Urlaub vererben: Das passiert mit Resturlaubstagen nach dem Tod eines Arbeitnehmers

Bislang war das Bundesarbeitsgericht der Überzeugung, dass ein Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers verfällt. Aufgrund einer EuGH-Entscheidung hat das BAG seine Rechtsauffassung jedoch geändert.
Erben können finanziellen Ausgleich für nicht genutzte Urlaubstage verlangen
Die Erben eines Arbeitnehmers können von dessen Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich für nicht in Anspruch genommene Urlaubstage verlangen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden und damit eine Kehrtwende eingeläutet. Bislang hatte das Gericht in seiner Rechtsprechung regelmäßig eine gegenteilige Auffassung vertreten. Nachdem das BAG dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere entsprechende Fälle zur Entscheidung vorgelegt hatte, folgte es jedoch der Rechtsauffassung der europäischen Judikative. Der EuGH entschied, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht mit dessen Tod untergehe und die Erben als Ausgleich eine finanzielle Vergütung vom Arbeitgeber verlangen könnten (EuGH, Urteil vom 6.11.2018, Az: C‑570/16; C-569/16).
BAG-Rechtsprechung bislang eindeutig
Wie das Rechtsportal Haufe.de berichtet, war die Rechtsprechung des BAG in dieser Angelegenheit bislang eindeutig - der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers geht mit dessen Tod unter und kann nicht in einen Abgeltungsanspruch (§ 7 Abs. 4 BUrlG) umgewandelt werden (BAG, Urteil vom 12.03.2013, 9 AZR 532/11). Damit kann er auch kein Teil der Erbmasse werden. In seinem Urteil vom 22.09.2015 (9 AZR 170/14) vertritt das BAG die Auffassung, dass lediglich bereits entstandene Urlaubsabgeltungsansprüche vererbbar seien.
Der EuGH entschied 2014, dass eine Vorschrift im nationalen Recht eines Mitgliedstaates, die den ersatzlosen Untergang des Anspruches auf bezahlten Jahresurlaub bei nicht Inanspruchnahme und Tod des Arbeitnehmers vorsieht, dem Art. 7 der EU-Richtlinie 2003/88 entgegensteht (Urteil vom 12. Juni 2014, Az. C-118/13, Fall Bollacke). Wie Haufe.de betont, sprach sich sowohl das Arbeitsgericht Berlin als auch das Landesarbeitsgericht Köln daraufhin für einen Urlaubsabgeltungsanspruch zugunsten der Erben aus (Urteil vom 07. Oktober 2015, Az. 56 Ca 10968/15), (LAG Köln, Urteil vom 14.07.2016 - 8 Sa 324/16).
Nationale Rechtsvorschrift muss EU-konform ausgelegt werden
Die Entscheidung des EuGH ist Haufe.de zufolge eindeutig. Nach Unionsrecht darf der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht mit dessen Tod untergehen. Außerdem können die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers eine finanzielle Vergütung für den vom Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen Urlaub verlangen. Sollte eine nationale Rechtsvorschrift dies ausschließen und damit nicht mit Unionsrecht vereinbar sein, könnten sich die Erben direkt auf Unionsrecht berufen, wie Haufe.de betont. Dabei spiele es keine Rolle, ob es sich um einen privaten oder öffentlichen Arbeitgeber handelt.
Das nationale Gericht müsse nach Überzeugung des EuGH die nationale Regelung im Einklang mit EU-Recht auslegen oder von der Anwendung der Regelung absehen. Das BAG hat das deutsche Urlaubsrecht in den genannten Fällen unionsgerecht ausgelegt. Demnach ergebe sich aus den §§ 1, 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), dass ein Resturlaub auch dann abgegolten werden muss, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet wurde. Der Vergütungsanspruch für den nicht genommenen Jahresurlaub wird zudem Teil der Erbmasse des Verstorbenen. Das BAG stellte außerdem klar, dass nicht nur der gesetzliche Mindesturlaub, sondern auch ein etwaiger Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen Teil der Erbmasse werden kann.
M. Wieser / Redaktion finanzen.net
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