücken.
Die bessere Wahl sind für Anleger daher Unternehmen, die v.a. am Heimatmarkt tätig sind und wenig in die USA exportieren. Energieversorger gehören hier zu den aussichtsreichen Kandidaten. Auch wenn US-Tech-Unternehmen unseren Alltag weiterhin prägen werden, könnten aktuelle politische Entwicklungen eine neue Ausrichtung von Aktienportfolios notwendig machen.
Zu Jahresbeginn konnten sich die chinesischen, aber auch europäische Aktienmärkte von den US-Titeln absetzen. Die im Durchschnitt niedrigeren Bewertungen, die beschlossene Fiskalwende in Deutschland, Bürokratieabbau und das nötige stärkere Zusammenrücken innerhalb der EU, könnten dazu führen, dass europäische Aktien während der Präsidentschaft von Trump die Nase vorne haben. Wer also rein passiv auf den MSCI World setzt - der stark von US-Werten dominiert wird - könnte Chancen in Europa und Asien verpassen.
Von Thorsten Göhl, KSW Vermögensverwaltung AG, Nürnberg
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