Mehr Härte gegen Steuersünder
Experten sind zwar für die strafbefreiende Selbstanzeige. Dennoch würden sie die Daumenschrauben anziehen. Die deutsche Wirtschaft sehen sie weiter auf Wachstumskurs.
von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag
Nach einem kräftigen Jahresauftakt schätzen die führenden deutschen Ökonomen im Februar die wirtschaftliche Lage nahezu unverändert zum Vormonat ein. Damit behauptet sich der Indikator auf einem hohen Niveau, das deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung signalisiert. Das ist das Ergebnis des Ökonomen-Barometers von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv für den Monat Februar.
Der Barometerwert lag mit 60,6 Punkten um knapp ein Prozent über dem Vormonatswert (60 Punkte), die Prognose erreichte wie im Januar rund 68 Punkte. Die meisten Ökonomen prognostizieren für die deutsche Wirtschaft nach zwei mageren Jahren in Folge wieder deutlich stärkeres Wachstum. Die Bundesregierung erwartet für 2014 ein Plus von 1,8 Prozent und für 2015 von 2,0 Prozent. 2012 waren es 0,7 Prozent, 2013 sogar nur 0,4 Prozent.
Die vom Europäischen Zentrum für Wirtschaftsforschung (ZEW) befragten Börsenprofis hatten zuvor die Aussichten für die deutsche Wirtschaft schlechter als erwartet eingestuft. Die am Dienstag veröffentlichte ZEW-Konjunkturprognose lag überraschend mit 55,7 Punkten um sechs Punkte unter dem Vormonatswert. Die aktuelle Lage schätzten die Börsenprofis dagegen mit 50 Punkten um fast neun Zähler besser ein als im Vormonat. Für den schwächeren Ausblick machten Analysten den verhalteneren Aufschwung in den USA sowie die Entwicklung in den Schwellenländern verantwortlich.
Zuverlässige Einnahmequelle
In der Ökonomen-Barometer-Umfrage hat sich eine klare Mehrheit der befragten Experten von 75 Prozent für einen Fortbestand der sogenannten strafbefreienden Selbstanzeige ausgesprochen. Ein Fünftel lehnt diese Regelung dagegen ab. Viele der Befragten argumentieren, dass dieses Instrument dem Fiskus zuverlässig Einnahmen beschere. "Gäbe es die Selbstanzeige nicht mehr, dann wäre es ganz und gar dem Zufall überlassen, ob Steuersünder aufgespürt werden", sagt Juergen B. Donges von der Universität Köln. Für Bruno Schönfelder von der TU Freiberg sollte es Ziel der Regelung sein, das Steueraufkommen zu maximieren, ohne dass dafür das Personal der Finanzverwaltung erheblich aufgestockt werden muss. David Stadelmann von der Uni Bayreuth sieht in der Selbstanzeige ein Instrument, das Vertrauen zwischen Bürgern und Staat zu fördern. Oliver Landmann (Uni Freiburg) und Franz Peter Lang (TU Braunschweig) regen an, sich lieber mit der Frage zu beschäftigen, warum Deutschland so ein gravierendes Steuerfluchtproblem hat.
CD-Ankauf als Selbstverteidigung
Als sinnvolle Ergänzung zur Selbstanzeige sehen 61 Prozent der befragten Experten eine Verlängerung der Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre. Immerhin noch fast 40 Prozent schlagen die Anhebung der Strafzahlung von fünf auf zehn Prozent vor, ein Drittel will sie sogar auf 15 Prozent erhöhen. Immerhin noch mehr als ein Viertel ist dafür, die strafbefreiende Selbstanzeige ganz abzuschaffen, wenn ein besonders schwerer Fall von Steuerhinterziehung vorliegt, also Steuern von über einer Million Euro hinterzogen worden sind.
Mehr als die Hälfte der Ökonomen (55 Prozent) sieht den umstrittenen Ankauf von Daten über Steuersünder durch die deutschen Finanzbehörden grundsätzlich positiv, auch wenn die Daten möglicherweise zuvor widerrechtlich kopiert worden sind. 34 Prozent halten das hingegen für unzulässig beziehungsweise "eines Rechtsstaats unwürdig", so beispielsweise Fred Wagner von der Uni Leipzig. Andreas Ziegler von der Uni Kassel sieht dagegen im Ankauf von Daten "gewissermaßen eine staatliche Selbstverteidigung gegenüber Steuerhinterziehern".
Vor dem Dilemma Rechtsbruch versus konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehung steht auch Tim Krieger von der Uni Freiburg. Sein Fazit: "Die Konsequenz aus diesem Zwiespalt kann nur lauten, die Steuerfahndung so zu stärken, dass sie ohne den Ankauf illegal kopierter Steuer-CDs auskommt."