Nachkaufgelegenheit oder Zeit zum Ausstieg?

Sehr geehrte Damen und Herren, weder Fleisch noch Fisch waren die Börsen in den vergangenen Handelstagen!
Orientierungslos dümpelten die Indizes hin und her und konnten sich für keine Richtung entscheiden. Phasenweise wähnten sich die Bullen im Vorteil, nur um dann von den Bären wieder etwas auf die Hörner zu bekommen- oft ein typisches Zeichen für eine Umverteilungsphase von starken in schwache Hände!
Gerne stelle ich fest, dass trotz (oder wegen?) meiner momentan defensiven Haltung nach unten hin bisher nichts „angebrannt“ ist. Nichtsdestotrotz verharren die Märkte in einem relativ hohen Risikozustand und es ist nicht die Zeit für Heldentaten. Vielmehr muss der clevere Anleger erkennen, dass jetzt Fahrlässigkeiten viel härter von „Mr. Market“ bestraft werden als in anderen Situationen. Nach wie vor zeigt das Risiko-Barometer des Bullish Percent Indikator das Dilemma des Marktes und ich würde nicht dagegen halten. (Siehe auch Chart weiter unten). Viel mehr zeigt sich jetzt, dass man für langfristig gute Investments eine Gabe benötigt, die nicht viele Menschen besitzen: Geduld und die Fähigkeit, sich phasenweise von der Herde der Anleger zu entfernen! Nach diesem Grundprinzip handeln die großen Investoren und nach diesem Muster stelle ich die Depots meiner Kunden zusammen.
Wie gewohnt will ich Sie hier nicht mit den üblichen Standardfloskeln abspeisen, warum der Markt mit diesen oder jenen Reaktionen auf die guten und schlechten Nachrichten der vergangenen Tage reagierte. Diese Art von Info-Tainment hilft keinem Menschen weiter- vor allem keinen Investor und ebenfalls keinen technisch orientierten Trader!
Kurz festhalten will ich aber, dass nach der positiven US-Quartals-Saison negative Nachrichten wie der Bericht zum amerikanischen Immobilienmarkt, und positive wie die Frühindikatoren, sich die Waage hielten.
Speziell wenn von außen keine substanziell neuen Nachrichten auf einen gesättigten Markt treffen, lohnt es sich den inneren Markt zu analysieren. Schnell wird deutlich, dass momentan der breite Aktienmarkt unter leichten Kapitalabflüssen leidet, während nur sehr wenige hoch kapitalisierte Werte den Dow Jones Index oben halten. Dies ist natürlich kein gutes Zeichen und sollte unbedingt beachtet werden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass immer mehr wichtige Industriesektoren Verkaufssignale bilden, bzw. an relativer Stärke verlieren. Exemplarisch nenne ich hier den wegen seiner für den Gesamtmarkt großen Bedeutung angeschlagenen US-Bankensektor, der nach seiner starken Rallye jetzt sehr zerklüftet ist. Immerhin haben 11 Banktitel jüngst ein neues Hoch und 10 ein neues Jahrestief markiert. Man ist hier also derzeit mit relativ hohem Risiko investiert, da der Sektor volatil ist und sich der größte Teil des Risikos einer Aktie im Sektor und nicht im Einzeltitel verbirgt. Das Dilemma der Banken zeigt aber auch der Chart, der ein deutliches technisches Warnsignal in Form einer Bullenfalle gegeben hat.
Bullenfalle im US-Bankensektor

Da die weltweiten Börsen sehr eng am Tropf der US-Börsen hängen, macht es auch für deutscher Anleger Sinn, diese sehr genau zu beobachten. Vor allem der US-Bankensektor, der seit drei Jahren zu den wichtigsten Leithammeln zählt, verdient Aufmerksamkeit. Speziell der Point & Figure-Chart mit seinen hohen X-Säulen (Nachfrageüberschuss) und seinen kleineren O-Säulen (Angebotsüberschuss) zeigt den dynamischen Aufwärtstrend der Banken, der seit September bereits eine Konsolidierung durchläuft. Als grobe aber sehr effiziente Orientierung dient die blaue „bullische Unterstützungslinie“ gegen die man niemals handeln sollte. Ebenfalls ist es ein langfristig gutes Zeichen, dass der Bankenindex die von oben kommende „bärische Widerstandslinie“ durchstossen hat und sich oberhalb von dieser hält! Kurzfristig sendet der Chart aber Warnsignale in Form einer Bullenfalle, die sich im Oktober (Buchstabe A) an einem wichtigen Punkt bildete. Die Kursregionen mit häufigen Spaltenwechseln sind wichtige Unterstützungs- und Widerstandslinien, hier z.B. die Gegend um 48. Der Bankenindex schaffte hier nur einen temporären Durchstoss. Wer auf dieses Signal hin handelte, musste bereits nach einigen Tagen seine Position wieder auflösen, um seine Verluste zu begrenzen. Dies führte dazu, dass kürzlich der Bankenindex ein objektives Verkaufssignal der P & F Technik bildete, indem die aktuelle O-Säule (Angebot) die vorhergehende unterschritt. Dies macht den gesamten Sektor für eine Weile uninteressant, vor allem aus Gründen des Risiko-Managements. Die Schwäche der Banken könnte aber eine Korrektur des gesamten Marktes andeuten, wie es bisher mehrfach geschah. Unterstützung findet der Bankindex bei etwa 38 Indexpunkten, die mögliche Zielregion ist aber 34!
Nach wie vor erhöhte Risiken für Aktien

Das von mir hier schon mehrfach angesprochene „Bullish Percent-Konzept“ ist ein Risiko-Parameter, welches die Zustände eines Marktes in verschiedene Gefahrenbereiche differenziert. Es handelt sich hierbei auf keinen Fall um ein Timinginstrument, sondern um einen Gradmesser für das Risiko von Aktienengagements. Dieser Indikator ist so wichtig, da er Ihnen den „inneren“ Zustand des Marktes oder eines Sektors verrät. Marktzustände oberhalb von 70% sind überkauft und mit Vorsicht zu genießen, obwohl gerade dann die Mehrheit der Kommentatoren euphorisch wird. Bildet sich aber in diesem Bereich, wie aktuell, eine O-Spalte, ist mit Verlusten zu rechnen, die über das Maß von Gewinnmitnahmen hinausgehen . Mindestens 6 % aller Werte müssen ein objektives Verkaufssignal ausbilden, um eine neue O-Spalte zu eröffnen. In anderen Worten könnte man auch sagen, der BPI zeigt, wie viele Prozent der Aktien eine Hausse oder Baisse mittragen.
Sehr gut erkennen Sie den ungewöhnlich dynamischen Aufwärtstrend der an der NYSE gehandelten Aktien seit dem Frühling dieses Jahres. Der NYSE BPI erreichte einen derartig überkauften Marktzustand, wie wir ihn weder im Jahr 2000 noch 2003 erlebt haben. Die aktuelle O-Spalte verdeutlicht, dass aus dem breiten Markt Kapital abfließt, während die bekannten Indizes nur von wenigen „schweren“ Werten oben gehalten werden. Dies ist eine Aufforderung an aufmerksame Anleger, mit engen Stopps zu arbeiten und Positionen abzusichern. Praktisch alle schärferen Korrekturen traten innerhalb dieses Marktzustandes auf. Meiner Meinung nach konnte der NYSE BPI nur wegen der künstlichen Liquidität in den Märkten, für welches die internationalen Notenbanken sorgen, dieses hohe Niveau erreichen. Nach wie vor sind die Märkte extrem liquide und es gilt das Motto „don`t fight the FED“! Aber gerade die durch die aggressiven Anleihenkäufe der FED manipulierten Märkte beinhalten ein hohes Risiko, welchem man sich nicht aussetzen sollte. Im Frühling zeigte der Bullish Percent unterhalb von 20 Punkten tolle Investmentgelegenheiten. Heute ist eher die Zeit, sein Vermögen zu beschützen als es zu mehren!
Klaus Buhl verfügt über langjährige Erfahrung in der Vermögensverwaltung und betreibt die Seite www.kb-assets.de, die vor allem Tipps für die Kombination von Absolut-Return-Strategien und vermögensverwaltenden Konzepten gibt!
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