Nachlass

Wie werden Schulden vererbt?

15.05.25 23:47 Uhr

Schulden erben: Was passiert mit Verbindlichkeiten im Erbfall? | finanzen.net

Der Verlust eines Angehörigen bringt nicht nur emotionale Belastungen mit sich, sondern wirft auch komplexe rechtliche und finanzielle Fragen auf. Eine zentrale davon ist, was mit den Schulden des Verstorbenen geschieht und welche Verantwortung die Erben tragen.

Was passiert mit den Schulden beim Tod?

In Deutschland regelt das Prinzip der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB), dass mit dem Tod einer Person nicht nur das Vermögen, sondern auch alle Verbindlichkeiten automatisch auf die Erben übergehen. Sie treten damit vollständig in die rechtliche Position der verstorbenen Person ein. Das bedeutet: Neben Immobilien, Sparguthaben oder Wertgegenständen können auch Kredite, offene Rechnungen oder andere Schulden Teil des Nachlasses sein - eine Tatsache, die vielen nicht bewusst ist.

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Welche Schuldenarten können vererbt werden?

Die übernommenen Schulden lassen sich dabei juristisch in drei Kategorien unterteilen: Zum einen sind da die Erblasserschulden - also solche, die der Verstorbene zu Lebzeiten aufgenommen hat, etwa durch Ratenkredite oder Hypotheken. Zweitens gibt es die sogenannten Erbfallschulden, die durch den Erbfall selbst entstehen. Dazu gehören beispielsweise Pflichtteilsansprüche oder die Auszahlung eines Vermächtnisses. Und schließlich gibt es die sogenannten Nachlasserbenschulden - also solche, die durch die Verwaltung oder Abwicklung des Nachlasses selbst entstehen, etwa durch Beauftragung eines Gutachters oder Anwalts.

Wie kann man sich vor der Schuldenhaftung schützen?

Angesichts dieser rechtlichen Lage stellt sich für viele die Frage, wie sie sich im Erbfall vor der Haftung für Schulden schützen können. Eine naheliegende Lösung ist die Ausschlagung der Erbschaft. Diese muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls und der eigenen Erbenstellung beim zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Mit der Ausschlagung verzichten Erben komplett auf den Nachlass - also auch auf mögliche Vermögenswerte. Denn ein sogenanntes "Rosinenpicken", bei dem man nur das Guthaben übernimmt und die Schulden ablehnt, ist gesetzlich nicht erlaubt. Wer ausschlägt, verliert damit alle Rechte am Nachlass, wird aber auch nicht zur Kasse gebeten.

Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz als Alternativen

Allerdings ist die Erbausschlagung nicht die einzige Möglichkeit, sich vor der Haftung mit dem eigenen Vermögen zu schützen. Wenn unklar ist, ob der Nachlass überschuldet ist oder das Vermögen die Schulden möglicherweise übersteigt, kann beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragt werden. In diesem Fall übernimmt ein vom Gericht eingesetzter Nachlassverwalter die ordnungsgemäße Abwicklung aller Verbindlichkeiten. Für Schulden haftet dann ausschließlich das Vermögen des Verstorbenen - das Privatvermögen der Erben bleibt geschützt. Sollte nach Begleichung der Schulden noch etwas vom Nachlass übrig bleiben, wird der verbleibende Wert an die Erben ausgezahlt.

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Reicht der Nachlass jedoch nicht aus, um sämtliche Forderungen zu bedienen, ist eine Nachlassverwaltung nicht mehr möglich. Stattdessen bleibt dann nur die Einleitung eines sogenannten Nachlassinsolvenzverfahrens. Auch hier werden die Gläubiger gleichmäßig bedient, ohne dass der Erbende mit seinem eigenen Vermögen haftet. Beide Verfahren - Verwaltung wie Insolvenz - bringen jedoch zusätzlichen Aufwand und Kosten mit sich. Laut Expertinnen und Experten, wie etwa Rechtsanwältin Stephanie Herzog vom Deutschen Anwaltverein, kann sich der Erbe in Fällen, in denen selbst diese Kosten nicht gedeckt sind, auf die sogenannte Dürftigkeitseinrede berufen. Dann darf er den Nachlass selbst verwalten, ohne mit eigenem Geld für Schulden aufkommen zu müssen.

Wann juristische Beratung sinnvoll ist

Da die Rechtslage komplex und die Konsequenzen weitreichend sein können, sollten Erben frühzeitig die finanzielle Situation des Verstorbenen prüfen. Bei ersten Anzeichen für eine mögliche Überschuldung oder Unsicherheiten rund um die Haftung empfiehlt es sich, professionelle rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen - idealerweise bei Fachanwälten für Erbrecht mit Spezialisierung auf Erbenhaftung. So lassen sich finanzielle Risiken vermeiden und fundierte Entscheidungen treffen.

D. Maier / Redaktion finanzen.net

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