Abschuss von Drohnen? Dobrindt plant Gesetzesreform noch im Herbst

28.09.25 14:47 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Im Kampf gegen illegale Drohnenüberflüge will Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die Befugnisse der Bundeswehr deutlich erweitern. "Ich will im Luftsicherheitsgesetz festschreiben, dass die Bundeswehr der Polizei im Inneren Amtshilfe leisten darf - gerade bei Drohnenabwehr-Einsätzen", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post". Die Gesetzesgrundlage will Dobrindt noch in diesem Herbst auf den Weg bringen, wie er am Samstag vor Journalisten in Berlin sagte.

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Nach "Bild"-Informationen ist zentraler Bestandteil der geplanten Reform, dass die Bundeswehr im Falle einer akuten Bedrohung künftig Drohnen abschießen darf. Das soll demnach möglich sein, falls dies das einzige Mittel zur Abwehr eines schweren Unglücks ist.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte auf Anfrage mit, derzeit liefen Abstimmungen für eine Reform des Bundespolizeigesetzes sowie einer Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes. Zu laufenden Gesetzgebungsverfahren wollte sich das Ministerium nicht näher äußern.

Die damalige rot-grüne Minderheitsregierung hatte eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes schon im Januar auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf der damaligen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sollte den Streitkräften die Anwendung von "Waffengewalt gegen unbemannte Luftfahrzeuge" ermöglichen. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl wurde das aber nicht mehr umgesetzt.

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Aufspüren, Abfangen, Abschießen

Dobrindt sagte in Berlin, es gehe um das Aufspüren, Abfangen und auch um das Abschießen von Drohnen. "Das sind die Grundlagen, über die wir da sprechen, wenn wir uns neu aufstellen für die Drohnenabwehr." Die Zahl der Drohnensichtungen erhöhe sich. "Daraus kann man auch schließen, dass die Bedrohungslage höher wird", sagte Dobrindt.

Er schränkte ein, dass ein reiner Überflug nicht zwingend eine akute Gefahr bedeute. Bisher hätten die Lagebilder ergeben, dass keine akute, konkrete Gefahr von den Überflügen ausgegangen sei. "Trotzdem ist das etwas, was wir ernst nehmen müssen, weil daraus schnell eine Gefahr entstehen kann."

Zahl der Flugstörungen steigt

Zuletzt hatten Drohnen in Dänemark stundenlang Flughäfen lahmgelegt, am Freitagabend wurde erneut mindestens eine Drohne entdeckt, diesmal laut Nachrichtenagentur Ritzau am Militärstützpunkt Karup. In der Nacht zum Freitag waren auch in Schleswig-Holstein Flugkörper gesichtet worden.

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Laut Zahlen der Deutschen Flugsicherung gab es zuletzt deutlich mehr Störungen durch Drohnen an deutschen Flughäfen. Im laufenden Jahr wurden demnach bis Ende August bereits 144 Behinderungen durch Drohnen registriert. Im Vorjahr seien es im selben Zeitraum 113 Vorkommnisse gewesen, im Jahr 2023 nur 99.

Auch die Zahl gemeldeten GPS-Störungen ist laut Verkehrsministerium stark gestiegen: In den ersten acht Monaten dieses Jahres registrierte die Flugsicherung 447 Störungen - deutlich mehr als in den gesamten Jahren 2024 (298) und 2023 (25). Darüber berichtete die "Welt am Sonntag".

Bericht: Maßnahmenkatalog gegen Drohnen

Die Drohnenabwehr-Pläne der schwarz-roten Bundesregierung umfassen laut "Bild" neben der Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes auch einen Maßnahmenkatalog, der die Erfassung und Klassifizierung illegaler Drohnen, den Einsatz elektronischer Abwehrmittel wie Störsender oder die Übernahme der Steuerung sowie - als letztes Mittel - den Einsatz von Waffengewalt vorsieht. Geschützt werden sollen vor allem Menschenleben sowie kritische Infrastrukturen wie Energieversorgung und Regierungsgebäude.

Dobrindt nannte in der "Rheinischen Post" auch das Ziel, ein deutsches Drohnen-Kompetenzzentrum aufzubauen, in dem Bund, Länder und Bundeswehr vernetzt sind.

Kritik an seinen Plänen kommt von der Gewerkschaft der Polizei. Andreas Roßkopf, GdP-Vorsitzender für die Bundespolizei, warnte vor möglichen Risiken. "Ein reiner Abschuss von Drohnen im Inland, gerade im Bereich von Kritischer Infrastruktur wie etwa Flughäfen, wäre ein kaum kalkulierbares Risiko", sagte er der "Rheinischen Post".

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Dirk Peglow, meldete zudem rechtliche Bedenken an. "Der Einsatz der Streitkräfte im Inland ist nur unter ganz engen, klar definierten Voraussetzungen erlaubt, etwa beim inneren Notstand oder bei einer Naturkatastrophe", sagte er dem "Handelsblatt". Es müsse klar sein, dass die Bundeswehr nur in äußersten Notlagen unterstützen könne.

Mögliche Neuauflage einer rot-grünen Reform

Nach dem Platzen der Ampel-Koalition hatte die damalige rot-grüne Minderheitsregierung bereits eine Gesetzesverschärfung auf den Weg gebracht. Vorgesehen war damals, dass die Bundeswehr bei einem drohenden besonders schweren Unglücksfall die Befugnis erhalten solle, illegal fliegende Drohnen abzuwehren. Voraussetzung sei, dass die für die Gefahrenabwehr grundsätzlich zuständigen Polizeien der Länder technisch dazu nicht in der Lage seien und entsprechende Unterstützung anforderten.

Das Luftsicherheitsgesetz erlaubt der Bundeswehr bisher nur, vergleichsweise milde Mittel einzusetzen. So dürfen die Streitkräfte im Luftraum Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben.

Ein Abschuss von Drohnen ist grundsätzlich rechtlich auch möglich, wie die Rechtswissenschaftlerin Verena Jackson von der Universität der Bundeswehr in München am Freitag auf Anfrage betonte. Jedoch müsse dies verhältnismäßig sein und berge zudem erhebliche Gefahren - etwa durch herabfallende Trümmerteile oder explosive Ladung und werde deshalb bisher kaum in Betracht gezogen./jr/DP/he