Aktien Frankfurt: Dax nach Zolleinigung zwischen EU und USA nur leicht im Plus

FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt ist die erste Freude über das Zollabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA einer gewissen Ernüchterung gewichen. Die Gewinne schmolzen recht deutlich, denn das Abkommen wird kritisch hinterfragt.
Der Leitindex DAX war im frühen Handel noch um fast ein Prozent in die Höhe geklettert und hatte so Kurs auf sein vor fast drei Wochen erreichtes Rekordhoch bei 24.639 Zählern genommen. Zuletzt stand nur noch ein Plus von 0,3 Prozent auf 24.297 Punkte zu Buche.
Für den MDAX der mittelgroßen Werte ging es um 0,4 Prozent auf 31.607 Punkte nach oben. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann 0,9 Prozent.
Die USA und die EU einigten sich auf einen Basiszoll von 15 Prozent auf die meisten europäischen Einfuhren in die USA. Das gilt auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Die Einigung schaffe zudem einen Rahmen für die zukünftige Senkung der Zölle auf weitere Produkte, hieß es.
In den vergangenen Tagen hatten Marktteilnehmer bereits auf ein Abkommen gehofft, nachdem die Vereinigten Staaten eine Einigung mit Japan erzielt hatten. "Die Spekulation auf ein Handelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union ist aufgegangen", schrieb nun Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets.
Das Szenario ohne Abkommen samt einer Trendwende nach unten sei vermieden worden. Ab sofort kann sich der Dax laut Stanzl wieder mit weniger Gegenwind an die Stärke der Wall Street heften.
Unter dem Strich aber fühle sich der Deal wie eine Niederlage an: "Es ist lediglich das Beste, was man haben konnte. Mehr ging nicht", resümierte der CMC-Experte. Von Gemeinschaftlichkeit im transatlantischen Handel keine Spur. Das Zollabkommen trage die Handschrift von Trumps "America First".
Aus Branchensicht fiel die Reaktion auf die Zolleinigung unterschiedlich aus. Bei Anlegern von Automobilaktien etwa verflog die erste Euphorie schnell. Volkswagen (Volkswagen (VW) vz), BMW und Mercedes-Benz (Mercedes-Benz Group (ex Daimler)) rutschten ins Minus. "Die erkaufte Deeskalation im Handelskonflikt zwischen Europa und den USA lastet stark auf den Aktien der deutschen Autowerte", schrieb Marktexperte Andreas Lipkow. Insbesondere die starke Einseitigkeit des Deals lasse den Charakter der getroffenen Vereinbarungen in einem anderen Licht erscheinen.
Bei Pharmaaktien hingegen fiel die Reaktion auf den Zolldeal positiver aus. Dieser habe die letzten Sorgen über die Belastungen durch Zölle beseitigt, kommentierte Experte Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan in einer Einschätzung zum deutschen Labor- und Pharmaausrüster Sartorius (Sartorius vz). Dessen Vorzugsaktien gewannen 2 Prozent, wobei sie auch von einem positiven Analystenkommentar von Bernstein Research profitierten. Anleger könnten bei Sartorius auf beschleunigte Investitionsausgaben in der Pharmabranche und Margenwachstum setzen, schrieb Expertin Delphine Le Louet Die Titel von Merck KGaA (Merck) legten um 1,6 Prozent zu.
Auch für die Chipbranche zogen Anleger positive Schlüsse. So stiegen Infineon an der Dax-Spitze um 2,4 Prozent. Für Aixtron (AIXTRON SE) ging es um 2,6 Prozent nach oben, Suss Microtec (SUSS MicroTec SE (ex SÜSS MicroTec)) gewannen 6,6 Prozent.
Die Anteilsscheine von ProSiebenSat.1 (ProSiebenSat1 Media SE) zogen an der Spitze des Nebenwerteindex SDAX um 10,5 Prozent an. Der italienische Berlusconi-Konzern MediaForEurope (MFE-MEDIAFOREUROPE) erhöht sein Gebot für den deutschen Medienkonzern.
Die Papiere von Nordex stiegen im MDax um 1,4 Prozent. Der Windanlagenhersteller hatte seine Profitabilität im zweiten Quartal deutlich verbessert./la/jha/
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
Bildquellen: Julian Mezger für Finanzen Verlag