Problem vertagt!

Das Rettungspaket für Griechenland steht und die Börse reagierte mit kräftigen Gewinnen.
Ein genauer Blick auf die Beschlüsse fällt aber weit kritischer aus. Positiv ist vor allem, dass man überhaupt eine Einigung erzielt und damit eine unkontrollierte Pleite Athens mit ihren unabsehbaren Folgen für die Finanzmärkte (vorerst) verhindert hat. Auch das Vorhaben, eine Art Marshallplan aufzustellen, ist richtig. Nur Sparen hilft wenig, Griechenland braucht Investitionen, muss quasi ein völlig neues Geschäftsmodell entwickeln. Leider gibt es zur Art der vorgesehenen Unterstützung noch keine Angaben.
Eine Frage der Sicht
Besonders unsere Bundeskanzlerin betonte die starke Beteiligung der Privatwirtschaft an dem Paket. Dem ist aber so nicht zuzustimmen. Die privaten Gläubiger sollen ihre Anleihen mit einem Abschlag von 21 Prozent gegen neue, garantierte Anleihen des EFSF tauschen. Am Markt waren die griechischen Papiere (je nach Ausgestaltung) zuletzt aber nur noch mit der Hälfte oder weniger ihres Werts gehandelt worden. Wer also vorher schon entsprechende Abschreibungen vorgenommen hat (was dank der laxen Bilanzierungsregeln wohl bei kaum einer Bank der Fall ist) kann sich jetzt über hohe außerordentliche Erträge freuen. Finanzinstitute, die schon vorab von dem Beschluss „geahnt“ hatten, konnten zu 50 Euro Anleihen kaufen und die jetzt für 79 Euro verkaufen: Ein Gewinn von fast 60 Prozent - und das mit staatlicher Garantie. Die Bankenlandschaft dürfte also nicht so hart getroffen sein, wie Ackermann behauptet.
Schuldenproblem ungelöst
Durch das Paket werden Griechenland rund 26 Milliarden Schulden erlassen. Das reicht bei weitem nicht aus, um das Problem zu lösen. Alleine im ersten Halbjahr 2011 hat Athen nach jüngsten Daten ein Defizit von 12,7 Milliarden Euro erwirtschaftet (nach rund 10 Milliarden Euro im Vorjahr). Die künftig geringeren Zinssätze sind hilfreich, werden aber auch bei einem Schuldenstand von dann rund 330 Milliarden Euro nicht bezahlbar sein. Im ersten Halbjahr 2011 gingen rund ein Drittel der Staatseinnahmen Griechenlands nur für Zinszahlungen drauf.
Mit dem Paket wurde die unmittelbare Pleitegefahr Griechenlands abgewendet, das Problem aber nicht gelöst. Wegen der verstärkten Haftung anderer EU-Staaten (Transferunion) besteht vielmehr die Gefahr, dass die Krise auf Sicht von einigen Jahren den gesamten Währungsraum erfasst.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global
Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf
deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und
bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes
deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter
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