OTS: Verband der Chemischen Industrie (VCI) / Jahresbilanz der ...
Jahresbilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie 2025 / Ein
schwieriger Weg
Frankfurt/Main (ots) -
- Produktion und Erzeugerpreise liegen mit 0,5 Prozent leicht im Minus
- Gesamtumsatz geht im Vorjahresvergleich um 1 Prozent zurück
- Beschäftigtenzahlen sinken um 0,5 Prozent
- Anlagenauslastung auf historischem Tiefpunkt
- Ausblick 2026: Kaum Hoffnung auf Besserung
Deutschlands Industrie hat ein kraftraubendes Jahr hinter sich. Auch die Lage
von Chemie- und Pharmaunternehmen hat sich weiter verschärft. "Die Industrie
funkt SOS. 2025 war für unsere Branche erneut sehr schwierig und der Blick nach
vorn wird nicht rosiger", sagt Markus Steilemann.
Der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) fordert angesichts
der schweren Wirtschaftskrise den Schulterschluss im Land und einen konsequenten
Blick nach vorn: "Deutschland hat weiterhin sehr viel Potenzial. Jetzt muss
alles geschehen, damit nicht noch mehr Substanz verloren geht. Die Anstrengungen
der Unternehmen für eine gute Zukunft am Standort Deutschland müssen sich
auszahlen. Dazu braucht es endlich die richtigen, verlässlichen
Rahmenbedingungen. Vor allem weniger Regeln und niedrigere Kosten."
Der Blick auf die Jahreszahlen der chemisch-pharmazeutischen Industrie zeigt die
herausfordernde Lage: Produktion und Erzeugerpreise der Branche liegen im
Vorjahresvergleich leicht im Minus (-0,5 Prozent). Der Umsatz büßt einen
Prozentpunkt ein. In der Chemie geht die Produktion um 2,5 Prozent zurück. Das
Umsatzminus im In- und Ausland liegt bei 3 Prozent.
Die Produktionsanlagen sind nur noch zu 70 Prozent ausgelastet - ein
historischer Tiefpunkt und weit entfernt von Rentabilität. Jedes zweite
Unternehmen hat zu wenig Aufträge. Diese sind seit 2021 im In- und Ausland um
mehr als 20 Prozent eingebrochen.
Pharma weist in diesem Jahr ein Produktionsplus von 3 Prozent und ein Umsatzplus
von mehr als 4 Prozent auf. Doch die aktuelle Geschäftslage hat sich auch hier
deutlich verschlechtert und liegt mittlerweile im negativen Bereich.
Die Krise spiegelt sich in den Beschäftigtenzahlen wider: Ein Minus von 0,5
Prozent bedeutet in diesem Jahr 2.400 Menschen weniger, die in der
chemisch-pharmazeutischen Branche arbeiten. Bereits angekündigte
Anlagenschließungen oder Produktionsverlagerungen werden zu einem weiteren
Stellenabbau führen.
Der VCI erwartet im nächsten Jahr für die chemisch-pharmazeutische Branche
insgesamt eine stagnierende Produktion, für die Chemie einen Rückgang von 1
Prozent. Bei sinkenden Preisen und stagnierendem Output bedeutet das ein
Umsatzminus von rund 2 Prozent - im Inland und im Export.
Das negative Stimmungsbild bestätigt auch eine repräsentative VCI-Umfrage unter
den Mitgliedsunternehmen: 20 Prozent der Befragten planen, ihre Produktion zu
verlagern oder ganz stillzulegen. Jedes zehnte Unternehmen hat vor, komplette
Standorte zu schließen. Mehr als 40 Prozent erwarten erneut sinkende Umsätze im
Inland. Fast jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer weiteren
Verschlechterung der Erträge.
Verantwortlich für die pessimistischen Erwartungen sind die Rahmenbedingungen in
Deutschland: nicht wettbewerbsfähige Produktionskosten, eine hohe regulatorische
Unsicherheit und langsame Genehmigungsverfahren. Zudem kämpft die Branche mit
der Bürokratie, hohen Energiepreisen sowie Emissions- und Rohstoffkosten. Der
teure Euro, chinesische Überkapazitäten, hohe US-Zollmauern und die
geoökonomische Unsicherheit belasten die Geschäfte zusätzlich.
Markus Steilemann fordert mit Blick auf Berlin und Brüssel: "Konfrontation
können wir uns nicht mehr leisten. Wir müssen uns unangenehmen Wahrheiten
stellen und nach vorne blicken. Die Transformation unserer Wirtschaft in eine
wettbewerbsfähige und gute Zukunft wird uns viel abverlangen. Es wird ein
schwieriger Weg, aber wir müssen ihn gehen. Mit den vereinten Kräften von
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft."
Damit Deutschland und Europa wieder zukunftsfähig werden, müssen aus VCI-Sicht
diese sechs Punkte umgesetzt werden:
1. Produktionsstandorte in strategisch wichtigen Sektoren wie Chemie und Pharma
sichern: Damit schafft Deutschland Unabhängigkeit, Resilienz und
Versorgungssicherheit in Europa. Nötig dafür sind niedrigere Kosten, weniger
Hürden, schnellere Entscheidungen.
2. Innovation stärken: Wer wettbewerbsfähig bleiben will, den Klimaschutz ernst
nimmt und die Chancen der Digitalisierung nutzen möchte, muss in Forschung und
Entwicklung investieren. Derzeit fehlt der politische Rahmen, der Innovation
nicht im Keim erstickt.
3. Ausgaben priorisieren: In Zukunft investieren heißt, in Bildung, Forschung,
Infrastruktur, Digitalisierung und Zukunftstechnologien zu investieren. Das ist
die Grundlage einer modernen Industriepolitik.
4. Mutige Reformen: Sie sind nötig für die Energie- und Klimapolitik, das
Behördenwesen und die sozialen Sicherungssysteme. So gelingt die
Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und die Transformation
hin zur Klimaneutralität.
5. Eine glaubwürdige Gesamtstrategie: Deutschland braucht klare Prioritäten und
einen langfristigen Plan. Unser Land benötigt eine Industriepolitik, die
verlässliche Rahmenbedingungen schafft, neue Technologien fördert und
Infrastrukturen modernisiert.
6. Europa neu denken: Die europäische Gemeinschaft kann auf Augenhöhe mit den
USA und China gelangen. Dafür braucht es eine gemeinsame Industriepolitik und
Verteidigung, eine Kapitalmarktunion und einen vollendeten Binnenmarkt.
Fotos von der Pressekonferenz stehen ab 12 Uhr unter diesem Link zur Verfügung:
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Der VCI ist Europas größter Verband für Chemie und Pharma. Mit seinen 23 Fach-
und 7 Landesverbänden repräsentiert er die Interessen von rund 2.300 Unternehmen
- vom Global Player bis zum hoch spezialisierten Mittelständler. Mit 240
Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2024 und mehr als 560.000 Beschäftigten in
Deutschland zählt die Branche zu den stärksten Treibern für Innovation,
Wohlstand und Zukunft. Für eine starke chemisch-pharmazeutische Industrie von
heute und morgen ist der VCI in Deutschland, in Europa und weltweit aktiv.
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