Aktien: Darum in die Ferne schweifen

Zu große Heimatliebe kostet bei der Geldanlage Rendite und erhöht das Risiko. Statt überwiegend auf DAX-Titel zu setzen, sollten deutsche Anleger daher auch US-Aktien und asiatische Werte in den Blick nehmen.
Da weiß man, was man hat: Wenn deutsche Anleger in Aktien investieren, setzen sie am liebsten auf bekannte DAX-Werte. Allianz, Daimler, Siemens & Co. gelten ihnen als vergleichsweise sichere Investments, deren Chancen und Risiken sich besser beurteilen lassen als diejenigen von Unternehmen aus Übersee oder Asien. Schließlich sind sie als Mitglieder des deutschen Leitindex besonders präsent in den deutschen Medien; möglicherweise kennen Anleger zudem Mitarbeiter des ein oder anderen DAX-Unternehmens. Und wer als Aktionär will, kann mit geringem Aufwand an den jeweiligen Hauptversammlungen teilnehmen und sich über die aktuellen Zahlen und die Aussichten für das Geschäft informieren.
Für viele Anleger macht diese Nähe zu den Unternehmen ein Investment greifbarer und komfortabler als einen Einstieg in US-Aktien, japanische Werte oder gar Titel aus den Schwellenländern. Entsprechend hoch gewichtet sind deutsche Werte in vielen deutschen Aktienportfolios. Das gleiche Anlegerverhalten findet sich übrigens in den Portfolios von US-Amerikanern und Briten. Hier findet man in den Portfolios einen überproportionalen Anteil an US-Aktien respektive Titeln aus Großbritannien.
Diese als "Home Bias" bekannte Heimatverbundenheit bei der Geldanlage ist also ein weit verbreitetes Phänomen - und eines, das regelmäßig die Rendite schmälert oder das Risiko erhöht. Denn das Gefühl der Stabilität und Sicherheit, das mit bekannten Namen und umfangreicher Berichterstattung einhergeht, ist trügerisch. Der Informationsvorsprung, der deutsche Anleger eher zur Adidas- als zur Nike-Aktie greifen lässt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Illusion: Nur weil über den Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach hierzulande mehr zu lesen ist als über den US-Konkurrenten, laufen seine Geschäfte und der Aktienkurs nicht zwangsläufig besser. Zur Selbstüberschätzung, was die Fähigkeit zur Beurteilung heimischer Unternehmen angeht, gesellt sich zudem häufig eine Unterschätzung des Risikos der entsprechenden Aktien, wie Studien zum "Home Bias" belegen. Gleichzeitig überschätzen sie systematisch das Risiko ausländischer Aktien - mit dem Ergebnis, dass diese Papiere in vielen Fällen gemieden werden.
Dazu trägt auch bei, dass sie in einer fremden Währung notieren. Während die Aktien deutscher Konzerne in Euro gehandelt werden und auch ihre Dividenden in Euro ausgeschüttet werden, müssen Anleger Kursentwicklung und Ausschüttungen ausländischer Aktien erst in Euro umrechnen und im Zweifelsfall die Wechselkurse im Blick behalten. Vielfach übersehen sie dabei, dass sich aus einer Streuung über unterschiedliche Währungen auch Chancen ergeben können, wie beispielsweise die Entwicklung des Dollar gegenüber dem Euro in den vergangenen zwölf Monaten gezeigt hat. Zwar haben exportorientierte deutsche Unternehmen vom schwächeren Euro profitiert, ebenso allerdings Anleger, die auf US-Titel gesetzt haben: Ihnen hat die Dollar-Aufwertung ein zusätzliches Plus beschert. Und angesichts der Entwicklung in Griechenland ist derzeit alles andere als klar, ob der Euro künftig für die Stabilität stehen wird, die deutsche Anleger noch immer von ihm erwarten.
Und auch deutsche Unternehmen waren nicht zu jeder Zeit der Stabilitätsanker, als der sie angesichts guter Geschäfte zurzeit angesehen werden. So führt die Branchenstruktur des DAX dazu, dass der Index stärker schwankt als viele andere Börsenbarometer und beispielsweise 2011 fast 15 Prozent verloren hat, während der US-Index S&P 500 zumindest seitwärts gelaufen ist. Viele Branchen sind zudem gar nicht oder nur in homöopathischer Dosis vertreten: Weder finden sich Technologiewerte in nennenswertem Ausmaß im Index, noch sind beispielsweise Öl- und Gasunternehmen präsent.
Wer Wert auf ein ausgewogenes Aktien-Portfolio legt, sollte daher einen maßgeblichen Anteil seines Kapitals außerhalb Deutschlands investieren und auch Branchen berücksichtigen, die im DAX nicht vertreten sind. Es müssen nicht gleich exotische Märkte sein, aber einige US-Werte und ein paar asiatische Titel können die Chancen erhöhen und gleichzeitig die Risiken begrenzen. Eine einfache Möglichkeit, breiter zu streuen, bieten Zertifikate. Mit ihnen können Anleger ohne höheren Aufwand auf so gut wie jeden Markt und jede Branche setzen.
Christine Romar ist Director Warrants & Certificates bei der Citigroup Global Markets Deutschland AG. Die Produktexpertin ist für den Bereich der Anlagezertifikate bei der Citi verantwortlich. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feierte 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.
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