Ratingagentur kritisiert

S&P: Spanien hat Bankenproblem zu lange geleugnet

06.06.12 10:08 Uhr

Spanien hat nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's zu zögerlich auf seine Bankenprobleme reagiert.

"Man hat in Spanien wieder zu lange gewartet, bis das Bankenproblem nicht mehr geleugnet werden konnte", sagte S&P-Chefanalyst für Europa, Moritz Kraemer, der "Börsen-Zeitung" (Mittwochausgabe). Die Märkte seien daher aus gutem Grund nervös.

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   Ein Unterschlüpfen Spaniens unter den Rettungsschirm würde "einiges erleichtern", sagte Krämer. Spanien könne dann im Gegensatz zu Irland und Portugal auch mit längerfristigen Anleihen am Markt bleiben. "Man kann sich ja auch vorstellen, dass sie das Geld nur für die Bankenrekapitalisierung nutzen, für den Staatsetat aber weiter normal den Kapitalmarkt anzapfen."

Griechenland wird laut Kraemer voraussichtlich im Euroraum bleiben. S&P schätzt die Wahrscheinlichkeit eines Austritts auf eins zu drei. Die drohenden starken Verwerfungen würden eine Regierung davon abhalten, diesen Weg zu gehen. Auch wirtschaftlich hätte ein Austritt für Griechenland vor allem Nachteile. "Zunächst würde ich davor warnen zu denken, dass Griechenland mit einer eigenen Währung so viel besser fährt", sagte Kraemer. Das Land habe nur einen sehr schwachen Exportsektor. "Der durch eine niedrig bewertete eigene Währung induzierte Wachstumsschub wäre also sehr verhalten." Zudem wären die strukturellen Probleme des Landes nicht gelöst. "Und außerhalb der Währungsunion ist es sogar eher unwahrscheinlich, dass die nötigen Reformen auch durchgesetzt werden."

 Für die Eurozone als Ganzes erwartet Kraemer bei einem Austritt Athens eine Verschärfung der Lage. Denn damit würde der bislang geltende Grundsatz, dass kein Land aus dem Währungsraum austritt, obsolet und so eine der fundamentalen Säulen der Währungsunion hinweggespült. "Damit würde in den anderen schwächeren Staaten plötzlich ein Währungsrisiko eingepreist, was die Lage weiter verschärft."

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  Eine Lockerung der Haushaltsziele für die Krisenländer würde laut Kraemer nicht zu einer Herabstufung der Bonität der betroffenen Länder führen. S&P habe in seinen Prognosen schon längst unterstellt, dass die bisherigen Haushaltsziele nicht erreicht werden könnten. "Mehr Realismus wäre sogar positiv. Und die Politik würde sich eher einen Gefallen tun, wenn Ziele postuliert werden, die auch eingehalten werden können."

FRANKFURT (dpa-AFX)