Prozess um Marktmanipulation: Angeklagter handelt Bewährungsstrafe aus

von Thomas Schmidtutz, Euro am Sonntag

München. Zuvor hatte die Vorsitzende Richterin der Wirtschaftsstrafkammer am Münchner Landgericht erklärt, im Falle eines Geständnisses von Stefan F. werde das Strafmaß auf eine Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren sowie eine Geldstrafe von bis zu 350 Tagessätzen hinauslaufen. Sie folgte damit weitgehend den Vorstellungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft München I wirft dem Chef des Schweizer Börsenbriefbetreibers ISCR Marktmanipulation in insgesamt 44 Fällen vor. Stefan F. hatte mit E-Mail-Postillen wie Small Cap Scout (SCS) oder International Stock Picker (ISP) zahlreiche Aktien zum Teil aggressiv zum Kauf empfohlen.

Der Anwalt des Diplom-Kaufmanns Alexander Kleinert sagte vor Gericht, sein Mandant sei nach der Insolvenz seines damaligen Arbeitsgebers in finanziellen Nöten gewesen und habe daher bei den Aktiendeals geholfen. Zwar habe Stefan F. mit mehreren Transaktionen rund 19.500 Euro Gewinn gemacht. Unter dem Strich stehe jedoch wegen eines hohen Verlusts mit Papieren des Energieunternehmens Petrohunter insgesamt ein Verlust von 50.000 Euro.

In dem Komplex wirft die Staatsanwaltschaft München den bislang insgesamt vier Angeklagten Marktmanipulation im großen Stil sowie teilweise Insiderhandel, Steuerhinterziehung und Betrug vor. Neben Stefan F. müssen sich demnächst zudem der frühere Ex-Chef der Münchner Vermögensverwaltung TFB, Tobias Bosler (41), sowie der frühere Sprecher des Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Markus Straub (42), verantworten. Sie sitzen nach wie vor in U-Haft. Dazu ist der ehemalige SdK-Sprecher Christoph Ö. angeklagt. Das Verfahren gegen ihn wurde ebenfalls abgetrennt. Nach Erkenntnissen der Ermittler sollen die vier Angeklagten mit Kursmauscheleien in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt rund 21 Millionen Euro Gewinn vor Steuern und Gebühren eingestrichen haben. Zunächst waren die Behörden von einem Gewinn von mindestens rund 16,7 Millionen Euro ausgegangen. Das Urteil in dem Prozess gegen Stefan F. wird für den kommenden Dienstag erwartet. Laut Prozessbeobachtern dürfte der Diplom-Kaufmann möglicherweise einer der Hauptbelastungszeugen in dem bevorstehenden Prozess gegen die beiden Hauptbeschuldigten Bosler und Straub sein. Der erste Verhandlungstag gegen Bosler und Straub ist für den 23. Januar anberaumt. Zunächst sind 30 Verhandlungstage angesetzt. Die Verhandlung gegen Christoph Ö. ist für den 17. und 19. Januar angesetzt.