Erbschafts-Analyse

DIW-Studie: Erbschaften verstärken die soziale Ungleichheit

18.03.21 23:31 Uhr

DIW-Studie: Erbschaften verstärken die soziale Ungleichheit | finanzen.net

Eine Studie des DIW in Berlin hat ergeben, dass die soziale Ungleichheit in Deutschland aufgrund von Erbschaften zunimmt, da ein Großteil des gesamten Erbvermögens auf die bereits wohlhabende Bevölkerung übertragen wird.

Erbschaften verschärfen Ungleichheit

Jedes Jahr werden in Deutschland Milliardensummen an Hinterbliebene vererbt, nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin belaufen sich diese Summen auf insgesamt 400 Milliarden Euro jährlich. Durchschnittlich betrugen die Erbschaften im Zeitraum von 2002 bis 2017 85.000 Euro, was einem Anstieg um 17 Prozent im Vergleich zur Periode 1986 bis 2001 entspricht.

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Werden die Erbschaften allerdings im Einzelnen betrachtet, zeichnet sich ein Bild der steigenden Ungleichverteilung ab. So werden rund 50 Prozent des gesamten Erbvolumens an die vermögendsten 10 Prozent der Erbempfänger weitergegeben, während die verbleibenden 50 Prozent an die restlichen 90 Prozent der weniger Vermögenden vererbt werden.

Entsprechend repräsentiert der Durchschnittswert von 85.000 Euro eine eher verzerrte Realität, weshalb die Autoren der Studie zusätzlich den Median ermittelten, welcher mit 32.000 Euro pro Erbschaft deutlich geringer ausfällt. Markus Grabka, Co-Autor der DIW-Studie kommentiert die Erbverteilung folgendermaßen: "Die Erbschaftswelle verschärft die absolute Vermögensungleichheit. Die Politik sollte dem entgegensteuern, indem sie beispielsweise verhindert, dass das Vererben großer Vermögen mit der Zehnjahresfrist zeitliche gesplittet wird."

Die ärmsten 20 Prozent gehen leer aus

Während durch das Verteilen der Erbschaften von vermögenden Erblassern auf mehrere Parteien die relative Ungleichheit in der Bevölkerung vermindert werde, spreize sich die absolute Schere laut der Studie zwischen den bereits vermögenden Erben und den weniger vermögenden Erben immer weiter.

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"Kinder, die in einem Haushalt aufgewachsen sind, der bereits ein höheres Einkommens- und Vermögensniveau aufwies, erhält später im Schnitt auch höhere Erbschaften und Schenkungen", erklären die Studienautoren.

Entsprechend können bereits vermögenden Erben mit einem durchschnittlich höheren Erbe rechnen. Laut der Studie erhalten die wohlhabendsten 20 Prozent der Erben im Mittelwert eine Erbschaft von 145.000 Euro, während die ärmsten 20 Prozent in 98 Prozent der Fälle leer ausgehen.

Regionale Unterschiede

Auch regional lässt sich ein signifikanter Unterschied bezüglich des vererbten Vermögens erkennen. Da es der Bevölkerung in der ehemaligen DDR kaum möglich war, ein Vermögen aufzubauen, fallen hier die Erbschaften geringer aus als im Westen.

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So belief sich das durchschnittliche Erbe im Untersuchungszeitraum auf 52.000 Euro im Osten, wohingegen im Westen im Durchschnitt etwa 92.000 Euro geerbt werden.

Die Gesamtsumme des Erbes errechnet sich hierbei aus Sparguthaben, Immobilien, Aktien, Bausparvermögen, Lebens- und privaten Rentenversicherungen, Schmuck, Edelmetalle, Münzen sowie Kunstgegenständen. Hiervon werden etwaige Kredite und andere Verbindlichkeiten abgezogen.

Um diesen Ungleichverteilungen entgegenzuwirken, plädieren die Studienautoren für Reformen hinsichtlich der Freibeträge und Fristen. "Würde die Zehnjahresfrist aufgehoben, könnten damit die Freibeträge pro ErblasserIn/SchenkerIn nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden und die Transfers würden effektiver besteuert. Dies könnte auch der hohen Staatsverschuldung durch Hilfsmaßnahmen in der Corona-Pandemie entgegenwirken", lautet das Fazit der Studie.

Henry Ely / Redaktion finanzen.net

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