In Deutschland sind fast alle Unternehmen Übernahekandidaten

Kaum eine Woche vergeht, dass deutsche Unternehmen nicht als Übernahekandidaten genannt werden. Zuletzt spekulieren Anleger auf Angebote für Wacker Neuson und Klöckner.
Fast das gesamte Jahr 2025 wurde die Commerzbank als Zielobjekt der italienischen Unicredit genannt. Die Übernahme hat das Plazet der Europäischen Zentralbank, die im Bankenbereich europäische Champions favorisiert. Zudem kann die Unicredit mit der HypoVereinsbank bereits eine deutsche Bank ihr Eigen nennen, so dass die bestehenden politischen Bedenken gegenüber einer ausländischen Adresse nur schwer greifen.
Kaum Widerstand erfuhr der Kauf des deutschen Chemieunternehmens Covestro durch die Abu Dhabi National Oil Company. Aufgrund der hohen Energiepreise in Deutschland ist ein kapitalstarker Investor durchaus für die Stakeholder, wie Mitarbeiter und die Politik interessant. Durch die tiefen Taschen des Käufers konnte auch eine Übernahme konstruiert werden, die die auf den kurzfristigen Profit achtenden Hedge-Fonds keine Chance auf eine höhere Übernahmeprämie ließ.
Im TECDAX wurde zuletzt das IT-Unternehmen Compugroup nach einer längeren Börsenkurstalfahrt übernommen. Dabei behält die Gründerfamilie Gotthardknapp die Mehrheit der Aktien und Stimmrechte, die restlichen Anteile hat das Private-Equity Unternehmen CVC Capital Partners (CVC) erworben.
Die Beispiele zeigen, dass Finanzinvestoren, wie auch strategische Investoren trotz eines großen Aufwandes und eines ungewissen Ausganges, nicht davor zurückschrecken auch börsennotierte Unternehmen mehrheitlich zu übernehmen.
Einerseits ist die Privatisierung sicherlich Ausdruck einer vernünftigen Börsenbewertung vieler deutscher Aktien, gleichzeitig signalisiert dies aber auch, dass es eines entscheidungsstarken Eigentümers bedarf, die wohl nötigen Strukturreformen auch umzusetzen.
Angesichts der veränderten Ausgangsbedingungen, zum Beispiel in Hinsicht hoher heimischer Energiekosten, veränderter Exportmärkte und technologischer Veränderungen (u.a. künstliche Intelligenz) werden Übernahmen bei deutschen Börsenunternehmen tendenziell noch zunehmen.
Bei vollen Kassen im arabischen Raum und höheren Unternehmensbewertungen im US-amerikanischen, aber auch asiatischen Raum, sowie nach wie vor hohem verfügbaren Kapital bei Private Equity Gesellschaften, werden auch DAX-Unternehmen stärker in den Fokus ausländischer Investoren kommen.
von Michael Thaler, Vorstand der Top Vermögen AG in Starnberg
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