Filialsterben bei Deutschlands Banken

Hohe Kosten für den Unterhalt von tausenden Filialen machen das tägliche Privatkundengeschäft für Banken unrentabel. In der Konsequenz wird das Filialnetz zurückgebaut und Serviceleistungen werden ins Internet verlagert oder gebührenpflichtig.

Mitarbeiter am Bankschalter, Kundenberater, Überweisungsautomaten, Sitzecken, Reinigungspersonal, Mietkosten: Der Unterhalt von mehr als 30.000 Filialen in Deutschland kostet die Banken enorme Summen. Viel Geld einsparen ließe sich, würden die Banken ihr alltägliches Kundengeschäft komplett ins Internet verlagern. Soweit wird es in naher Zukunft wohl kaum kommen, aber zumindest die zahlenmäßige Reduzierung der klassischen Filialen aus Beton und Stein ist in der Bankenbranche längst beschlossene Sache.
Filialnetz von Deutschlands Banken lichtet sich
In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Filialen in Deutschland um über 12 Prozent zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Siegen. Über 4.500 Filialen wurden geschlossen - und die Ausdünnung des Filialnetzes geht weiter. Besonders aus ländlichen Regionen ziehen sich die Banken immer weiter zurück. In den Großstädten will man dagegen weiterhin präsent bleiben und nimmt deshalb die hohen Fixkosten für den Unterhalt kleiner und unrentabler Zweigstellen in Kauf.
Auch wenn immer mehr Kunden ihre täglichen Bankgeschäfte online erledigen, geht etwa jeder zweite Deutsche nach wie vor lieber in die kleine Filiale um die Ecke, um Kontoauszüge zu holen oder Überweisungen zu tätigen. Dies ergibt eine im Februar veröffentlichte Umfrage von Visa Deutschland. Auch das persönliche Gespräch mit dem Bankmitarbeiter vor Ort ist für 53 Prozent der Deutschen weiterhin unersetzlich. Die Kontaktaufnahme mittels Telefon, E-Mail, Videochat oder Smartphone-App nutzen aber bereits gut 40 Prozent der Kunden.
Wer sich der Digitalisierung verweigert, muss zahlen
Die Bereitstellung digitaler Serviceleistungen lassen sich die Banken einiges kosten. Insbesondere die jüngere Kundschaft nimmt die Angebote auch gerne an und spart den Banken damit Geld, Zeit und Personal. Wer weiterhin die alltäglichen Finanzgeschäfte am Schalter seiner Hausbank und nicht im Internet abwickeln will, der sollte sich darauf einstellen, bald für viele Leistungen bezahlen zu müssen.
Dies zeigt schon jetzt das Beispiel der Postbank. Seit dem 1. April müssen Kunden hier 99 Cent zahlen, wenn sie mit einem Überweisungsträger aus Papier in der Filiale auftauchen. Kostenlos bleibt die Überweisung für Kunden, die diese per Telefon, online oder an einem Selbstbedienungsterminal durchführen. Eine Ausnahme macht die Postbank für ältere Kunden, die technisch weniger versiert sind. Auch treue und gute Kunden, mit denen sich viel Geld verdienen lässt, dürfen weiterhin vom kostenlosen Service in der Filiale um die Ecke profitieren. Normalverdiener, die lediglich ein Sparbuch, ein Tages- oder Festgeldkonto bei der Bank haben, fallen nicht in diese Kategorie.
Christian Tiessen ist Managing Director von Savedo (www.savedo.de), dem Online-Marktplatz für europäische Festgelder. In seiner Kolumne äußert er sich u.a. zu Entwicklungen des Zinsniveaus für Sparprodukte sowie zu aktuellen Themen im Bereich FinTech und Banken.
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