Bosse, schaut auf die Bundesliga!

Welcher „Steuermann“ verdient nur ein Viertel eines Vorstandsvorsitzenden, trägt aber ...
... ein sechsmal höheres Entlassungsrisiko? Der gemeine Bundesligatrainer. Das haben Wissenschaftler des Institute for Sports, Business & Society an der EBS Universität festgestellt. In ihrer Studie „In the Line of Fire“ verglichen die Forscher die Verweildauer von 97 Cheftrainern mit der von CEOs in DAX- und MDAX-Unternehmen.
63% aller Trainerentlassungen seit der Saison 1998/99 erfolgten dabei auf Grund expliziter Erfolglosigkeit. Die Unternehmenslenker wurden deswegen nur in 10% der Fälle gefeuert. Manch Aktionär stöhnt bei diesem „Missverhältnis“ auf und wünscht sich mehr Stadionluft für deutsche Chefetagen!
Denn mit einem Uli Hoeneß im Nacken hätte Jürgen Schrempp vermutlich nicht die Gelegenheit bekommen, den Daimler-Konzern in seiner gut zehnjährigen Amtszeit in eine sinnlose Fusion mit Chrysler zu treiben und zu einem der schlimmsten Underperformer im DAX zu degradieren. Und ein Rudi Assauer hätte wohl die Rote Karte gezückt, bevor Michael Frenzel den Börsenwert von Preussag durch „Umbau“ zur TUI um satte 80% eindampfte.
Verstehen Sie uns bitte nicht falsch: Natürlich wünschen wir uns für Deutschlands Großkonzerne kein schnell drehendes Personalkarussell à la Bundesliga. Aber ein paar Rote Karten für die schlimmsten Kapitalvernichter auf den Chefsesseln dann doch. Wir fordern ja gar nicht, dass bei einem viermal höheren Gehalt und einem sechsmal niedrigeren Entlassungsrisiko auch der Erfolg eines Vorstandsbosses um den Faktor vier, sechs oder vier mal sechs höher sein sollte als bei einem Bundesligatrainer – obwohl das jeden Aktionär glücklich machen würde! Aber jeder Konzernboss muss es ertragen können, dass ihn kritische Anteilseigner auch an der Kursentwicklung messen – genauso wie jeden Bundesligatrainer am Tabellenplatz.
Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.