Landwirtschaft

Agraraktien: Wo Anleger profitabel ackern

16.06.11 09:00 Uhr

Kartoffeln und andere Agrargüter haben sich enorm verteuert. Und die Preise werden wohl hoch bleiben. Verbraucher ärgern sich, Anleger dagegen profitieren.

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von Carl Batisweiler, €uro am Sonntag

Was für die meisten deutschen Verbraucher eine Horrormeldung ist, darüber kann Gerrit Tonkens sich nur freuen: Um 14,5 Prozent sind die Preise für Kartoffeln binnen eines Jahres nach oben gegangen, Milch und Milchprodukte kosten 8,5 Prozent mehr. Geflügel ist in den vergangenen zwölf Monaten um 6,1 Prozent teurer geworden und Rindfleisch um 5,8 Prozent, so die jüngsten Zahlen der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI). Tonkens ist zwar auch Verbraucher – doch er produziert all die aufgeführten Produkte selbst.

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„Die Rohstoffpreise haben sich fast alle verdoppelt. So hatten wir zum Börsengang mit einem Preis von 120 Euro für die Tonne Kartoffeln kalkuliert, im Moment kann ich sie für bis zu 260 Euro verkaufen“, reibt sich der Großbauer aus Sachsen-Anhalt die Hände. Kurz nach der Wende hatte der aus Holland stammende studierte Landwirt sich in Ostdeutschland eingekauft, vor einem Jahr ging er an die Börse.

Der Start aufs Parkett verlief zwar verhalten, und von ihren Hochs über 24 Euro ist die Aktie inzwischen wieder auf rund 19 Euro gefallen. Doch durch die gute Entwicklung der Agrarmärkte sieht sich ­Tonkens in seinem Unternehmenskonzept so bestätigt, dass er jetzt für eine Kapitalerhöhung 232 000 Aktien der Tonkens Agrar zum Festpreis von 23,75 Euro zum Zeichnen anbot. Und während die Verbraucher derzeit von Gemüse aus der Produktion deutscher Landwirte die Finger lassen, rissen sich die Anleger ­Anfang der Woche um die neuen ­Tonkens-Papiere, die Nachfrage über­traf das Angebot deutlich.

Das Geschäftsmodell Landwirtschaft ist für institutionelle Investoren – und die griffen bei Tonkens hauptsächlich zu – offensichtlich so interessant, dass sich auch Tonkens’ Kollege Siegfried Hofreiter zum Wochenstart über einen Geldsegen freuen durfte. Der Chef der KTG Agrar hatte das Unternehmen 2008 an die Börse gebracht, auch hier notiert die Aktie unter dem Ausgabekurs. Doch schon zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres sammelte KTG über eine Anleihe problemlos 50 Millionen Euro ein.

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Mit den insgesamt 100 Millionen Euro will KTG weiter kräftig expandieren. Schon jetzt hat das Unter­nehmen 33.000 Hektar Anbaufläche ­unterm Pflug, das entspricht einer Größe von 47.000 Fußballfeldern. Vornehmlich in Ostdeutschland, aber zunehmend im EU-Staat Litauen werden rein ökologisch – für langfristig vertraglich gebundene Abnehmer – oder auch konventionell Marktfrüchte wie Getreide, Mais und Raps angebaut.

„Wir müssen mehr Land kaufen und pachten, uns zeitnah Ressourcen sichern und wollen langfristig auf 20 bis 25 Prozent Eigentum bei den Böden kommen“, sagt Hofreiter. KTG wie Tonkens spüren eine noch nie da gewesene Nachfragesituation bei landwirtschaftlichen Böden. In Ostdeutschland werden für die Flächen, die die Treuhand-Nachfolgerin BVVG derzeit privatisiert, 10.000 bis 15.000 Euro pro Hektar erzielt, in Litauen sind die Böden noch für 4.000 Euro pro Hektar zu haben.


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Während KTG großflächig im ganzen Osten auf Bodensuche unterwegs ist, setzt Bauer Tonkens auf seine zwei Standorte in Sachsen-Anhalt, will nur standortnah arrondieren. „Das ermöglicht eine höhere Wertschöpfung wegen der geringeren Logistikkosten.“ Zudem sei die Qualität der Kartoffeln und Zwiebeln von den Tonkens-Äckern damit immer gleich, was die Handelspartner bevorzugen würden. Tonkens: „Da ist alles aus einem Schlag, und für die Verbraucher ist auch die Rückverfolgung bis aufs Feld möglich.“

Dem Boom bei Lebensmitteln mit Biosiegel will Tonkens vorerst nicht folgen, zu teuer sei der Anbau, zu ­unterschiedlich die Erntequalitäten. In den firmeneigenen Lagerhäusern werden aber schon Biokartoffeln ­anderer Betriebe abgepackt: „Wir investieren mehr in Veredelung.“ Dazu soll nicht nur die Milchviehhaltung verdoppelt werden. Auch an anderen Wertschöpfungsketten will der Holländer, der allein mit einem großen deutschen Einzelhändler einen Fünfjahresvertrag über die Abnahme von 10.000 Tonnen Kartoffeln hat, mehr Anteile und baut deshalb eine neue Anlage. Tonkens: „Geschälte und vakuumierte Kartoffeln bringen einen vielfach höheren Ertrag bei Groß­abnehmern als nur nach Größenklassen sortierte Kartoffeln.“

KTG ist da schon einen Schritt weiter gegangen. Mit der Übernahme und Restrukturierung der insolventen Firma Frenzel, einem der größten deutschen Gemüsefroster, kam zu den klassischen Abnahmeverträgen für Kartoffeln oder Möhren nun auch die eigene Verarbeitung als Tiefkühlkost hinzu.

„Umgekehrt sehen wir, dass der Lebensmittelhandel den Einstieg in die Landwirtschaft sucht, um selbst in die Produktion zu gehen“, erklärt KTG-Chef Hofreiter die Entwicklung. Doch mit ihren langfristigen Verträgen sehen sich Tonkens wie Hofreiter als Gewinner. Zudem erwarten beide eine steigende Nachfrage aus dem Ausland.

Die guten Absatzchancen euro­päischer Bauern bestätigte auch Achim Schaffner, Leiter des Fachbereichs Ökonomie bei der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, auf einer ­internationalen Tagung des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung. Zwar spielten die Schwellenländer als Produzenten eine zunehmend wichtigere Rolle, gleichzeitig wachse aber gerade in diesen Ländern die Nachfrage sehr stark: „Davon profitiert Europa als Anbieter von Milch, Weizen und Veredelungsprodukten wie Käse oder Wein.“

Und die Bauern von Flensburg bis Berchtesgaden besonders: 54 Milliarden Euro erzielten die deutschen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft im Jahr 2010 durch Ausfuhren. Ein neues Rekordergebnis und eine Steigerung der Exporte um knapp zehn Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2009.

Von solchen Erfolgen profitieren auch Firmen aus dem Agrarbereich, die nicht selbst produzieren. Der ­international agierende Saatguthersteller KWS aus Niedersachsen etwa hat seine Prognose deutlich angehoben. Und auch die Münchner BayWa, die neben dem Baustoff- und Mineralölhandel vor allem Agrargüter vertreibt, ist sehr zuversichtlich für das laufende Jahr.

Finanzvorstand Andreas Helber: „Die Zahlen des ersten Quartals waren exorbitant gut und wurden vor allem vom Agrargeschäft ­getragen.“ Zwar hätte das auch an den Vermarktungsergebnissen der alten Ernte gelegen, die mit den anziehenden Rohstoffpreisen gut gelaufen sei. Doch Helbers Optimismus gründet sich auch auf die Liquiditäts­situation der Bauern: „Die ist in Deutschland wie Österreich gut, sie decken sich mit neuer Technik und Betriebsstoffen ein – und davon profitieren wir.“

Eine wachsende Einnahmequelle für Landwirte wie auch Zulieferer und wenig abhängig von den internationalen Agrarrohstoffpreisen ist die Erzeugung von Biogas. KTG will mit dem Kapital aus der Anleihe die Leistung seiner Anlagen von 16 auf 25 bis 30 Megawatt aufstocken, für 2012 sind bis 40 Megawatt ge­plant. Das aus Zwischenfrüchten und Produktionsabfällen gewonnene Gas soll nicht nur selbst genutzt, sondern auch veredelt und ins Erdgasnetz eingespeist werden. Hofreiter: „Wir sehen uns durch die Energiewende bestätigt und sind im Nachfragerausch der Stadtwerke.“ Auch Tonkens steckt einen Teil der Kapitalerhöhung in eine Biogasanlage. Beschickt wird sie mit Gülle und Abfällen, die Abwärme geht in die Trocknung von Kartoffeln und Zwiebeln.

Selbst die BayWa setzt mit ihrer Tochter BayWa r.e auf Energieproduktion, vertreibt unter anderem Biogasanlagen. Helber: „Wir haben unseren Fokus jetzt auf Projekte mit 1 Megawatt Leistung oder mehr. Die kann man mit sinnvolleren Konzepten als dem konzentrierten Maisanbau für Biogas fahren. Wir reden hier über die Nutzung von Zwischenfrüchten oder Abfällen aus der Lebensmittelindustrie.schenfrüchten, Abfällen aus der Lebensmittel­industrie oder Kläranlagen.“

Dass durch die Trockenheit im Frühjahr die Ernte 2011 wohl niedriger als 2010 ausfallen wird, macht bisher weder den Bauern noch den Agrarhändlern Sorgen. Denn weniger Ernte bedeutet höhere Margen bei höheren Preisen. Und die zahlen in der Regel die Verbraucher.

Investor-Info

ETFX S-Net ITG Gl. Agri Business
Die Branche in einem Papier
Das Papier bildet den Index ITG Global Agriculture mit rund 30 Titeln ab. Die Unternehmen kommen aus aller Welt und sind in den Sparten Saatgut, Chemikalien, Düngemittel, Bewässerung, landwirtschaftliche Produkte und Nutztierzucht tätig. Gutes Basisinvestment.
WKN: A0Q8NA / ISIN: DE000A0Q8NA2

BayWa
Platzhirsch im Agrarhandel
Die wichtigste Sparte des Konzerns ist der Agrarhandel samt Agrartechnik. Auch beim Obst ist die BayWa stark und in Deutschland führend. Die aktuelle Kursschwäche ist angesichts der zu erwartenden Ergebnisse für das Jahr 2011 nicht gerechtfertigt. Zum Kauf nutzen.

KWS Saat
Ohne Saatgut kein Ertrag
Fürs Gesamtjahr erwartet der Saatguthersteller einen Umsatzanstieg um rund zehn Prozent auf 830 Millionen Euro. Beim Betriebsergebnis rechnet er mit einem Plus von 40 Prozent auf 115 Millionen Euro. Kaufen.

KTG Agrar
Biogasbauer auf Expansion
50 Millionen Euro hatte das Unternehmen bereits im Herbst mit einer Anleihe eingefahren, nun brachte die Emission des zweiten ­Biowertpapiers noch einmal flotte 50 Millionen für den Ausbau der Biogassparte und den Kauf von Ackerland. Trotz Risiken ein Kauf.

Tonkens Agrar
Der Kartoffelschäler
Gute Firma, aber mit dem Milchvieh noch stark von EU-Subventionen abhängig. Auch die Fokussierung auf wenige Abnehmer bei Kartoffeln birgt Risiken. Wagemutige nutzen den niedrigen Kurs zum Einstieg.

Ausgewählte Hebelprodukte auf BayWa

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf BayWa

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