Aktienstrategie-Kolumne Wolfgang Braun

Schwarze Listen

06.05.10 10:30 Uhr

Schwarze Listen | finanzen.net

Die Spekulanten sind an der Krise um Griechenland und andere EU-Staaten schuld.

Deshalb sollen alle Zocker, die gegen die Griechen gewettet haben, auf eine schwarze Liste gesetzt und gebrandmarkt werden. Solche Stimmen hört man aktuell von führenden Vertretern der CSU. Jetzt will ich an dieser Stelle Spekulanten sicher nicht übermäßig in Schutz nehmen. Aussagen, die vor Inkompetenz strotzen und offenbar kein Quäntchen Selbstkritik beinhalten, sollte man aber schon richtig stellen.

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Ursache für das derzeitige Desaster ist die seit Jahrzehnten praktizierte, völlig verfehlte Finanzpolitik in faktisch allen Industrieländern. Jeder halbwegs vernünftige Mensch weiß, dass er nicht kontinuierlich mehr Geld ausgeben kann als er einnimmt. Nur bei unseren Politikern ist diese Erkenntnis nie angekommen. Das Parteibuch spielt dabei keine Rolle: Seit Gründung der Bundesrepublik ist die gesamtstaatliche Verschuldung in jedem Jahr gestiegen. Schuld an der laufenden Krise sind also die Politiker selbst, die mit den Staatshaushalten seit Jahrzehnten Vabanque spielen und jetzt den „Schwarzen Peter“ an die Spekulanten abdrücken wollen. Die steigenden Anleihezinsen, die Griechenland letztlich das Genick gebrochen haben, sind weniger Ergebnis von Spekulation als von vernünftiger Markteinschätzung. Keine Bank würde einem hoffnungslos überschuldeten Unternehmen oder Privatmann einen Kredit für lumpige fünf Prozent Zinsen geben. Warum sollte man das von Anleiheinvestoren verlangen? Hohe Risiken, müssen auch mit hohen Renditechancen belohnt werden.

Ohnehin ist es ein Witz, wenn Politiker über Manipulationen von Spekulanten am Anleihemarkt meckern. Von fairen Preisen in diesem Sektor sind wir seit Monaten meilenweit entfernt. Die Federal Reserve etwa hat eine dreistellige Milliardensumme in den Aufkauf von US-Anleihen investiert. Auch andere Industriestaaten halten die Zinsen so künstlich auf einem für die desolaten Staatskassen erträglichen Niveau. Nur durch diese Eingriffe lässt sich erklären, dass die Zinsen nahe ihrer Rekordtiefs stehen, obwohl die Industrieländer in neuen Schulden geradezu ersaufen. Wenn die CSU eine schwarze Liste mit Marktmanipulateuren erstellt, sollte sie die Notenbanken an die oberste Stelle setzen.

Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de

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