Herbert Grönemeyer: Finanzielle Unterstützung für Kunst und Kultur von Deutschlands Millionären

Sänger Herbert Grönemeyer wirft in einem in der "Zeit" erschienenen Gastbeitrag das Scheinwerferlicht wieder dorthin, wo es seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie überwiegend dunkel blieb: die öffentliche Kunst- und Kulturszene. Die Botschaft: Hilfe, und zwar dringend - durch die Reichen.
Dabei stehe laut Grönemeyer nicht nur die Politik in der Pflicht, sondern die gesamte Gesellschaft müsse zu Hilfe eilen. Denn eine Gesellschaft sei wie eine Familie. Bricht die Existenz eines Familienmitgliedes weg, sei es selbstverständlich, dass die Familie zur Seite springt und hilft.
Kunst- und Kulturszene wie abgemeldet
Abgesagte Konzerte, verschobene Touren, geschlossene Kinos und Theater. Die öffentliche Kunst- und Kulturszene wurde von den staatlich verordneten Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie mit voller Breitseite getroffen. An vorderster Front stehen die Künstler und Musiker, doch hinter ihnen gerät eine ganze Branche mit einer Vielzahl an Beschäftigten in unterschiedlichen Berufen in Schieflage: der Veranstaltungsbereich.
Solidaritätssonderzahlung der Reichsten
Der Veranstaltungsbereich, dazu gehören "Crews, Techniker, Bühnenbauer, Beleuchter, Trucker, Busfahrer, Caterer, Roadies, Aufbauhelfer, Toningenieure, Clubbesitzer, Veranstalter" und Sicherheitspersonal - Grönemeyer zufolge der sechstgrößte Wirtschaftszweig des Landes mit 130 Milliarden Euro Umsatz und etwa einer Million Beschäftigten -, sei durch die Pandemie in finanzielle Not geraten. Vielen von ihnen drohten direkte Insolvenzen, weswegen sie bereits ihre Altersreserven anzapften. "Unser Unternehmenswert ist größer als der der gesamten ersten deutschen Fußballbundesliga", so Grönemeyer. Für ihn ist es daher an der Zeit für eine "Solidaritätssonderzahlung".
In der Solidaritätssonderzahlung sieht Grönemeyer eine mögliche Lösung für die Behebung der existenziellen Nöte innerhalb der Branche, wofür er den wohlhabendsten Teil der deutschen Bevölkerung ins Boot holen möchte. Würden die rund 1,8 Millionen Millionäre sich zu einer zweimaligen Sonderzahlung von beispielsweise 50.000 bis 150.000 Euro bereit erklären, stünde ein Gesamtpaket an Soforthilfen von rund 200 Milliarden Euro pro Jahr bereit, so Grönemeyer in dem Gastbeitrag. Diese könnten genau dort eingesetzt werden, wo sie am ehesten gebraucht werden: direkt bei den Menschen, die in ihrer Existenz bedroht sind. Mit ihnen könnten laut Grönemeyer Existenzen gesichert, Pleiten aufgefangen und Ängste gemildert werden. Schließlich sei Geld "im Übermaß und in Unverhältnismäßigkeit vorhanden, die Spaltung der Gesellschaften ist ein seit Jahrzehnten dramatischer werdendes, drohendes Problem".
Warum Grönemeyer die Kultur retten möchte
Für Grönemeyer sei die Kultur eine wichtige Stütze für die Menschen "in ihrer Verzweiflung, Trauer, in ihrer Lust, Freude, ihrem Lachen, ihrem Mut und ihrer Zuversicht" und ein wesentlicher Teil des gesellschaftlichen Lebens. Ohne eine unmittelbare Livekultur gebe es in einem Land Raum für "Verblödung, krude und verrohende Theorien" und drohe nach und nach die Seele verloren zu gehen. Die Kultur "in ihrer gesamten Vielfalt ist die rauschende Seele, ist der öffentliche Herzschlag eines Landes, und alle in ihr Beschäftigten und Auftretenden sind seine Schlagadern. Und in dieser grauen Phase sollte das Land seine Unterhalter kurz einmal unterhalten."
Philipp Beißwanger / Redaktion finanzen.net
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