In diesen Fällen hat das Finanzamt heimlichen Zugriff auf das Konto

Das Finanzamt kann auf bestimmte Kontoinformationen zugreifen - und das in vielen Fällen, ohne dass betroffene Personen sofort darüber informiert werden. Dieser sogenannte automatisierte Kontenabruf dient der Aufklärung steuerlicher Sachverhalte und wird seit Jahren immer häufiger eingesetzt.
Was genau ist der Kontenabruf?
Beim automatisierten Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 Abgabenordnung (AO) erfolgt kein Zugriff auf Kontobewegungen oder Salden. Stattdessen übermittgelt das Bundeszentralamt für Steuern auf Anfrage des Finanzamts Kontostammdaten, die von Banken bereitestellt werden. Dazu zählen laut Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) unter anderem Name, Adresse, Geburtsdatum sowie Konto- und Depotnummern. Auch Eröffnungs- und Schließungsdaten sowie die Namen von Verfügungsberechtigten oder wirtschaftlich Berechtigten werden erfasst. Laut dem Bundeszentralamt für Steuern erfolgt keine Einsicht in Kontobewegungen oder Kontostände. Für eine umfassendere Kontoeinsicht wäre eine richterliche Anordnung oder die Zustimmung der betroffenen Person notwendig.
In welchen Fällen erfolgt ein Kontenabruf?
Der Zugriff auf Konten ist nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen erlaubt. Der automatisierte Kontenabruf dient vorrangig der Aufklärung steuerlich relevanter Sachverhalte und darf nur durchgeführt werden, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen keinen Erfolg versprechen. Er wird beispielsweise genutzt, wenn Unstimmigkeiten oder unvollständige Angaben in der Steuererklärung vorliegen oder wenn der Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht. Auch im Rahmen der Durchsetzung von Steuerforderungen oder zur Unterstützung anderer Behörden bei der Prüfung von Sozialleistungen kommt der Kontenabruf zum Einsatz.
Erfolgt eine Benachrichtigung über den Kontenzugriff?
Grundsätzlich ist vorgesehen, dass betroffene Personen nachträglich über einen durchgeführten Kontenabruf informiert werden. Laut VLH erfolgt diese Mitteilung häufig über einen Hinweis im Steuerbescheid. In bestimmten Fällen, etwa wenn eine Gefährdung des Ermittlungszwecks angenommen wird, kann auf eine Benachrichtigung verzichtet werden. Das ist beispielsweise bei Verdacht auf Steuerhinterziehung möglich.
Wie häufig greift das Finanzamt auf Kontodaten zu?
Die Zahl der automatisierten Kontenabrufe ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Nach Angaben von Lohi.de wurden im Jahr 2022 über 1,1 Millionen Anfragen gestellt, davon rund 294.000 durch die Finanzämter.
Welche Rechte bestehen bei einem Kontenabruf?
Trotz der stillen Durchführung des Abrufs bestehen für Betroffene gesetzlich verankerte Rechte. Nachträglich muss eine Information erfolgen, es sei denn, gesetzlich zulässige Ausnahmen greifen. Der Zugriff unterliegt den datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Im Fall einer unrechtmäßigen Maßnahme besteht die Möglichkeit, sich im Nachhinein juristisch zu wehren - etwa durch eine Fachaufsichtsbeschwerde.
Redaktion finanzen.net
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