Sell in May and come back in…?

Der Markt wartet auf den heiß ersehnten Einstiegsruf, aber wann kommt dieser?
Die gute alte Börsenweisheit „Sell in May and go away“ hat sich zumindest in diesem Jahr (mal wieder) bewahrheitet. Viele Anleger haben sich (mit Gewinnen) aus dem Markt verabschiedet. Nun heißt es warten. Man sagt zwar immer, dass man nie den perfekten Einstiegszeitpunkt findet, aber dennoch sollte man ja nicht von vornherein aufgeben.
Insofern muss man sich das Umfeld ganz genau betrachten. Marc Faber deutete jüngst ja eine kleine Sommerrally an, aber noch lässt die auf sich warten. Zu unsicher sind die vielerlei Wasserstandsmeldungen der Wirtschaft dies- und jenseits des Atlantiks. Zudem naht die nachrichtenarme Sommerpause mit großen Schritten. Keine angenehme Situation für nicht investiertes Geld…
Abseits der PIGS-Staaten
In der letzten Kolumne hatte ich noch darüber geschrieben, dass man die Probleme der PIGS-Staaten nicht überschätzen sollte. Und bislang habe ich Recht behalten. Um Griechenland ist es merklich ruhiger geworden und auch über die anderen Südstaaten Italien, Spanien und Portugal hört man derzeit kein kritisches Wort. Ganz anderes dagegen im Fall von Ungarn.
Vergangenen Freitag zwang das kleine Volk der Hungaren die Weltfinanzmärkte in die Knie. Budapest wackelt und an der Wall Street kippen die Kurse? Nun ganz so einfach war es nicht. Mal wieder hat eine Regierung offizielle Statistiken gefälscht und ausbaden müssen es Anleger quer über den Globus. Das eilig verabschiedete Sparpaket konnte zumindest kurz beruhigen. Dennoch ist der Ruf Ungarns zunächst einmal ruiniert. Der Traum vom Euro dürfte ebenfalls auf einige Zeit ausgeträumt sein. Nächster Kandidat wird ja erst einmal Estland. Was sagt uns die Krise in Ungarn? Man sollte sich Bankaktien ganz genau ansehen. In vielen Bilanzen ruht bestimmt noch die ein oder andere Zeitbombe. Und es muss ja nicht immer so glimpflich wie im Fall von Ungarn ausgehen…
Deutschland spart
„Deutschland spart“. Das waren die Schlagzeilen rund um das „gigantische“ Sparpaket der Bundesregierung. Ich gebe zu, dass sich 80 Mrd. Euro auch schon gut anhören. Aber schaut man auf den Zeitraum auf den das Programm angelegt ist, schrumpft es schon beängstigend schnell zusammen. So werden nicht einmal läppische 10 Prozent des Haushaltsvolumens pro Jahr eingespart – dabei sind für jeden Unternehmer 10 Prozent eine Kleinigkeit. Ein bisschen mehr Mut, vielleicht gepaart mit einer Gehaltskürzung im politischen Berlin (ich denke da spontan an die Abgeordneten-Bezüge, etc…) von 5 Prozent, wäre ein Zeichen gewesen, dass man es ernst meint. Aber so? Nicht mehr als eine Beruhigungspille.
Mut wird nicht unbedingt belohnt
Während die Politik manchmal etwas mehr Mut vertragen könnte, ist Mut bei Anlageentscheidungen nicht unbedingt der richtige Ratgeber. Man sah es in diesen Tagen mal wieder bei der neuen Indexzusammensetzung von DAX, MDAX und SDAX.
Genauer bei den Börsenneulingen dieses Frühjahrs. Konkret geht es um Kabel Deutschland (rückt in den MDAX auf), Brenntag (rückt ebenfalls in den MDAX auf) und Tom Tailor (rückt in den SDAX auf). Anleger, die die Aktien gezeichnet haben, schauen immer noch auf kaum sichtbare Pluszeichen in ihrem Depot. Brenntag und Tom Tailor notieren um ihren Ausgabepreis, lediglich Kabel Deutschland konnte sich etwas davon emanzipieren. Somit wird wieder einmal deutlich: Ein Börsengang muss nicht gewinnträchtig sein. Gewinne macht man eher abseits davon. Zwar ist die Indexaufnahme sicher nicht schlecht für die Performance-Chancen der Börsenneulinge. Aber in der gleichen Zeit konnte man mit anderen, bereits gelisteten Papieren mehr Freude haben.
Anleger bleib bei deinen Leisten
Ob die Sommerrally nun kommt oder nicht -eigentlich sollte es egal sein. Denn auch ohne einen steigenden Gesamtmarkt kann man mit Einzelwerten gute Gewinne einfahren. Das berühmte Stockpicking ist und bleibt in Zeiten wie diesen der Weisheit letzter Schluss. Und wenn man „seine“ Werte gefunden hat, sollte man auch dabei bleiben. Kurzfristige Ausschläge sollte man in Ruhe aushalten. Exotische Investments abseits des Aktienmarkts sollte man übrigens nach Möglichkeit sein lassen.
Christoph Scherbaum schreibt für dieboersenblogger.de, das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehnterlanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer und natürlich als Börsenfans. In ihrem Blog vertreten sie eine ganz simple Philosophie: Sie schreiben unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus, was sie zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken.