Nach dem Junk kommt die Substanz

Hatten wir 2009 eine Junkrally oder nicht? Immer wieder wabert das „böse“ Wort seit März durch Handelssäle und Redaktionsstuben.
Wer die Sektorrenditen der führenden Indizes unter die Lupe nimmt, findet eher Belege für diese These statt Gegenargumente. Was 2008 gefallen war, stieg 2009 fast ausnahmslos. Die generelle Trendumkehr an den Börsen im Frühjahr geschah zeitgleich mit einem umfassenden Favoritenwechsel. Rohstoffe und Banken, 2008 noch Hauptverlierer, führen seither die Liste der 19 Teilindizes des Stoxx 600 an. Es folgen die zyklischen Sektoren Chemie und Bau sowie der Konsum. Der Automobilsektor performte nur deshalb unterdurchschnittlich, weil die Volkswagen-Stammaktie nach dem Hype des Vorjahres um 68% einbrach. Am unteren Ende der Performancerangliste tummeln sich die „sicheren Häfen“: Healthcare vor den Versicherungen, die rote Laterne trägt die Versorgerbranche.
Zugespitzt formuliert: Je wackeliger die Bilanz und je stärker das Unternehmen von der Finanzkrise betroffen, desto höher die Rendite. In der Retrospektive ist diese Relation nicht komplett unerklärlich, weil der wiederkehrende Risikoappetit der Anleger eben die Titel begünstigte, die zuvor wegen der inhärenten Risiken besonders stark gebeutelt worden waren. Das Ausmaß überrascht dann aber doch.
Für den ersten Abschnitt nach einer Baisse ist dieses Investorenverhalten allerdings nicht untypisch. Auch nach dem Börsentief im März 2003 stiegen spekulative, volatile Papiere besonders stark. In den zwölf Monaten bis März 2004 ließ der TecDAX den DAX um satte 30 Prozentpunkte hinter sich. Danach wandelte sich das Bild völlig, in der folgenden 12-Monats-Periode war der DAX etwa 20 Prozentpunkte besser. Deshalb könnte im ersten Quartal 2010 erneut ein Favoritenwechsel anstehen – diesmal allerdings weg von riskanten Branchen und hin zu Value-Aktien.
Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.