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Teurer als es ist? - Inflationsrate: Die Wahrnehmung der Verbraucher und die Realität

29.04.22 06:34 Uhr

Teurer als es ist? - Inflationsrate: Die Wahrnehmung der Verbraucher und die Realität | finanzen.net

Bei Umfragen über die Höhe der Inflation fällt immer wieder auf: Die gefühlte Inflation ist oftmals deutlich über der realen Inflation. Doch woran liegt das?

Den Umfragen der Europäischen Kommission zur Folge, liegen gefühlte und reale Inflation so weit auseinander wie schon lange nicht mehr.

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Was sind gefühlte und reale Inflation?

Wie bereits erwähnt kann es vorkommen, dass reale und gefühlte Inflation bei den Verbrauchern deutlich voneinander abweichen.

Grundsätzlich wird die Inflation mithilfe eines repräsentativen Warenkorbes gemessen, in diesem befindet sich eine Auswahl verschiedenster Güter und Dienstleistungen. Die Preisentwicklung, auch bekannt als der Verbraucherpreisindex dieses Warenkorbes bildet dann die Grundlage für die reale Inflationsrate. Als die gefühlte Inflation wird die Teuerungsrate bezeichnet, die das subjektive Empfinden der Verbraucher widerspiegelt und deshalb von der realen Inflationsrate abweichen kann.

Den Umfragen der Europäischen Kommission zur Folge ist dieser Unterschied während der Corona-Krise noch einmal deutlich gewachsen. Demnach lag die reale Inflationsrate der Eurozone im ersten Quartal 2020 bei 1,10 Prozent, die gefühlte Inflation lag hingegen bei 5,53 Prozent. Im zweiten Quartal, während der Pandemie sank die offizielle Inflationsrate dann auf 0,22 Prozent. Die gefühlte Inflation stieg hingegen auf 6,85 Prozent. Woran könnte das liegen?

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Auf die persönliche Wahrnehmung kommt es an

Der Hauptgrund für diese Differenzen ist, dass Verbraucher die Preissteigerung bei Produkten des täglichen Bedarfs deutlicher wahrnehmen. Gemeint sind damit Waren wie Brot, Milch oder Benzin.

Produkte, die nur im Abstand von mehreren Jahren angeschafft werden, fallen hingegen nicht so stark ins Auge der Verbraucher. Außerdem ist erwiesen, dass Menschen Preiserhöhungen bewusster wahrnehmen als Preissenkungen.

Hinzu kommt, dass die Güter beim repräsentativen Warenkorb eine unterschiedliche Gewichtung erhalten. Dienstleistungen erhalten eine geringere Gewichtung als beispielsweise Lebensmittel. Diese Gewichtung wird in der Regel alle fünf Jahre angepasst, da diese den tatsächlichen Anteil eines durchschnittlichen Haushalts möglichst genau widerspiegeln soll und somit ein längerfristig verändertes Kaufverhalten berücksichtigt werden kann.

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Kritik an der Berechnung der Inflation

Kritiker der Inflationsmessung, wie der Wirtschaftswissenschaftler Gunther Schnabl von der Universität Leipzig, haben laut dem Handelsblatt dazu folgende Meinung: "Die Preise, die in den Läden ausgewiesen werden, finden sich nicht zwingend in den offiziellen Inflationszahlen wieder, da sie von den statistischen Behörden verändert werden."

Gemeint ist die Anpassung verschiedener Güter aufgrund von Qualitätsverbesserungen oder -verschlechterungen. Laut Schnabl können vor allem Qualitätsverschlechterungen nur sehr schwer mit in die Betrachtung einbezogen werden, was die gesamte Berechnung verzerrt, wie der MDR schreibt.

Laut Schnabl ist ein weiteres Problem, dass die starken Preissteigerungen bei Immobilien in den letzten Jahren nicht mit in die Berechnung einbezogen werden: "Man sagt, dass in Deutschland ungefähr 50 Prozent der Menschen in einer eigenen Immobilie wohnen beziehungsweise eine eigene Immobilie besitzen. Und es gibt immer noch viele junge Leute, die gerne für sich oder ihre Familie eine Immobilie hätten. Und damit ist der Preis der Immobilie sehr entscheidend für die Kaufkraft dieser Menschen."

Laut Schnabl wäre die Inflationsrate unter Berücksichtigung von Qualitätsanpassungen und der Immobilienpreise bei mehr als zwei Prozent. Für die EZB hingegen ist eine möglichst niedrige Inflationsrate einer der wichtigsten Punkte für die Fortsetzung ihrer lockeren Geldpolitik.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Meryll / Shutterstock.com