dieboersenblogger-Kolumne

Die Druckerpressen laufen, aber was ist mit den Börsen?

05.11.10 17:50 Uhr

Die Druckerpressen laufen, aber was ist mit den Börsen? | finanzen.net

Endlich herrscht also Klarheit.

Die US-Notenbank Fed wirft die Druckerpresse an. Für 600 Mrd. Dollar will man bis zum zweiten Quartal 2011 US-Staatsanleihen aufkaufen. Quantitative Lockerung nennt man das verschämt oder – im Original – Quantitative Easing, kurz QE. Mit einer abermals stattlichen Summe will man durch „QE II“ der hohen Arbeitslosigkeit und der niedrigen Inflationsrate begegnen. Daneben sollen auch bis zu 300 Mrd. Dollar aus dem ersten Interventionspaket „QE I“ reinvestiert werden. Diese Summe hatte bislang in hypothekenbesicherten Anleihen gesteckt und wird nun ebenfalls in den Aufkauf von Staatsanleihen gesteckt.

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Die Welt läuft Sturm gegen die Fed

Die Meldungen über die Entscheidung der Fed führten weltweit zu harschen Äußerungen. Selbst der sonst eher ruhige Bundesfinanzminister Schäuble glaubt, dass die USA dadurch zusätzliche Probleme schaffen. In China – größter Gläubiger der USA – äußerte man sich noch eindeutiger. Hier war die Rede von „unkontrolliertem Gelddrucken“. Letztlich ist es das ja auch wirklich. Unverhohlen wurde auch von fiskalischen Schutzmauern gesprochen, nicht nur seitens Chinas, sondern auch von anderen asiatischen Staaten. Damit wäre jedoch die Grundlage für einen Währungskrieg gelegt, den eigentlich niemand will, da er niemand nützt.

Die bisherigen Maßnahmen griffen nicht

In den USA gab es wiederum zahlreiche Stimmen, die noch weitaus größere Summen im Rahmen des QE für nötig erachten, um die US-Wirtschaft wieder richtig zum Laufen zu bekommen. Allerdings muss man auch klar sagen, dass die bisherigen Maßnahmen keine nennenswert positiven Effekte brachten. Der US-Arbeitsmarkt bleibt kritisch. Im Oktober verharrt die Arbeitslosenquote bei 9,6 Prozent. Lediglich aus der Industrie kamen zuletzt positive Auftragsdaten.

Die Börsen haussieren dank der Liquiditätsspritze

Die Aktienmärkte reagierten äußerst euphorisch auf die Meldungen aus den USA. Allerdings ist damit weniger die Zuversicht über eine Besserung der Lage in den USA verbunden, als vielmehr die Sorge vor einer inflationären Entwicklung. Liquiditätsspritzen führen schließlich stets zu steigenden Kursen. Während sich Aktienanleger hierüber freuen dürften, sorgen die Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten für Unbehagen, denn das neue Geld fließt auch hier hin. Neben Agrarrohstoffen, die direkt teurer werden, wird sich über den Umweg Öl auch anderes verteuern. Somit hätte die Fed zwar die Inflation angekurbelt, gleichzeitig aber neue Probleme geschaffen.

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In Europa ist die Lage unklar

Die Geschichte vom Wiedererstarken der deutschen Wirtschaft ist ja inzwischen weithin bekannt. Dennoch wird sich die europäische Wirtschaft nicht allein durch Deutschland erholen. Die Lage im Euroraum ist dabei zu unterschiedlich. Und solange man den Euro hat, muss man sich auch hierzulande mit den Problemen in Irland, Griechenland und Portugal auseinandersetzen. Wie ernst die Lage dort inzwischen gesehen wird, zeigen die kräftig gestiegenen Kreditausfallversicherungen auf die jeweiligen Staatsanleihen. Der Euro bleibt derweil gegenüber dem Dollar wenig verändert, was zeigt, wie wenig unterschiedlich in toto die Lage in den USA und der Eurozone gesehen wird.

Die Sache mit dem Performance-Druck

Was passiert also mit den Aktienmärkten? Sicher ist, dass die Aktienmärkte infolge der neuen Liquidität noch einmal deutlich zulegen werden. Das Vor-Lehman-Niveau dürfte dabei eine Zielmarke sein, die nur wenig überschritten werden dürfte. Sachwerte wie Gold und Silber dürften derweil ebenfalls haussieren, denn diese dienen unverändert als sicherer Hafen. Was bei Aktien allerdings auch eine Rolle spielen dürfte, ist der baldige Jahreswechsel. Die Gefahr besteht, dass nun viele institutionelle Investoren wegen der zuletzt freundlichen Entwicklung unter Performance-Druck geraten und somit für weitere Zuwächse sorgen könnten. Diese Zuwächse wären aber alles andere als fundamental begründet. Auch wenn ich mir damit bei den aktuellen Kursen keine Freunde mache: Die Korrekturgefahr bleibt weiter vorhanden, denn wir haben schon eine kräftige Rallye vollzogen. Das wird derzeit immer (wieder) vergessen. „Gier ist gut“, sagt Gordon Gecko in „Wall Street“. Ein altes Sprichwort sagt wiederum: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“…

Christoph Scherbaum schreibt für dieboersenblogger.de, das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehnterlanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer und natürlich als Börsenfans. In ihrem Blog vertreten sie eine ganz simple Philosophie: Sie schreiben unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus, was sie zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken.

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Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.