Heftige Zweifel am neuen Hellas-Hilfspaket
Das geplante neue Hilfspaket für Griechenland stößt bei führenden Volkswirten auf große Skepsis. Derzeit prüfen EZB, EU und IWF, ob Griechenland die Voraussetzung für weitere Gelder erfüllt.
von W. Ehrensberger und T. Schmidtutz, Euro am Sonntag
Der Wirtschaftsweise Lars P. Feld sagte, Griechenland werde auch mit einem weiteren Finanzpaket kaum Aussichten haben, „seine öffentlichen Finanzen zu konsolidieren“. Eine Umschuldung schiebe dies nur auf. Für eine erneute Finanzhilfe spreche indes, dass man sich damit Zeit erkaufe, „möglicherweise so viel Zeit, bis die EZB bereit ist, eine kontrollierte Form der Umschuldung mitzutragen“, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag.
Auch der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, sieht die Entwicklung mit Sorge. Voraussetzung für eine Beteiligung Deutschlands an dem Hilfspaket müsse die Hilfszusage des Internationalen Währungsfonds (IWF) sein. Andernfalls werde „das Problem europäisiert und damit noch stärker zum Gegenstand politischen – also außerökonomischen – Kalküls“, warnte Blum.
Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hatten sich Vertreter der Eurozone in der Nacht zum Freitag auf ein neues Hilfsprogramm für Griechenland geeinigt. Es soll bis Mitte 2014 laufen und sieht eine Beteiligung des privaten Sektors vor. Das neue Paket soll das bestehende Programm über 110 Milliarden Euro ablösen sowie zusätzlichen Milliardenfinanzbedarf der Griechen decken. Weitere Details lagen dieser Ausgabe zu Redaktionsschluss noch nicht vor.
Die Zeit drängt. Derzeit prüft die Troika aus EZB, EU und IWF, ob Griechenland die Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Tranche von zwölf Milliarden Euro erfüllt. Erste Ergebnisse dürften am Freitag vorliegen. Informierten Kreisen zufolge soll Griechenland allerdings zahlreiche Versprechen nicht eingehalten haben. Die für Juni vorgesehene Überweisung gilt daher als gefährdet.
Trotz ihrer Skepsis warnten Wirtschaftswissenschaftler jedoch davor, Griechenland pleitegehen zu lassen. Dies könnte eine „unkontrollierte Umschuldung“ Griechenlands nach sich ziehen, die „unvorhersehbare Folgen für das europäische, vielleicht sogar das weltweite Finanzsystem haben kann“, sagte Feld. Auch Blum plädierte für eine Unterstützung Griechenlands und verwies auf das Beispiel Ostdeutschland. Dort würden die „immensen Transfers inzwischen sukzessive abgetragen“.
Die neuen Finanzhilfen müssten allerdings an strenge Auflagen geknüpft werden, hieß es. Im Gegenzug für neue Zusagen sollten EU, EZB und der IWF „sicherstellen, dass Griechenland konkrete Privatisierungszusagen macht und sich zu einem Neuaufbau seiner Verwaltung mit Unterstützung der europäischen Partner verpflichtet“, forderte Feld mit Blick auf „Steuerverwaltung, Katasteramt sowie die Privatisierungs- und Regulierungsbehörden“.
Auch IWH-Präsident Blum plädierte für klare Vorgaben im Hinblick auf den institutionellen Umbau Griechenlands. Dies sei die Voraussetzung für ausländische Investitionen, die Stärkung der Exportkraft und damit die langfristige wirtschaftliche Gesundung Griechenlands. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Meister, sprach sich ebenfalls für neue Auflagen aus: „Ein neues Hilfspaket darf nicht bloß in der volumenmäßigen Ausdehnung des alten Hilfspakets bestehen“, sagte er.
Die griechische Regierung plant Berichten zufolge ein neues Sparpaket. Es soll staatliche Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen von 6,4 Milliarden Euro sowie eine beschleunigte Privatisierung beinhalten. Angesichts der Sparanstrengungen der Regierung ist die Stimmung in Griechenland allerdings seit Monaten angespannt. Erst am Freitag hatten Demonstranten das Finanzministerium in Athen blockiert und zu einem neuen Generalstreik aufgerufen.
Unterdessen wächst innerhalb der schwarz-gelben Regierungskoalition der Widerstand gegen neue Hilfszusagen. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler lehnte ein neues Finanzpaket strikt ab. Er glaube auch nicht, dass sich für ein neues Rettungspaket eine Mehrheit im Bundestag finden lasse, sagte er. Die Abgeordneten merkten, dass das bisherige Rettungspaket „wie ein Brandbeschleuniger in der Krise wirkt“. Zugleich forderte der Finanzexperte das Land zum Rückzug aus der Eurozone auf: Griechenland brauche „eine Umschuldung sowie Hilfe bei einem Austritt aus der Eurozone“.