Corona-Krise

Betriebsschließungsversicherung: Darum bekommen Mitarbeiter kein Kurzarbeitergeld

19.11.20 06:31 Uhr

Betriebsschließungsversicherung: Darum bekommen Mitarbeiter kein Kurzarbeitergeld | finanzen.net

Ein Bescheid der Bundesagentur für Arbeit wirft Fragen auf, denn darin heißt es, dass bei Vorliegen einer Betriebsschließungsversicherung keine Gewährung von Kurzarbeitergeld möglich ist. Doch was genau bedeutet das?

Was ist eine Betriebsschließungsversicherung überhaupt und was deckt sie ab?

Eine Betriebsschließungsversicherung übernimmt im Regelfall die vereinbarten Kosten, wenn eine behördlich angeordnete Schließung einen Betrieb lahmlegt, um so den Bestand des Betriebes zu sichern. Dabei lässt sich die Versicherung individuell auf den jeweiligen Bedarf zuschneiden und die Höhe der Leistungen sind bis hin zu einer Obergrenze vereinbar. Darin inbegriffen sind auch die Bruttolohngehälter von Mitarbeitern, die eine vereinbarte Tagesentschädigung erhalten.

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Betriebe verlieren Anspruch auf Kurzarbeitergeld

Die Bundesagentur für Arbeit versendete zuletzt Bescheide an Unternehmen, dass kein Kurzarbeitergeld in Folge der Corona-Krise ausgezahlt wird, wenn der Betrieb eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen habe. Das berichtet die Kanzlei Wirth Rechtsanwälte in einem Pressetext. Demnach verweigere die Bundesagentur für Arbeit die Kurzarbeiterhilfen mit der Begründung, dass mit den Geldern aus den gewerblichen Policen nun Engpässe ausgeglichen werden könnten. Der Bescheid der Agentur wirft jedoch mehr als eine Frage auf, denn im Voraus haben bereits einige Versicherer angekündigt, dass sie für Schäden infolge des neuen Coronavirus nicht zahlen wollen, wenn der Betrieb aufgrund behördlicher Anweisungen schließen musste. Da dementsprechend nicht klar ist, wer im Recht ist, sind lange Rechtsstreite über mehrere Instanzen zu erwarten. Hinzu kommt, dass nun weiterhin unklar ist, wer zahlt, da sowohl die Politik als auch die Versicherer argumentieren, dass Unternehmen von beiden Hilfen profitieren, falls sie infolge der Corona-Pandemie schließen mussten.

In Bayern wurde nun ein Kompromiss gefunden, der jedoch eine reduzierte Summe beinhaltet, sodass die Betriebsschließungs-Versicherer nur einen Teil der eigentlich vereinbarten Versicherungsleistung zahlen müssen.

Gründe für den Kompromiss in Bayern

Zusammen mit Länderregierungen und Wirtschaftsverbänden haben einige Versicherer in Bayern, die im Rahmen ihrer Betriebsschließungsversicherung das Coronavirus nicht als Leistungsfall akzeptieren, eine Kompromisslösung in Form freiwilliger Hilfszahlungen gefunden. So leisten Versicherer nur zehn bis 15 Prozent der eigentlich vereinbarten Versicherungsleistung, während der Staat den Gewerbetreibenden bis zu 70 Prozent des weiteren Schadens erstattet, wenn der Betrieb ruht und die Einnahmen fehlen. Den Versicherern kommt der Kompromiss entgegen und viele wollen ihn den Kunden bundesweit anbieten. Für die Betroffen hat dies jedoch einen weiteren Haken, denn sie müssen im Gegenzug alle weiteren Ansprüche aus den Betriebsschließungs-Verträgen abtreten. Bislang gilt diese Kompromisslösung ausschließlich in Bayern und es ist unklar, wann und inwieweit die Versicherungen das Angebot länderübergreifend ermöglichen.

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Der Nachteil der Vergleichsangebote

Probleme für die Betroffenen entstehen nun jedoch durch die Bescheide der Bundesagentur für Arbeit und der damit verbundenen Verweigerung des Kurzarbeitergeldes. Deshalb empfiehlt es sich, die Vergleichsangebote der Versicherer genau zu prüfen, ob ein solcher Vergleich negativen Einfluss auf staatliche Leistungen haben könnte. Sollte sich die Rechtsauffassung der Arbeitsagentur durchsetzen, wäre die Annahme von 70 Prozent Schadenübernahme vonseiten des Staates kaum haltbar. "Hier beißt sich die Katze sprichwörtlich in den Schwanz", so Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht gegenüber Cash-Online. "Während die Bundesagentur für Arbeit die Gewährung von Kurzarbeitergeld davon abhängig macht, dass kein Versicherungsschutz besteht, haben viele Versicherer in ihren Bedingungen geregelt, dass Entschädigungsleistungen anzurechnen wären. Und auch die Grundannahme des Bayern-Kompromisses ist die Anrechnung. Es wäre zu begrüßen, wenn die Bundesagentur für Arbeit in die Bayern-Vereinbarung umgehend einbezogen und hier eine klare Regelung im Sinne der betroffenen Unternehmen gefunden wird. In jedem Fall sollten die betroffenen Unternehmen jetzt erst recht sehr genau abwägen und prüfen lassen, ob die angebotenen 15 % wirklich interessengerecht sind."

Was ist die Alternative für Betriebe, wenn sie das Kompromissangebot der Versicherungen nicht annehmen?

Die von der Krise betroffenen Unternehmen stehen nun vor der Wahl, den zuvor ausgehandelten Kompromiss zu akzeptieren oder den Gerichtsweg zu beschreiten. Gehen sie den Kompromiss ein, verlieren sie unter Umständen weitere Versicherungsleistungen und den Anspruch auf staatliche Unterstützung. Der Gerichtsweg bedeutet jedoch das Risiko über einen unklaren Ausgang in Kauf zu nehmen. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die Bundesagentur für Arbeit Zahlungen verweigert, falls aus der Versicherung kein Geld zu erlangen ist. Daher sollten betroffene Unternehmen genau abwägen, ob das Kompromissangebot für sie interessengerecht ist.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Lisa S. / Shutterstock.com