APA ots news: Allianz Gesundheitsbarometer 2025
Gute Versorgung, ungleiche Chancen - Gender Health Gap als
Baustelle im Gesundheitssystem
Wien (APA-ots) - -
Die Mehrheit der Österreicher:innen bewertet die heimische
Gesundheitsversorgung positiv, doch Frauen vergeben deutlich seltener
als Männer Bestnoten (64 % vs. 73 %).
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71 % berichten von unzufriedenstellenden Erfahrungen mit
Ärzt:innen - etwa durch Verharmlosung ihrer Beschwerden oder
mangelndes Einfühlungsvermögen.
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Der Begriff Gender Health Gap ist wenig bekannt. Das
dahinterstehende Problem löst jedoch bei rund der Hälfte der
Österreicher:innen deutliche Besorgnis aus.
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Lange Wartezeiten und zu wenig Zeit beim Arztbesuch sind zentrale
Kritikpunkte - jede:r Zweite sieht hier Verbesserungsbedarf.
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Klarer Handlungsauftrag: 71 % wünschen sich eine
geschlechtersensible Versorgung - durch Forschung, Aufklärung und
bessere Ausbildung von Gesundheitspersonal.
Die heimische Gesundheitsversorgung zählt zu den besten der Welt
- und auch die Österreicher:innen stellen ihr ein gutes Zeugnis aus.
Doch ein genauerer Blick auf die Ergebnisse des aktuellen Allianz
Gesundheitsbarometers, durchgeführt von Marketagent, offenbart
Schwächen: Lange Wartezeiten auf Termine und zu wenig Zeit im
Arzttermin werden bemängelt. Außerdem erleben Frauen die medizinische
Versorgung deutlich kritischer als Männer und äußern hier mehr
Unzufriedenheit. Unsensibles Verhalten und die Verharmlosung von
Beschwerden sind für sie bekannte Themen. So zeigt sich auch mehr als
die Hälfte der befragten Frauen stark besorgt über den sogenannten
Gender Health Gap - die Geschlechterungleichheit in medizinischer
Forschung, Diagnostik und Behandlung.
"Das Allianz Gesundheitsbarometer macht deutlich: Frauen in
Österreich erleben tagtäglich, dass ihre Beschwerden nicht
ausreichend ernst genommen werden oder geschlechtsspezifische
Unterschiede in der medizinischen Versorgung zu wenig berücksichtigt
werden", betont Jovana Novi, COO der Allianz Österreich. "Wenn
Frauen nicht ernst genommen und dadurch Risiken übersehen werden, ist
das nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein gesellschaftliches
Problem. Mit unserer Studie möchten wir hier Aufmerksamkeit und
Bewusstsein schaffen."
Zwtl.: Gender Health Gap: Kaum bekannt, aber Grund zur Sorge
Doch was mittlerweile wissenschaftlich belegt ist, ist für die
Mehrheit der Österreicher:innen noch immer Neuland: der Gender Health
Gap und die Gendermedizin. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung
haben von diesen Begriffen noch nie gehört. Frauen und Jüngere sind
etwas besser informiert: 28 % der Frauen (vs. 17 % der Männer) und 34
% der 14- bis 19-Jährigen sowie 29 % der 20- bis 29-Jährigen wissen,
worum es dabei geht.
Entsprechend groß ist das Erstaunen über konkrete
geschlechtsspezifische Unterschiede in der Medizin: Am meisten
überraschen die verzögerte Schmerzmittelvergabe bei Frauen (64 %) und
die männlich dominierte medizinische Forschung (58 %). Auch
Unterschiede bei der Diagnose von Depressionen und Herzinfarkten
sorgen bei jeweils rund der Hälfte der Befragten für Verwunderung.
Daher ist auch die Verunsicherung bei den Menschen groß: Fast die
Hälfte der Bevölkerung (48 %) zeigt sich stark beunruhigt über den
Gender Health Gap. Besonders ausgeprägt ist die Besorgnis bei Frauen
(57 % vs. 39 % der Männer) sowie bei jungen Menschen: 58 % der 14-
bis 19-Jährigen, 54 % der 20- bis 29-Jährigen und 50 % der 30- bis 39
-Jährigen äußern große Besorgnis.
"Medizinische Studien waren lange Zeit vor allem auf männliche
Probanden ausgerichtet und sie wurden als Maßstab für die Behandlung
aller herangezogen. Vielen ist nicht bewusst, dass diese
Einseitigkeit bis heute nachwirkt. Dabei unterscheiden sich Männer
und Frauen in Symptomen, Krankheitsverläufen und Therapieansprechen -
und das wird in der medizinischen Praxis noch immer zu wenig
berücksichtigt", erklärt Alexandra Kautzky-Willer, Professorin für
Gendermedizin an der MedUni Wien. "Die Folge sind Fehldiagnosen,
unzureichende Therapien und ein struktureller Gender Health Gap.
Gendermedizin ist deshalb kein Spezialthema, sondern Voraussetzung
für eine gerechtere und bessere Versorgung aller Menschen."
Zwtl.: Hohe Qualität der Gesundheitsversorgung, aber Frauen deutlich
kritischer
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Die Österreicher:innen fühlen
sich gesund. 6 von 10 Personen schätzen ihren eigenen
Gesundheitszustand als ausgezeichnet bis gut ein. Zudem haben sie
großes Vertrauen in ihre behandelnden Ärzt:innen (77 %), in
Ärzt:innen allgemein (66 %) sowie in die medizinische Forschung (65 %
).
Auch die Qualität der heimischen Gesundheitsversorgung wird vom
Großteil (68 %) der Österreicher:innen positiv bewertet. Aber: Frauen
teilen diese Einschätzung deutlich seltener als Männer. Während 73 %
der männlichen Studienteilnehmer hier Bestnoten vergeben, sind es nur
64 % der weiblichen. Auch bei den Altersgruppen zeigen sich
Differenzen: Die 14- bis 19-Jährigen (78 %) sind am meisten von der
Qualität der medizinischen Versorgung überzeugt, die 60- bis 69-
Jährigen (62 %) am wenigsten. Am besten beurteilen die Menschen die
fachliche Kompetenz der Ärzt:innen (77 %), gefolgt von der
Verständlichkeit ärztlicher Erklärungen (59 %). Etwas abgeschlagen
liegt die soziale Kompetenz (54 %). Auch hier wird deutlich, dass
gerade Frauen das Einfühlungsvermögen von Ärzt:innen als weniger gut
empfinden als Männer (47 % vs. 61 %).
Alexandra Kautzky-Willer dazu: "Frauen sehen die
Gesundheitsversorgung kritischer - und das überrascht kaum. Ihre
Benachteiligung hat systemische Ursachen. Bis heute sind Frauen in
klinischen Studien unterrepräsentiert. Die daraus resultierenden
Datenlücken führen zu späteren Diagnosen und weniger wirksamen
Behandlungen - mit spürbaren Folgen für Gesundheit und Vertrauen."
Zwtl.: Unsensibles Verhalten und Verharmlosung: Viele Frauen fühlen
sich nicht ernst genommen
7 von 10 Frauen (71 %) waren schon einmal mit einer Behandlung
unzufrieden bzw. haben sich über eine:n Ärzt:in geärgert, bei den
Männern etwas mehr als jeder zweite (55 %). Häufig kritisieren
Patientinnen unsensibles Verhalten (52 % vs. 40 % bei Männern) und
die Verharmlosung ihrer Beschwerden (47 % vs. 40 % bei Männern). Fast
jede sechste Frau (16 %) hatte schon einmal den Eindruck, dass ihr
Geschlecht negativen Einfluss auf die medizinische Behandlung hatte (
Männer: 10 %). Besonders die jüngere Generation hat hier schlechte
Erfahrungen gemacht: So können 27 % der 14- bis 19-Jährigen und 24 %
der 20- bis 29-Jährigen davon berichten (60- bis 69-Jährige: 5 %; 70-
bis 75-Jährige: 8 %).
Kautzky-Willer erklärt: "Die Studienergebnisse zeigen deutlich:
Viele Patientinnen erleben die Ungleichbehandlung durch den Gender
Health Gap ganz konkret - etwa in Form von Verharmlosung, fehlender
Empathie oder verspäteter Diagnose."
Zwtl.: Lange Wartezeiten und fehlende Zeit im Kassensystem stärken
private Gesundheitsleistungen
Einer der größten Kritikpunkte an der österreichischen
Gesundheitsversorgung betrifft den Faktor Zeit: Rund die Hälfte der
Menschen (51 %) bemängelt lange Wartezeiten auf Termine, ein Viertel
(25 %), dass sich Ärzt:innen zu wenig Zeit für ihre Patient:innen
nehmen. Das spiegelt sich auch in der großen Nachfrage nach privaten
Gesundheitsleistungen wider: 63 % der Österreicher:innen konsultieren
mittlerweile Wahlärzt:innen (Frauen: 67 % vs. Männer: 59 %) -
hauptsächlich aus oben genannten Gründen.
"Gesundheit ist unser kostbarstes Gut - es ist daher mehr als
verständlich, dass den Menschen rasche Termine, eine gründliche
Untersuchung und ein echtes Eingehen auf individuelle Bedürfnisse
wichtig sind. Wahlärzt:innen können hier mehr Flexibilität und Zeit
bieten und sind eine sinnvolle Ergänzung zur Kassenmedizin", so
Jovana Novi.
Zwtl.: Gesellschaftlicher Handlungsauftrag: Mehr
Geschlechtersensibilität gefordert
Rund zwei Drittel der Österreicher:innen (71 %) halten es für
wichtig, dass die Gesundheitsversorgung stärker auf das Geschlecht
abgestimmt ist - Frauen mit 74 %, Männer mit 68 %. Als wichtigste
Maßnahmen nennen die Befragten die gleichberechtigte Berücksichtigung
von Frauen und Männern in medizinischen Studien (59 %), die
Sensibilisierung von Ärzt:innen (50 %) sowie mehr
geschlechtsspezifische Forschung in der Medizin (50 %).
"Die Ergebnisse des Allianz Gesundheitsbarometers zeigen
deutlich, wo Handlungsbedarf besteht. Als großes
Versicherungsunternehmen möchten wir uns dafür einsetzen, dass
geschlechtsspezifische Unterschiede in der medizinischen Versorgung
mehr Beachtung finden - und entwickeln unsere Angebote laufend
weiter, um der Vielfalt individueller Lebensrealitäten gerecht zu
werden", betont Novi.
Über die Studie
Das Allianz Gesundheitsbarometer 2025 wurde von Marketagent mittels
Computer Assisted Web Interviews (CAWI) im Zeitraum vom 10. bis 17.
März 2025 durchgeführt und ist mit einer Stichprobengröße von 1.000
Personen repräsentativ für die österreichische Bevölkerung im Alter
von 14 bis 75 Jahren, quotiert nach Alter, Geschlecht, Region und
Ausbildung. Die Umfrage umfasste insgesamt 31 Fragen, die
verschiedene Aspekte der medizinischen Versorgung, persönliche
Erfahrungen und Einstellungen zur Gendermedizin abdeckten. Alle
Ergebnisse wurden gerundet.
Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at
Rückfragehinweis:
Dr. Thomas Gimesi
Pressesprecher / Allianz Österreich
Telefon: +43 676 878222914
E-Mail: presse@allianz.at
Website: https://www.allianz.at/
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/396/aom
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