OTS: Genossenschaftsverband Bayern e.V. / Bayerns Genossenschaften trotzen ...

14.05.25 09:55 Uhr

Bayerns Genossenschaften trotzen der Flaute - Gesamtumsatz trotz

schwacher Konjunktur - Rückgänge im Energie- und Agrarbereich,

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Wachstum bei Milch und Dienstleistungen

München (ots) - Die deutsche Volkswirtschaft bewegt sich am Rande der Rezession.

Die 1.044 genossenschaftlichen Unternehmen in Bayern konnten sich im Jahr 2024

trotz des fehlenden konjunkturellen Rückenwinds abermals gut behaupten. Sie

steigerten ihre Umsätze von 16,6 Milliarden Euro (bereinigte Zahlen) um fast 3,2

Prozent auf knapp über 17 Milliarden Euro. "Die mittelständischen

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genossenschaftlichen Unternehmen beweisen einmal mehr ihre Widerstandsfähigkeit

in wirtschaftlich schwierigen Zeiten", sagte Stefan Müller, Präsident des

Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), am Mittwoch in München.

Das Gründungsgeschehen blieb mit 33 Gründungen auf hohem Niveau - konnte aber

den außergewöhnlichen Gründungsboom des Vorjahres mit 51 Gründungen nicht ganz

erreichen. "Das Interesse an Genossenschaftsgründungen bleibt hoch. Denn das

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Genossenschaftsmodell bietet Lösungen für viele aktuelle Herausforderungen der

Menschen und ihrer Regionen. Angesichts der hohen wirtschaftlichen Volatilität

stellen aber viele ihr Vorhaben zurück und warten erst einmal ab", betonte

Müller.

Energie

Einen Umsatz in Höhe von 431,1 Millionen Euro erwirtschafteten die 346 (2023:

329) Energiegenossenschaften, nach 461,5 Millionen Euro im Vorjahr - ein

Rückgang um 6,6 Prozent. Dieser Umsatzrückgang ist zum einen auf geringere

Strompreise, zum anderen auf eine geringere Stromausbeute zurückzuführen.

Gegenüber 2023 gingen die nutzbaren Sonnenstunden in 2024 deutlich zurück. Hinzu

kommt: An Tagen, an denen die Sonne scheint und der Wind weht, kommt es immer

wieder zur Abschaltung von Anlagen, da die Netze die Strommengen nicht aufnehmen

können. "Das zeigt deutlich, wo es derzeit bei der Energiewende hakt. Der

Netzausbau muss beschleunigt werden und die regionale Vermarktung von Strom gilt

es zu fördern", forderte Müller.

Während in zurückliegenden Jahren auch kleinere Anlagen wirtschaftlich errichtet

und betrieben werden konnten, geht der Trend inzwischen zu größeren Einheiten.

Zudem sind Windenergieprojekte aufwendiger und mit deutlich höheren Kosten

verbunden als Solarparks. Daher rechnet der GVB in den kommenden Jahren im

Bereich Energie mit Fusionen unter den Genossenschaften, damit diese die

notwendige kritische Größe erreichen und größere Projekte stemmen können. Offen

ist zudem die Zukunft von Anlagen, die nach 20 Jahren aus der Ausbauförderung

fallen.

Unter den Neugründungen hält der Trend zu Wärmegenossenschaften weiter an. Deren

Zahl legte von 143 auf 157 zu. Die Umsatzsteigerung fiel durch die

Nachverdichtung von Baugebieten und damit neue Anschlüsse höher aus als

erwartet. Im Zuge der kommunalen Wärmeplanung wird genossenschaftlichen

Wärmenetzwerken eine weiter steigende Bedeutung zuwachsen.

"Energiegenossenschaften stehen für echte Bürgerbeteiligung. Bürgerinnen und

Bürger profitieren unmittelbar von Projekten in ihrer Region. Das schafft

Akzeptanz und sorgt für Wertschöpfung vor Ort", sagte Müller. Er hofft auf die

Neuvorlage des kürzlich zurückgezogenen Entwurfs für ein bayerisches

Bürgerbeteiligungsgesetz und darauf, dass hier Genossenschaften als wesentliche

Akteure der Energiewende anerkannt werden.

Raiffeisen-Warengeschäft

Die 70 Raiffeisen-Warenunternehmen erwirtschafteten Umsätze in Höhe von rund 1,5

Milliarden Euro, nach 1,6 Milliarden Euro im Vorjahr. Der Rückgang bei Umsatz

(9,0 Prozent) und der Anzahl - im Jahr 2023 waren es noch 74 Unternehmen - ist

vor allem auf das schwächere Agrar- und Baustoffgeschäft zurückzuführen. Zudem

bleiben Strukturveränderungen in der Landwirtschaft sowie Begrenzungen beim

Stickstoffeinsatz nicht ohne Wirkung. Dies führt zu einem geringeren Absatz von

Düngemitteln, aber auch zu Einbußen in der Getreidequalität. Zudem wirken sich

der Klimawandel und damit verbundene Belastungen für die Pflanzen auf die

Erntemengen aus.

Im Bereich Landwirtschaftstechnik bleibt der Absatz der Händler stabil,

abgesehen vom deutlich rückläufigen Stallbau. Auch die gedämpfte Entwicklung am

Bau bleibt nicht ohne Folgen und führt zu einer geringeren Nachfrage nach

Baustoffen. An dieser Stelle zeichnet sich aber eine Besserung ab. Das

Neugeschäft für private Wohnungsbaukredite der bayerischen Volks- und

Raiffeisenbanken nimmt wieder Fahrt auf. Im März 2025 lag dieses 56 Prozent über

dem Vorjahresniveau. "Wir gehen davon aus, dass davon auch der Baustoffhandel

ebenso wie baunahe Handwerksleistungen profitieren werden", folgerte Müller.

"Für den ländlichen Raum sind und bleiben die Raiffeisen-Märkte eine wichtige

Stütze und machen die Bedeutung von Genossenschaften für die Regionen sichtbar",

ergänzte er.

Milchgenossenschaften

Einen Umsatz in Höhe von rund 4,0 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,8 Milliarden Euro)

erwirtschafteten die 98 Milchgenossenschaften - ein leichtes Plus von 100

Millionen Euro beziehungsweise 2,6 Prozent. "Im Bereich Milch befinden wir uns

derzeit in einer Phase von Stabilität, wie wir sie in den vergangenen

Jahrzehnten nicht erlebt haben", sagte Müller. Allerdings steigt die Milchmenge

weltweit kaum noch an.

China legt in der Milchproduktion nicht mehr so zu wie in zurückliegenden Jahren

und auch die Produktion in Neuseeland kommt an ihre Grenzen. So steigt die

Nachfrage nach Käse und auch der Export von Milchprodukten hat sich solide

entwickelt. Neben Käse war der Absatz von Joghurt ein weiterer Treiber und das

Biosegment kommt nach einer Schwächephase in den beiden zurückliegenden Jahren

wieder in Schwung. "Die Verbraucherinnen und Verbraucher besinnen sich zunehmend

auf regionale Produkte und genossenschaftliche Qualität", folgerte Müller. Zudem

hat der Vegan-Trend weit weniger Schwung entwickelt als bislang angenommen.

Stattdessen greifen immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher zu

proteinhaltiger Nahrung und wissen wieder hochwertige tierische Eiweiße zu

schätzen.

Mit Sorge blickt die Branche auf die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche.

Zwar blieb Bayern bislang verschont, doch der freizügige Personen- und

Warenverkehr birgt eine große Gefahr. Mitgebrachte Speisen aus dem Ausland

gelten als Hauptursache für die Verbreitung von Tierseuchen. Daher bleiben diese

Krankheiten eine Herausforderung für die Branche. Denn die Folgen sind

dramatisch. Bei zurückliegenden Fällen hat sich gezeigt: Betroffene Höfe

verschwinden oft dauerhaft vom Markt.

Mit Sorge blickt die Branche außerdem nach Brüssel. Die EU-Kommission plant

offenbar, den bislang freiwillig von den Mitgliedsstaaten angewandten Artikel

148 der EU-Verordnung 1308, Gemeinsame Marktorganisation (GMO), für alle

Mitglieder verpflichtend einzuführen. Dieser besagt, dass vor der Lieferung von

Milch an die Molkerei die Menge und der Preis festgeschrieben sein sollen.

"Gegen diese verpflichtende Einführung wehren wir uns, da sie

genossenschaftlichen Prinzipien zuwiderläuft und bei den Molkereien zu einem

gewaltigen bürokratischen Aufwand führen würde", kritisierte Müller.

Genossenschaftlicher Logik entspricht es, dass die Molkerei das Geld verdient

und an die Mitglieder weiterreicht. "Staatliche Lenkung und noch mehr Bürokratie

sind das Gegenteil dessen, was eine Marktwirtschaft braucht. Sie widersprechen

zudem den immer wieder wiederholten Bekenntnissen der EU-Kommission zu einer

freien Wirtschaft und weniger Bürokratie", sagte Müller.

Handel

Ein Umsatzplus um 6,9 Prozent von 6,6 Milliarden Euro auf 7,1 Milliarden Euro

verzeichneten die 65 Handelsgenossenschaften. Ein Unternehmen aus der

Arzneimittelbranche dominiert diese Sparte. Darüber hinaus zählen hierzu

Unternehmen aus dem Bereich Nahrungs- und Genussmittel sowie Dorfläden.

Durch das sehr preisempfindliche Verhalten von Verbraucherinnen und Verbraucher

tun sich Dorf- und Unverpacktläden zunehmend schwer. Die inflationsbedingten

Preissteigerungen und der steigende Druck durch Discounter haben dazu geführt,

dass sich die kostenbewusste Kundschaft umorientiert. Besser läuft es dagegen

für Dorfläden in besonders günstiger Lage und für solche mit einer klaren

Ausrichtung in Richtung Biosortiment.

Ländliche Genossenschaften

Die 223 ländlichen Genossenschaften erwirtschafteten einen Umsatz in Höhe von

1,6 Milliarden Euro und damit etwas mehr als im Jahr zuvor (1,5 Milliarden Euro)

- ein Plus von 1,9 Prozent. Zu diesem Segment zählen unter anderem Unternehmen

in den Bereichen Forst- und Holzwirtschaft, Trocknung, Weinbau, Brennerei, Vieh

und Fleisch sowie Maschinen.

Erfreulich ist, dass sich der Absatz von Schweinefleisch nach jahrelangem

Rückgang gefestigt hat. Beim Rindfleisch erleben die Erzeuger eine deutliche

Zunahme. Grund dafür: Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher entdecken

Burger für sich. Dieser Burgerboom trägt die hohe Nachfrage. Entscheidend für

die weiter positive Entwicklung der Fleischbranche ist jedoch eine tragfähige

Schlachthofstruktur. Nach dem Rückzug eines großen Akteurs hoffen die Erzeuger

nun auf eine Normalisierung.

Bei den Winzern bleibt die Lage angespannt. Drei Winzergenossenschaften zählt

der GVB zu seinen Mitgliedern. Steigende Kosten für Personal, Energie oder

Transport sowie Veränderungen bei den Trinkgewohnheiten tragen dazu bei, dass

perspektivisch voraussichtlich weitere Anbauflächen stillgelegt werden. Aufgrund

des Klimawandels vollzieht sich zudem ein fortschreitender Wechsel zu hitze- und

trockenheitsresistenteren Rebsorten.

Handwerksgenossenschaften

46 Handwerksgenossenschaften zählen zu den Mitgliedern des GVB. 2025

erwirtschafteten sie einen Umsatz in Höhe von 940 Millionen Euro, nach 981

Millionen Euro im Jahr zuvor - ein Rückgang um gut 4,2 Prozent. Zu dieser Gruppe

gehören Genossenschaften für das Bauhandwerk, aber auch für Kaminkehrer, Bäcker,

Metzger sowie Brauereigenossenschaften. Bemerkbar macht sich in diesem Segment

die Flaute im Baugewerbe.

Im Lebensmittelhandwerk spüren die Betriebe Druck durch Fachkräftemangel,

gestiegene Personalkosten und durch Inflation gestiegene Verkaufspreise. Dies

hat dazu geführt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend ausweichen.

Die anhaltende konjunkturelle Schwäche dämpft auch den privaten Konsum. Zwar ist

die Lage in einzelnen Betrieben weiter stabil, doch je kleiner die Einheiten

sind, umso schwerer ist es, weiter zu bestehen. Dies beschleunigt perspektivisch

den Strukturwandel weiter.

Gewerbliche Genossenschaften

Die 152 gewerblichen Genossenschaften erwirtschafteten einen Umsatz in Höhe von

1,7 Milliarden Euro - nach 1,6 Milliarden Euro im Vorjahr - ein Plus von über

5,3 Prozent. Auch hier ist ein einzelnes Unternehmen dominant, das der

Kommunikations- und IT-Branche angehört. Darüber hinaus zählen zu dieser Sparte

freie Berufsgruppen, Gastronomie, Gesundheit, Marketing und Tourismus sowie

Verkehr.

Eine Überblickskarte steht hier (https://www.gv-bayern.de/presse.html) zum

Download bereit

Der Genossenschaftsverband Bayern e.V. (GVB) vertritt seit mehr als 130 Jahren

die Interessen bayerischer Genossenschaften. Zu seinen 1.201 Mitgliedern zählen

Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Unternehmen aus Branchen wie

Landwirtschaft, Energie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen. Sie bilden mit

rund 50.000 Beschäftigten und 2,8 Millionen Anteilseignern eine der größten

mittelständischen Wirtschaftsorganisationen im Freistaat. (Stand: 31.12.2024).

Pressekontakt:

Dr. Gerald Schneider

Pressesprecher

Telefon: +49 89 / 2868 - 3401

E-Mail: mailto:presse@gv-bayern.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/24076/6033516

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