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Kippt Ägypten den Aufwärtstrend?

04.02.11 15:46 Uhr

Kippt Ägypten den Aufwärtstrend? | finanzen.net

Obwohl unser guter DAX in den jüngsten Handelstagen ein neues Verlaufshoch markierte, hat sich ...

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... an der Verfassung der internationalen Märkte nicht viel geändert. Trotzdem ist es aber sehr aufschlussreich zu beobachten, wie hartnäckig die Bullen den seit Monaten intakten Aufwärtstrend gegen alle Widrigkeiten verteidigen. Nach wie vor gilt das Motto „buy the dips“ und bisher war es verfrüht, sich von den jüngsten Gewinnmitnahmen anstecken zu lassen und Positionen zu verkleinern. Dies ist umso erstaunlicher, da es ja aktuell einige Themen gibt, die das Potential hätten, die Bullen ordentlich aufzumischen. Die Hartnäckigkeit des Trends ist insofern beachtenswert, als der von mir favorisierte „innere Markt“ stark überkauft ist und sich nach meinen Maßstäben aktuell weder in den einzelnen Sektoren noch im breiten Markt attraktive Engagements mit überzeugendem Chance-Risiko-Verhältnis aufdrängen. Nochmals wiederhole ich aber in diesem Zusammenhang, dass meine Strategie lediglich ein Risiko- und kein Timing-Indikator ist. Die Indikatoren deuten nach wie vor auf einen positiven Marktzustand, der zwar ungewöhnlich überkauft, bisher aber noch kein Verkaufssignal gegeben hat. Erst der Übergang von einer X- in eine 0-Spalte beim Hauptindikator NYSE Bullish Percent wäre ein echter Warnschuss, der den Vorteil der Bären zeigen würde. Die Märkte können also noch eine Weile überkauft bleiben, ohne sich wesentlich nach unten in Bewegung zu setzen. Aber auch nach oben sehe ich nur noch geringes Kurspotential bei gleichzeitig überhöhten Rückschlagrisiken. Vielmehr tippe ich darauf, dass sich erst eine große Anzahl euphorischer Trendfolger die Hände verbrennen muss, bis die Märkte wieder zu bereinigt sind. Dafür sprechen auch die optimistischen Ausblicke der Banken, die praktisch unisono eine gute erste und dann eine schwierige zweite Jahreshälfte prognostizieren. Das dies kaum so funktionieren kann, liegt auf der Hand.

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Chance oder Risiko?

Beim Blick durch die Medien erkennt man schnell, dass das dynamische Streben der Massen nach Mitbestimmung in Nordafrika vor allem als Bedrohung für den Westen begriffen wird. Die ersten Preisreaktionen von Öl, Gold und Dollar waren eindeutig. Ich bin mir im Klaren darüber, dass es dort nicht nur um Demokratisierung geht und dass in den betreffenden Ländern kaum demokratische Strukturen bestehen. Ein Vergleich mit Osteuropa führt also in die Irre. Aber muss man deswegen gleich die „islamische Bedrohungskeule“ schwingen? Immerhin leben in der Region Zig-Millionen junge und teils auch gut ausgebildete Menschen, die nach Selbstverwirklichung und Konsum nach westlichem Vorbild träumen. Da nun das Ende von korrupten und totalitären Führungscliquen bevorsteht, wäre dies eher eine Chance für freie und liberale Märkte und nicht in erster Linie eine Bedrohung für unseren Wohlstand im Westen. Diese Überlegungen könnten der Grund sein, warum die Märkte trotz der bedrohlichen Bilder aus der unmittelbaren Nähe des strategisch bedeutenden Suezkanals erstaunlich gelassen reagieren. Allerdings steht die langfristige Entwicklung auf einem ganz anderen Blatt und hängt auch damit zusammen, wie sich die kommende ägyptische Regierung mit Israel arrangieren wird, vor allem natürlich mit dem Friedensprozess. Langfristig sehe ich die Perspektive nicht so rosig, da mir spontan gar keine wirtschaftlich dauerhaft erfolgreichen islamischen Volkswirtschaften einfallen - falls es überhaupt zu einer islamisch geprägten Regierung in Ägypten kommen sollte.

Transportsektor

Bekanntlich ist der Transportsektor nicht nur für die Anhänger der Dow-Theorie von Bedeutung, nach der Hochpunkte im Dow-Jones-Index von Hochs der konjunktursensiblen Transportaktien bestätigt werden müssen. Denn es ist unbestritten, dass der Transportsektor sehr zins- und konjunkturabhängig ist und seine lokalen Hochs zuverlässig bereits vor dem Gipfel der anderen Indizes markiert. Daher sollte man diesen Sektor sehr gut im Blick behalten, wenn man davon ausgeht, dass ein Konjunkturzyklus sich seinem Anfang oder Ende nähert.

Derzeit handelt der aussagekräftige P & F Chart des Transportsektors in einer 0-Spalte. Da aber noch längst kein Verkaufssignal vorliegt, bleiben die Bullen mittelfristig im Vorteil. Nur kurzfristig dominiert bisher das Angebot, was aber natürlich gut beobachtet werden sollte. Bisher macht mir der Transportsektor nicht den Eindruck, als ob der Aktienaufschwung vor einem abrupten Ende steht. Aber trotzdem würde ich die Gefahr einer heftigen Korrektur auch hier nicht unterschätzen.

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Deutsche Aktien aus fremder Perspektive

Da sich viele Leser natürlich sehr für den DAX und die Entwicklung der deutschen Aktien interessieren, will ich heute den heimischen Markt mal wieder beleuchten, aber aus ungewöhnlicher Perspektive. Abgebildet sehen Sie einen in den USA stark gehandelten ETF, der die Entwicklung deutscher Aktien spiegelt. Und diese sieht nach wie vor uneingeschränkt positiv aus – vor allem wenn man die oben angesprochenen Risiken des inneren Marktes wie die Mehrheit der Investoren einfach ausblendet.

Wie Sie an der rechten X-Säule des Chart erkennen, sind am deutschen Aktienmarkt seit dem vergangenen Juni (Ziffer 6) die Bullen unangefochten und objektiv im Vorteil. Damals wurde das Verkaufssignal durch die neue X-Säule gekontert, die den Nachfrageüberschuss signalisiert. Im Oktober bildete sich dann bei 23 endgültig ein sehr deutliches Kaufsignal, als die X-Säule die vorhergehende überstieg. Da die positive Unterstützungsgerade eindeutig intakt ist, darf nach wie vor die Überlegenheit der Käufer am deutschen Aktienmarkt festgestellt werden. Bis auf weiteres empfehle ich daher trotz allem Magengrimmen investiert aber bremsbereit zu bleiben, bis der innere Markt der NYSE ein objektives Verkaufssignal gibt.

Klaus Buhl hat in 18 Jahren als Händler und Analyst gelernt, wie Märkte funktionieren und welche Fehler von Anlegern gemacht werden. Er betreibt die Seite www.libra-invest.de, auf der Sie sich bitte für einen kostenlosen aber informativen Newsletter eintragen, der ihnen einen Einblick in den „inneren Markt“ gibt.

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Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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