Protokollpflicht bei Anlage
Gut beraten und jederzeit überprüfbar – seit 1. Januar 2010 sind Beratungsprotokolle vor dem Wertpapierkauf Pflicht. Was Anleger dabei beachten sollten.
von Claudia Marwede-Dengg, Euro am Sonntag
Wer zu seinem Bankberater geht und sich über die besten Fonds, Anleihen und Aktien informieren lassen will, muss künftig mehr Zeit mitbringen. Seit dem 1. Januar hat der Gesetzgeber die deutschen Geldhäuser verpflichtet, Beratungsgespräche über das Thema Wertpapieranlage zu protokollieren. So steht es in dem neu gefassten Paragraphen 34 Absatz 2a Wertpapierhandelsgesetz.
Die Neuregelung ist vor allem eine Reaktion auf die zahlreichen Geschädigten im Zuge der Lehman-Pleite vor gut einem Jahr. Vielen – vor allem älteren – Kunden waren Lehman-Zertifikate angedient worden, obwohl sie eine sichere Geldanlage haben wollten. Nach der Pleite der US-Bank mussten sie ihr Geld jedoch abschreiben, wenn sie nicht einen Beratungsfehler nachweisen konnten. Das soll künftig mit einem obligatorischen Protokoll nicht mehr möglich sein. Hintergrund: Bei einer Pleite des Emittenten sind Zertifikate in der Regel praktisch wertlos – und anders als etwa bei Guthaben auf Spar-, Termin oder Girokonten greift dann in den allermeisten Fällen auch keine Einlagensicherung.
Doch zurück: Ausnahmen von der Protokollpflicht erlaubt der Gesetzgeber nur noch in zwei Fällen. Zum einen muss die Bank bei Kunden, die ihr Geld auf einem Tages- oder Festgeldkonto anlegen wollen, das Beratungsgespräch nicht schriftlich festhalten. Das gilt auch für alle anderen Produkte, die nicht unter das Wertpapierhandelsgesetz fallen. Zum anderen entfällt die Protokollpflicht bei so genannten beratungsfreien Geschäften, also wenn ein Kunde Wertpapiere bei seinem Geldinstitut ordert, ohne sich vorher beraten zu lassen.
Grundsätzlich soll das Protokoll sicherstellen, dass die Kunden vor dem Kauf von Wertpapieren besser informiert und damit auch besser vor Falschberatung geschützt sind. Der Anleger kann auch im Nachhinein noch einmal in Ruhe die einzelnen Anlageempfehlungen durchgehen. Außerdem ist das Protokoll bei gerichtlichen Auseinandersetzungen ein Nachweis, inwieweit der Bankberater den Anlagewunsch des Kunden auch tatsächlich berücksichtigt hat.
Und was steht nun in dem Beratungsprotokoll? Das Protokoll muss den Inhalt des Gesprächs zwischen Bankberater und Kunden wiedergeben. Zunächst werden die Personalien der Beteiligten festgehalten. Dazu gehören auch Angaben über den Kundenberater: neben Namen und Telefonnummer auch seine berufliche Qualifikation, seinen Status – angestellt oder selbständig – und seinen Arbeitgeber. Da der Berater sich über die persönliche Situation des Kunden ein Bild verschaffen muss, sollte der Kunde sich auf folgende Fragen einstellen: Höhe seines Jahresnettogehalts, seiner Vermögens- und Immobilienwerte, Höhe seiner finanziellen Verpflichtungen – zum Beispiel Unterhalt für Ehefrau / Kinder / Eltern oder Kredite – sowie Höhe des frei verfügbaren Einkommens. Auch Dauer und Ort des Gesprächs werden im Protokoll festgehalten.
In einem zweiten Schritt werden dann die Erfahrungen und Wünsche des Kunden ermittelt. Der Berater fragt nach Erfahrungen in den einzelnen Anlagekategorien, angefangen von einlagengesicherten Anlagen über festverzinsliche Wertpapiere, Geldmarktfonds, Offene Immobilienfonds, Rentenfonds, Aktien- und Mischfonds, Aktien und Zertifikate bis hin zu unternehmerischen Beteiligungen wie geschlossenen Immobilien- oder Schiffsfonds. Der Kunde soll aber auch angeben, in welche Produkte er auf keinen Fall nicht mehr investieren möchte und welchen Zweck er mit der Geldanlage verfolgt. Weitere Themen sind die Höhe des anzulegenden Betrags, dessen Verfügbarkeit, die Art der Verzinsung, gewünschte Sicherheit der Anlage sowie der Zinsen oder Erträge und die mit dem Investment verfolgten Prioritäten.
Auf dieser Basis erstellt der Berater seine Anlageempfehlung und begründet diese ausführlich. Ganz wichtig ist hier auch das Thema Kosten: Hier sollte das Protokoll Anschlussgebühren, laufende Kosten, Ausgabeaufschläge, einmalige oder laufende Provisionen sowie alle sonstigen Kosten als Geldbetrag in Euro auflisten.
Diese Auflistung ist idealtypisch, denn leider gibt es keine einheitlich gestaltete Protokollvorlage, sondern jedes Geldinstitut hat seine eigene Variante. Für das Gespräch mit dem Bankberater ist die Checkliste Verbraucherfinanzen des Verbraucherschutzministeriums eine gute Ausgangsbasis. Sie lässt sich übers Internet herunterladen von bmelv.de.
Nach dem Beratungsgespräch ist die Bank verpflichtet, das Protokoll zu erstellen und "unverzüglich" dem Kunden auszuhändigen - und zwar bevor er sich für den Kauf der Aktie A, der Unternehmensanleihe B oder des Fonds C entscheidet.
Der Anleger tut gut daran, das Protokoll kritisch darauf hin zu prüfen, ob der Inhalt des Beratungsgespräches auch richtig wiedergibt. Wenn nicht, sollte er umgehend widersprechen und um Berichtigung bitten. Unterschreiben muss der Kunde das Protokoll dagegen nicht – obwohl das einige Banken in ihren Formularen vorsehen. Verbraucherschützer raten sogar von der Unterschrift ab. Ihre Begründung: Noch sei nicht geklärt, ob sich die Unterschrift für den Kunden später vor Gericht nachteilig auswirken könnte. Etwa weil er damit erklärt haben könnte, dass das Protokoll den Ablauf der Beratung korrekt wiedergebe.
Übrigens: Die Protokollpflicht beschränkt sich nicht nur auf die Beratung in der Filiale. Sie gilt auch für telefonische Beratung. Allerdings gibt es hier es einige Besonderheiten: Im Unterschied zur Beratung vor Ort erhält der Kunde das Protokoll meist erst später. Möchte er vorher Wertpapiere kaufen, räumt die Bank oder Sparkasse ein Rücktrittsrecht ein, falls das versandte Protokoll unrichtig oder unvollständig ist, ein. Die Frist hierfür beträgt eine Woche ab Erhalt des Protokolls.