Steuern

Eheverträge: Den Fiskus verschaukeln

aktualisiert 24.07.11 09:38 Uhr

In der Ehe kann sich die Vermögensverschiebung manchmal lohnen – nicht nur steuerlich. Alles über die Güterstandsschaukel.

von Michael H. Schulz, €uro am Sonntag

Rette die Million.“ Ausgerechnet in der Fernsehquizshow von Jörg Pilawa offenbarte Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, dass ihr 20-jähriger Ehevertrag 2012 auslaufe. Dann müsse mit Ehemann Udo neu verhandelt werden.

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Die Eheleute Kraft sind eine Ausnahme. 95 Prozent aller frisch verheirateten Paare in Deutschland bemühen erst gar keinen Notar, um ihre Zweisamkeit zu regeln. Aus Juristensicht leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das hat der Staat als „normale“ Form des Zusammenlebens anerkannt. Hierbei bleibt das Vermögen der Eheleute getrennt.

Im Fall der Scheidung endet die Zugewinngemeinschaft. Dann findet ein Vergleich statt, wie sich das Vermögen während der Ehe entwickelt hat. Wer mehr erspart oder erworben, also hinzugewonnen hat, muss dem anderen einen Ausgleich für seinen Zugewinn zahlen.

Entsprechendes kann auch im Erbfall gelten, wenn ein Ehegatte das Erbe seines verstorbenen Partners ausgeschlagen hat oder enterbt wurde. Wer das Vermögen getrennt halten, im Scheidungsfall aber Ausgleichsansprüche ausschließen will, kann das vertraglich vereinbaren. „Modifizierte Zugewinngemeinschaft“ heißt das im Fachjargon.

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Doch unter bestimmten Vermögenskonstellationen kann sich ein Zugewinnausgleich auch in einer völlig intakten Ehe lohnen. Dieser Güterstandswechsel erfolgt in einem Ehevertrag, den ein Notar beglaubigen muss. Das ist dann sinnvoll, wenn etwa ein Partner sein Vermögen mit einer geerbten oder gekauften Immobilie auf den Namen beider Eheleute umschreiben lässt, damit im Alter beide angemessen abgesichert sind.

Getreu dem Motto eines alten Hits von Hans Albers („Komm auf die Schaukel, Luise“) vereinbaren beide Partner im notariellen Ehevertrag dann die Gütergemeinschaft.


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Der Clou: Der Zugewinnausgleich aus der Vermögensübertragung ist für den Partner schenkungsteuerfrei. Der Haken: Bei der Gütergemeinschaft haften beide Partner für den anderen mit dem Gemeinschaftsvermögen (siehe Tabelle). „Deshalb ist häufig der Wechsel in die Gütertrennung zu empfehlen“, erklärt Matthias Rösler, Rechtsanwalt beim Deutschen Forum für Erbrecht in München.

Lukratives Hin und Her. Mit dem Schaukeln in die Gütertrennung hinein und gleichzeitig wieder zurück in die ­Zugewinngemeinschaft können die Ehepartner den Fiskus legal ­verschaukeln.

Güterstandsschaukel nennen Experten diesen doppelten Wechsel. Mit dem Ende der Zugewinngemeinschaft ist ein Ausgleich von einem an den anderen Partner fällig. Dabei kann der Zugewinnausgleich sogar niedrig verzinslich bis zum Tode gestundet werden.

Weil es sich nicht um eine freigebige Zuwendung handelt, ist die Zahlung an den Ehepartner nicht schenkungsteuerpflichtig. „Und zwar auch dann nicht, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Anschluss an die Beendigung neu begründet wird“, entschied der Bundesfinanzhof (Az. II R 29/02).

„Die Güterstandsschaukel rechnet sich“, weiß Rolf Rahm, Fachanwalt für Erbrecht bei der internationalen Beratungsgesellschaft Ecovis.

Doch Vorsicht: raus aus der Zugewinngemeinschaft, rein in die Gütertrennung und schnell wieder zurück in die Zugewinngemeinschaft – das kann theoretisch alles im selben notariellen Ehevertrag stehen. Allerdings hat der Bundesfinanzhof dazu noch kein höchstrichterliches Urteil gefällt. Die Gefahr ist groß, dass ein Finanzamt anders entscheidet.

Zwei notarielle Eheverträge, am besten zeitlich gestaffelt, gelten nach Ansicht von Experten als die siche­rere Variante, denn sie ist steuerlich wasserdicht. Das kostet zwar mehr, aber dieses Extrasalär für den Notar rechnet sich im Vergleich zur Schenkungsteuer fast immer. „Nach den vom Bundesfinanzhof aufgestellten Grundsätzen fällt jedoch dann Schenkungsteuer an, wenn dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten eine überhöhte Ausgleichsforderung verschafft wird“, verdeutlicht Fachanwalt Matthias Rösler.

Doch obgleich der doppelte Güterstandswechsel in aller Regel steuerlich anerkannt ist, hat diese Schaukel auch ihre rechtlichen Unwäg­barkeiten. Etwa dann, wenn die ­Eheleute nach einem einheitlichen Plan – zum Beispiel in einem Vertrag – zwischen den Güterständen hin- und herschaukeln, um die Bemessungsgrundlage des Pflichtteils ihrer Kinder zu reduzieren. Der Bundesgerichtshof hat auch diesen Fall noch nicht entschieden. Fachanwälte erwarten aber, dass das Gericht solche Gestaltungen als missbräuchlich verwerfen wird.

Güterstandsschaukeln zur Aushöhlung des Pflichtteils seien rechtlich unwägbare Grenzfälle, von denen abzuraten sei, warnt Fachanwalt Rösler. Er betont aber: „Eheverträge können ein kluges Mittel sein, um Steuern zu sparen oder um eine gerechtere Verteilung des Vermögens im Hinblick auf die Altersversorgung des Partners zu ermöglichen.“

Soll der Partner, der eventuell nur eine kleine gesetzliche Rente erwarten kann, durch die Schaukel bessergestellt werden, lohnt es sich, die Schritte genau zu dokumentieren. Denn der Fiskus fragt gern nach, vor allem, wenn ihm Einnahmen durch die Lappen gehen.

Für Ministerpräsidentin Kraft und ihren Mann dürfte die Versorgungsfrage bei dem neu auszuhandelnden Ehevertrag eventuell eine ausschlaggebende Rolle spielen. Der anteilige Gewinn aus der Spielshow „Rette die Million“ ist dagegen kein Motiv. Das Paar spendete den Betrag für einen sozialen Zweck.
Vor- und Nachteile der ehelichen Güterstände (pdf)