An der Nase herumgeführt

Symrise & Co: Der Duft des großen Geldes

25.04.14 03:00 Uhr

Mit Wohlgerüchen lockt der Einzelhandel Kunden zum Kauf. Sogar Banken setzen inzwischen auf olfaktorische Reize. ­Aromenhersteller wie Symrise investieren Milliarden in die Expansion.

von Sonja Funke, Euro am Sonntag

Wenn der Geruch spritziger Orangen oder ein zarter Rosenhauch die Zahlung per Kreditkarte umweht, bekommt der olle Spruch "Geld stinkt nicht" eine ganz neue Bedeutung. Kreditinstitute setzen neuerdings auf Duftstoffe, um ihre Marke zu prägen und Kunden zu binden. Dabei geht es weniger um parfümierte Zahlungsmittel als um die Beduftung von Filialen mit eigens kreierten Parfums. "Inzwischen kommen immer mehr Banken auf uns zu", sagt Duftentwickler Robert Müller-Grünow, der gerade erst eine Kreation für ein großes Geldhaus entwickelt hat. Auch die Schweizer Credit Suisse zählt zu seinen Kunden.

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In Supermärkten und im Einzelhandel ist der Einsatz von Geruchsreizen bereits an der Tagesordnung. "Duftmarketing wird in Geschäften seit einigen Jahren immer häufiger eingesetzt", sagt Handelsexperte Olaf Roik vom Handelsverband Deutschland (HDE). Die Wohlgerüche sollen eine angenehme Atmosphäre schaffen, in der sich die Kunden wohlfühlen. Wem es im Laden gefällt, der bleibt länger. Und kauft letztlich auch mehr.

Die Geruchsmasche zieht nicht nur im Einzelhandel. Mittlerweile setzen immer mehr Automarken, Hotels und Fluggesellschaften, Arzt­praxen und sogar Parkhäuser auf Duft als Erfolgsfaktor. Analysten schätzen den Umsatz der Aromenhersteller mit als Marketinginstrument eingesetzten Düften auf hohe zweistellige bis niedrige dreistellige Millionenbeträge im Jahr. Nicht berücksichtigt sind dabei der weitaus größere Markt für Düfte von Anis bis Zitrone in Parfums und Körperpflegemitteln sowie Aromen für die Nahrungsmittelbranche - hier kommen Milliardenumsätze zusammen.

Symrise geht aufs Ganze
Vom geruchsintensiven Wettbewerb profitieren die Duft- und Aromenproduzenten. Die lassen sich ihre Wettbewerbsfähigkeit inzwischen ebenfalls Milliarden kosten. Die im MDAX notierte Symrise AG rüstet sich gerade mit einem milliardenschweren Zukauf für die Zukunft. 1,3 Milliarden Euro zahlt das Holzmindener Unternehmen für die Übernahme der französischen Diana-Gruppe. Der Deal gilt bei Analysten zwar als teuer, dennoch ist das Geschäft für die Niedersachsen attraktiv: Als strategisch sinnvolle Ergänzung der bestehenden Aktivitäten hilft er, der Konkurrenz Marktanteile abzujagen und in Sachen Profitabilität zum größten Rivalen Givaudan aufzuschließen. Noch ist Symrise mit einem Anteil von elf Prozent weltweit die Nummer 4. Mit der Übernahme wird das Unternehmen um einen Platz vor­rücken.

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"Wir erhalten Zugang zu neuen Märkten und Kunden", begründet Konzernchef Heinz-Jürgen Bertram die bislang größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte. Mit Diana steige der Konzern bei Geschmacksstoffen für Zahnpasta und andere Mundpflegeprodukte sowie bei Aromen für Tiernahrung zur weltweiten Nummer 1 auf.

Auch beim Weltmarktführer Givaudan stehen die Zeichen auf Wachstum: Der Umsatz stieg in den ersten drei Monaten dieses Jahres um knapp sechs Prozent. Und auch künftig wollen die Schweizer schneller wachsen als der Markt, der jährlich um zwei bis drei Prozent zulegt. Givaudan will weiter Marktanteile gewinnen und international expandieren. In China vereinbarte das Unternehmen kürzlich ein Joint Venture mit einem Hersteller von Aromachemikalien.

Der Anteil des Umsatzes in Schwellenländern wächst. In Afrika etwa werde der Konzerns in den nächsten zehn Jahren wegen des starken Bevölkerungswachstums seinen Umsatzanteil von aktuell zehn auf 30 Prozent steigern, sagt UBS-Analyst Joe Dewhurst.

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Ob in China, Afrika oder Europa - Gerüche wirken auf Menschen überall schneller als jeder andere Sinnesreiz. Ohne rationalen Filter wandern die Impulse blitzschnell von der Nase ins Gehirn und wecken im limbischen System Emotionen und Erinnerungen. Beim Duft von Vanille fühlen wir uns sofort wohl, sind glücklich und zufrieden. Der Geruch weckt Kindheitserinnerungen und die Lust, sich etwas Schönes zu gönnen. Ideal, wenn dieses ­direkt vor den Augen feilgeboten wird. "Tendenziell begünstigt ein Duft die Auswahl eines bestimmten Produkts", stellt Duftwirkungsforscher Patrick Hehn von der Universität Göttingen fest.

Geruch macht Marke
Experimente haben demnach allerdings auch gezeigt, dass das Spiel mit dem Duft durchaus seine Tücken hat: So ging der Absatz an einem mit Schokoladengeruch präparierten Süßwarenregal zurück. Das Odeur hatte die Kunden verschreckt, statt sie zu locken. "Schokogeruch im Supermarkt war ihnen neu. Womöglich dachten sie, die Tafeln Schokolade seien undicht verpackt oder schon angebrochen", erklärt Hehn. Die Möglichkeiten der Manipulation seien nicht unbegrenzt. "Konsumenten lassen sich nicht beliebig an der Nase herumführen."

Für Entwickler Müller-Grünow, der mit seinem Unternehmen Scent­communications Düfte und Technologien für deren gezielten Einsatz entwickelt, sind olfaktorische Reize ein "Gestaltungsmittel wie jedes andere auch", das zum gesamten Markenkonzept eines Unternehmens passen müsse. "Es gibt überhaupt keinen neutralen Geruch. Duft ist immer da, und für Unternehmen mit einer starken Marke ist es wichtig, diesen so zu gestalten, dass er den Wiedererkennungswert der Marke steigert."

Die Ideen von Marketingexperten für die Einsatzgebiete des Unterneh­mensdufts scheinen schier unerschöpflich: Nicht nur in Geschäfts- und Empfangsräumen, in Prospekten und auf Visitenkarten kann die Chemie eingesetzt werden, auch Duftkino, Duft-TV und sogar duftendes Internet sind längst ein Thema. Der koreanische Elektronikkonzern Samsung etwa hat sich bereits einen Duft kreieren lassen. Der riecht "sehr männlich, zitronig frisch, nach Ozon, Metall und Kunststoff", beschreibt Müller-Grünow. Mög­licherweise riecht ein Samsung Smartphone also eines Tages anders als die Konkurrenzprodukte.

Besonders offensiv setzt die Mode­kette Abercrombie & Fitch ihre Duftmarken: Sie bläst den süßlichen Geruch des Parfüms "Fierce" (zu Deutsch: wild) so extrem durch ihre Lüftungsanlagen, dass die Läden schon von Weitem zu riechen sind. Der Duft legt sich auch auf die Kleidung, was Experten zufolge die Bindung an die Marke verstärkt. Für einige übertreibt es das Unternehmen jedoch: In New York, Hamburg und München protestierten Anwohner und Passanten bereits gegen die Luftverschmutzung.

So riecht die Volksbank
Die Kreditbranche steht mit dem Einsatz chemischer Lockstoffe eher noch am Anfang. Bislang kommu­niziert nur die kleine Volksbank Hamm hierzulande öffentlich den Einsatz eines eigens kreierten Dufts in einer ihrer Filialen. "Hier riecht es energisch", sagt Vorstand Klaus Kalefeld. "Es riecht sehr frisch. Aber nicht aufdringlich." Das Konzept ­basiere darauf, dass der Duft immer knapp unter der Wahrnehmungsschwelle bleibe.

Dass der Einsatz von Duftstoffen beim Kauf eines Pullovers anders zu bewerten sein könnte als beim Abschluss eines Darlehens, mag auf der Hand liegen. Problematisch ist er für Anlegerschützer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) nicht: "Bei Bankgeschäften sollte natürlich die Rationalität im Vordergrund stehen, und insofern sollten Banken beim Einsatz solcher Werbemittel Vorsicht walten lassen", sagte DSW-Sprecher Jürgen Kurz. Solange der Einsatz von Düften nicht das Ziel habe, die Entscheidungsfähigkeit zu beeinflussen, sei der Einsatz von Aromen auch in Bankfilialen legitim. "Wenn Bankkunden durch Düfte allerdings in ihrer rationalen Entscheidungskompetenz beeinflusst werden sollen, wäre das ein echtes Problem. Dann würde ich sagen: Das geht gar nicht."

So weit kommt es mit den Kreditkarten, mit denen die Commerzbank bereits auf duftende Markenwahrnehmung setzt, sicher nicht. Das Institut bietet Visa und Mastercard auch mit Duft an. Reibt der Kunde an der Karte, verströmt diese je nach Wunsch den Geruch von Orange, Kirsche, Rose oder Zimt. Verbraucherschützer weisen angesichts duftender Kreditkarten zwar auf die Gefahr allergieauslösender Stoffe hin, haben sonst aber keine Bedenken.

Tatsächlich im Sinn des Verbrauchers wäre womöglich ohnehin nur eine Kreditkarte, die einen sehr strengen Duft verbreitet, sobald der Besitzer sie zückt - damit er sie häufiger stecken lässt.

Investor-Info

Symrise
Erst mal sachte
Anfang März waren die Aktien noch auf ein Rekordhoch geklettert. Der milliardenschwere Zukauf des französischen Duftherstellers Diana hat den Kurs des MDAX-Werts aber wieder gedrückt. Der Grund: Die Übernahme war teurer als vielfach erwartet. Die Verschuldung der Niedersachsen steigt zunächst auf das Dreifache. Allerdings ergänzt das Geschäft von Diana Group die Aktivitäten von Symrise gut, bei Tiernahrung waren die Deutschen bislang noch gar nicht im Geschäft. Der Bereich gilt als besonders margenstark. Bis 2020 peilt Symrise ein Umsatzwachstum von fünf bis sieben Prozent pro Jahr an. Euro am Sonntag rät Anlegern, mit dem Kauf der Aktie einstweilen abzuwarten. 

Givaudan
Ziemlich dufte
Der weltgrößte Duft- und Aromenhersteller ist weiter auf Wachstumskurs. Die Schweizer haben eine solide Bilanz, der freie Cashflow sprudelt üppig. Deshalb kommen die Aktionäre auch für 2013 in den Genuss einer deutlich höheren Ausschüttung: Diese steigt um satte 31 Prozent auf 47 Franken pro Aktie. Auch künftig will Givaudan mehr als 60 Prozent des freien Cashflows an die Aktionäre ausschütten. ­Angesichts eines geschätzten Gewinnplus von rund 20 Prozent ist der Weltmarktführer mit attraktiver Dividendenrendite moderat bewertet. Einsteigen.

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